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REVIEW KINO: „Beautiful Wedding“ 

Fortsetzung der Young-Adult-Fanfiction-Verfilmung „Beautiful Disaster“, in der die jungen Liebenden Abby und Maddox sich überraschend das Ja-Wort geben. 

CREDITS:
O-Titel: Beautiful Wedding; Land/Jahr: USA, 2024; Laufzeit: 100 Minuten; Regie: Roger Kumble; Drehbuch: Roger Kumble; Besetzung: Dylan Sprouse, Virginia Gardner, Libe Barer, Austin North, Rob Estes, Steven Bauer; Verleih: Leonine Studios; Start: 9. Mai 2024

REVIEW:
In der Welt der Young Adult Movies bilden Verfilmungen von Harry-Styles-Fanfiction ja mittlerweile so etwas wie ein eigenes Genre. Ungeschlagen an dessen Spitze steht bislang die „After“-Franchise, die auf einer Wattpad-Story des One-Direction-Super-Fans Anna Todd basiert. Als Spezialist für YA-Themen inszenierte Roger Kumble 2020 den zweiten Teil, „After Truth“, bevor er sich im letzten Jahr mit „Beautiful Disaster“ der ersten Adaption der acht Bände umfassenden Buchreihe von Jamie McGuire widmete. Die machte aus ihrem Boygroup-Idol einen Kickboxer und beschwor ansonsten weiterhin die unglaublich gestrige Formel: braves, kluges Mädchen + böser, tätowierter Typ = große Liebe. Kumble, von dem man einen weitaus sarkastischeren („Eiskalte Engel“) und emanzipierteren Ton („Super süß und super sexy“) gewohnt ist, nutzte die Gelegenheit, um das Genre mit einer Art „Fight Club“-Element für Teenager und einer erfreulichen Portion schamloser Selbstironie aufzumischen. Das kam bei der Zielgruppe junger Mädchen nicht ganz so gut an. Aber sei’s drum: Mit der Fortsetzung „Beautiful Wedding“ legt Kumble gleich nochmal nach, und die hat mit der Fanfiction-Vorlage zum Glück so wenig zu tun wie die männliche Hauptfigur mit Harry Styles. 

„Beautiful Wedding“ beginnt in einem Casino-Hotel in Las Vegas, eben dort wo „Beautiful Disaster“ endete und mit einem heftigen Kater. Abby Abernathy (Virginia Gardner), die brave Studentin/Tochter eines Glücksspielers, und Travis Maddox (Dylan Sprouse), der tätowierte, ungehobelte Kickboxer, deren heiße Lovestory im Grunde genommen das Ergebnis einer Wette ist, wachen nach ihrer durchzechten Nacht mit Travis‘ Cousin Shepley (Austin North), Abbys bester Freundin America (Libe Barer) und einigen Erinnerungslücken auf – und mit einer Heiratsurkunde. Da ihnen noch immer der Gangster Benny (Rob Estes) auf den Fersen ist, der es auf Abbys Pokergewinn abgesehen hat, beschließen sie spontan, nach Mexiko zu fliehen, wo die Frischvermählten gleichzeitig die Flitterwochen verbringen wollen. Dank der gewonnenen 138.000 Dollar mietet Abby für alle eine Luxusvilla, und da sie mit 19 Jahren eigentlich andere Pläne hatte als zu heiraten, will sie mit Hilfe einer Pro- und Contra-Liste herausfinden, ob die Ehe hält, was sie verspricht und/oder besser annulliert werden sollte. 

Was dann passiert, lässt sich am besten mit den einleitenden Worten des Erzählers zusammenfassen: Bei Abby und Travis sind aufgrund ihrer brennenden Liebe zueinander die Sicherungen durchgeknallt. Während er mit der Gesamtsituation zufrieden ist, sucht sie nach Gegenargumenten für das Verheiratetsein, wobei diese sich darauf beschränken, dass Travis mit sexy Einheimischen flirtet oder es nicht okay findet, dass auch Abby am Strand ihre Hemmungen, also ihr Bikinitop, fallen lässt. Damit man das alles nicht so ernst nimmt, ploppen mehr oder weniger willkürlich animierte Penisse und andere Cartoons mit passenden Soundeffekten im Bild auf, zumindest in der ersten Hälfte des Films. Für die restlichen Slapstick-Einlagen ist Cousin Shepley zuständig, dessen Verhalten wohl auch für Austin North nicht mehr ganz nachvollziehbar ist. In seiner Sidekick-Rolle anfangs noch redlich um Würde bemüht, ergibt sich North spätestens in dem Moment gänzlich dem Klamauk, in dem er aus unerklärlichen Gründen aus einer Palme fällt.

Apropos Klamauk. Als das Paar feststellt, dass man nach drei Tagen Ehe mal etwas Abstand voneinander braucht (?), hat Travis die Idee, einen nachträglichen Junggesellenabschied zu feiern und dafür den Rest der Familie, die berüchtigten Maddox-Brüder, einfliegen zu lassen. Es folgen in dieser Reihenfolge: ein Chilischoten-Wettessen, ein Hahnenkampf, ein Lucha-Libre-Fight und Schlammcatchen, dazwischen eine Menge „Maddox Specials“ (irgendjemand spuckt irgendjemandem ins Gesicht). Wobei sich die Hauptdarsteller wirklich gut dabei schlagen, und das ist nicht nur wörtlich gemeint. Virginia Gardner und Dylan Sprouse lassen sich den Spaß und ihre knisternde Chemie nicht verderben und retten bei aller Selbstironie am Ende sogar die Romantik. Manchmal hätte man sich auch darüber hinaus etwas mehr Sensibilität gewünscht – Gags über Waterboarding in einer Teenie-Komödie? Hm. Man weiß auch nicht so genau, ob sich der Film über Wokeness lustig macht oder doch nur Stereotypen zeigt. Es ist schon irgendwie charmant, dass sich „Scarface“-Legende Steven Bauer als schwuler Concierge Sancho mit seinem gespielten spanischen Akzent selbst karikiert. Aber eine Mariachi-Band, die ununterbrochen „La Cucaracha“ singt? Hm. Dafür zieht Kumble ordentlich die toxische Männlichkeit, die sich im Fanfiction-Universum immer noch manifestiert, durch den Kakao. Und schon allein deshalb wünscht man „Beautiful Wedding“ einen Riesenerfolg bei der Zielgruppe.

Corinna Götz