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REVIEW TV: „Trost und Rath – Tanz mit dem Teufel“

Auftakt einer neuen Krimireihe nach Bestsellervorlage, in der Michael Ostrowski und Bea Brocks als unkonventionelles Ermittlerpaar eine Mordreihe in der Grazer Musikszene aufklären müssen.

„Trost und Rath – Tanz mit dem Teufel“ (Credit: Servus TV / Ricardo Gstrein)

CREDITS:
Land / Jahr: Österreich 2024; Laufzeit: 90 Minuten; Produktion: EPO-Film; Regie: Nikolaus Leytner; Drehbuch: Nikolaus Leytner, Anton Maria Aigner; Besetzung: Michael Ostrowski, Bea Brocks, Robert Reinagl, Dominik Warta, Andreas Kiendl, Thomas Mraz, Dominik Maringer, Linde Prelog; Sender: ServusTV (Redaktion: Frank Holderied und Maresa Wendleder); Termin: 28. September 2024

REVIEW:
Rasant fängt er an, der erste „Trost und Rath“-Krimi mit Untertitel „Tanz mit dem Teufel“, den EPO-Film (Jakob Pochlatko, Dieter Pochlatko) für ServusTV produziert hat. Großeinsatz der Grazer Polizei, auf der Murinsel findet eine Geiselnahme bei einem Kindergeburtstag statt. „Wer ist denn dieser Clown?“, fragt der Einsatzleiter, als sich eben ein solcher mit erhobenen Händen nähert. Kommissarin Annette Rath ahnt, dass es nur ihr Kollege Armin Trost sein kann. Er hat sich als Clown in den Kindergeburtstag geschlichen und die Geiselnahme friedlich beendet. Sein Chef sieht das anders: Er habe damit das Leben vieler Kinder in Gefahr gebracht, ob er denn noch ganz bei Trost sei, eine solche unabgesprochene Aktion im Alleingang durchzuziehen? Es folgt: Die Suspendierung. „Ja, ja sicher“, hört man Armin Trost nur murmeln. Er scheint es gewohnt zu sein. Seine Kollegin hält zu ihm. Sie schätzt ihn für seine ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden. Die hohe Aufklärungsquote spricht für sich. Und nicht zuletzt ist sie ganz schön verknallt in ihn. 

Auf alle Fälle sind der Grazer und die Deutsche ein eingespieltes Team. Im Falle seiner Suspendierung haben die beiden ein festes Ritual: Sie gießt liebevoll seine Kakteen, er fährt nicht etwa nachhause zu Frau und Kindern, sondern in sein Baumhaus außerhalb der Stadt, wo er bei Wurst und Proust seinen Geist füttert, sich an seinem Wurst-Proust frönt. Als es in der Steirer Musikszene zu zwei Morden kommt, wird Trost von seiner Kollegin Rath undercover zurückgeholt. Trost schleicht sich – wieder in Disguise, dieses Mal als Journalist, der vorgibt, ein Buch über berühmte Steirer Musiker zu schreiben – im Freundeskreis der Toten ein. Vor allem dem Steirer Schlagerstar Moritz Montblanc (aka Fritzi Weißenberger) schlagen die Mordfälle auf den Magen: Bei den Toten handelte es sich nämlich nicht nur um Musikerkollegen, sondern um ehemalige Freunde, mit denen er früher noch „echte“ Musik gemacht hat, Volksmusik mit „Schwermetall“, und nicht diesen Schlagerschmarrn, den er jetzt singt, der aber die Kassen klingen lässt. Kleine Stückchen verbrannter Taufscheine in den Händen der Toten lassen den Fall abbiegen in Richtung Okkultakte und Teufelsanbetung.

Für Regie und Drehbuch (gemeinsam mit Anton Maria Aigner) des ersten Films nach den Krimi-Bestsellern von Robert Preis zeichnet mit Nikolaus Leytner ein absoluter Krimi-Profi verantwortlich, sowohl „Landkrimi“- als auch „Tatort“-versiert. Mit ihm hat EPO-Film bereits erfolgreich bei der Seethaler-Verfilmung „Der Trafikant“ zusammengearbeitet. Leytner ist wie Preis und die Produzenten Jakob und Dieter Pochlakto gebürtiger Grazer. Mit „Trost und Rath“ erhält der renommierte österreichische Filmemacher nun die Gelegenheit, seine Geburtsstadt in Szene zu setzen. Von Drohnenflügen über die Stadt hin zu Schauplätzen in der Altstadt, im architektonischen Meisterwerk „Needle“ (auch Festivalzentrum der Diagonale im April) oder auch im malerischen Umland, dort, wo es etwas mythischer wird und gottesgläubige und ausländerfeindliche Omas wohnen. 

„Tanz mit dem Teufel“ basiert auf dem sechsten Band der Krimis von Robert Preis („Der Tod tanzt in Graz“), der neben seiner Tätigkeit als Journalist und Schriftsteller auch Gründer des Grazer Fine-Crime-Festivals ist. Es tut auf alle Fälle gut, im Vielerlei des Fernseh-Krimiangebots eine neue Location wie die steirische Hauptstadt zu sehen. Aber an erster Stelle muss das Spiel des Kommissars-Duos Trost und Rath herausgestellt werden: Michael Ostrowski, in der Steiermark aufgewachsen und in Graz studiert und zuletzt mit seinem selbstverfilmten Roman „Der Onkel“ präsent und bekannt auch aus den Passau-Krimis des BR, und Bea Brocks, die Krimierfahrung in Formaten wie dem „Masuren-Krimi“ oder „Tatort“ sammelte, und sich hier wunderbar als Piefke in der Steiermark gegenüber ihren etwas unfähigen Vorgesetzten durchsetzen kann. 

Fast die ganze Handlung über haben Ostrowski/Brocks keine gemeinsame Szene und schaffen es dennoch, zu connecten, im wahrsten Sinne des Wortes: Meist sehen sie sich nur über Facetime, um (heimlich) zu kommunizieren. Dabei sitzt sie auf unterschiedlichsten Toiletten, er bewegt sich undercover auf Ermittlung oder bei Reparaturdiensten im eigenen Haushalt, aufgetragen von seiner Frau, die man kein einziges Mal sieht. Bei aller Ernsthaftigkeit, mit der der Fall vorangetrieben wird, bleibt doch auch ein kleines bisschen Zeit für eine sehr subtile Komik und Liebesfunken. Auf dem betongrauen Wohnblock, in dem Trost wohnt und der so gar nicht zur lieblichen Seite von Graz passt, steht in dicken Lettern: „Der Stoff, aus dem Träume sind.“ „Trost und Rath“ hat auf alle Fälle genügend Stoff, um ServusTV Quotenträume zu erfüllen. 

Barbara Schuster