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Christopher Bausch übernimmt Mainzer Capitol

Mit der parallelen Schließung von Palatin und Capitol erlebte die Mainzer Programmkinoszene im Oktober 2023 einen schwarzen Tag. Doch die Stadt reagierte: Während ein neues Palatin entstehen soll, mietete sie das Capitol selbst an – und fand nun einen großartigen Betreiber.

Kulturdezernentin Marianne Grosse und Christopher Bausch (Credit: Landeshauptstadt Mainz)

Ende Oktober vergangenen Jahres hieß es in Mainz Abschied nehmen: Von gleich zwei Programmkinoinstitutionen, die parallel ihre Tore schlossen. Im Fall des Palatin geschah das nicht unerwartet, schließlich muss das Gebäude einem Neubau weichen – in den dann auch wieder ein neues Palatin einziehen soll. Im Fall des Capitol aber kam die Entscheidung der ehemaligen Betreiber Jochen Seehuber und Eduard Zeiler überraschend. Ohne zweite Abspielstätte sahen diese keinen Weg, das Capitol kostendeckend zu betreiben, auch mit der Stadt habe man keine Lösung finden können.

Die Lösung, die die Stadt fand: Sie mietete das Capitol selbst an, mit dem Ziel, einen engagierten Betreiber als Untermieter zu gewinnen. Tatsächlich fand man eine ganze Reihe an Interessenten, deren Angebote von einer aus Mitgliedern aller Stadtratsfraktionen sowie überregional tätigen Expertinnen und Experten aus dem Film- und Kino-Bereich bestehenden Jury bewertet wurden. Nach einer ersten Sitzung Ende März waren noch zwei Bewerbungen im Rennen, jetzt fiel die Entscheidung für die von Christopher Bausch vertretenen Arthouse Kinos Frankfurt – und das einstimmig, wie die Stadt Mainz mitteilt.

Der Zuschlag geht damit an einen Betreiber, der sich als Vorstandsmitglied der AG Kino-Gilde für das Wohl der gesamten Arthouse-Branche einsetzt, dessen Häuser sowohl auf Lan des wie auch Bundesebene regelmäßig prämiert werden – und der nicht zuletzt in diesem Jahr auch Gastgeber für die Verleihung der (leider um ganze 200.000 Euro gekürzten) Kinoprogrammpreise der BKM sein wird. Eine Ehre, die bekanntermaßen mit dem Erhalt des Spitzenpreises im Vorjahr einher geht – konkret für das Frankfurter Harmonie, das Bausch 2016 gemeinsam mit dem dortigen Cinema übernommen hatte; 2021 kam in der Main-Metropole noch das Eldorado hinzu. Bauschs „Stammhaus“, das Casino in Aschaffenburg, war wiederum 2009 und 2015 von der Jury des FFF zum besten Kino Bayerns gewählt worden.

Die von der Stadt eingesetzte Jury „Zukunft Kinolandschaft“ (Credit: Landeshauptstadt Mainz)

Es sei vor allem die aus seiner Präsentation ablesbare „persönliche Motivation“ von Bausch als Vertreter des Teams der Arthouse Kinos Frankfurt gewesen, die die Jury in besonderem Maße überzeugt habe. Demnach umfasse seine Vision eine Programmgestaltung, die nicht nur alle Altersgruppen anspreche, sondern auch aktiv in Synergien, Netzwerken und Kooperationen denke und starke Impulse in die Stadtgesellschaft geben wolle. Gleichzeitig plane Bausch, für das Capitol eine eigene Marke zu entwickeln, die den Besonderheiten der lokalen Zielgruppen, Institutionen und Festivals sowie den Bedürfnissen für Kinokultur und Filmkunst in Mainz Rechnung trage, ohne dem Capitol dabei ein bereits fertiges, externes Konzept aufzuzwingen.

„Die vergangenen beiden Jahre haben immer wieder deutlich gemacht, wie wichtig die Programmkinos den Mainzer:innen und allgemein für unsere Stadt sind. Das Fortbestehen des Programmkino-Angebots in Mainz für die Zukunft zu sichern hatte für uns daher eine hohe Priorität. Es war aber, da sind wir ganz ehrlich, ein aufwändiger Prozess, da viele Strukturen und Lösungen erst neu geschaffen werden mussten“, betont Bau- und Kulturdezernentin Marianne Grosse. Die sich nun umso glücklicher darüber zeigt, das Capitol in die Hände eines engagierten Teams geben zu können. „Das ist eine super Nachricht für die Kinolandschaft in Mainz“, so Grosse.

Noch gilt es zwar, die letzten Details für den Interimsbetrieb abzustimmen und konkrete Vertragsgespräche zu führen, das gilt in dieser Konstellation aber im Grunde als Formalie. Details zur Neueröffnung will die Stadt Mainz gemeinsam mit den neuen Betreibern im Rahmen einer noch anzuberaumenden Pressekonferenz veröffentlichen, gegenüber der Lokalpresse nannte Bausch selbst den „Spätsommer“ als Ziel.

Völlig offen ist aktuell noch, wann ein neues „Palatin“ an den Start gehen könnte. Aber auch in diesem Fall ist eine Anmietung durch die Stadt und eine anschließende öffentliche Ausschreibung für den Betrieb vorgesehen, vor allem ist geplant, die beiden Programmkinos wieder zusammenzuführen. Auch wenn der Betrieb des Capitol ausdrücklich als Interimslösung gehandelt wird, könnte Christopher Bausch potenziell in einer starken Position sein, die Arthouse-Kultur in Mainz längerfristig zu prägen.

Marc Mensch