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REVIEW STREAMING: „Ich bin Dagobert“

RTL+ und Zeitsprung Pictures legen mit „Ich bin Dagobert“ eine Heist-Serie über den von Friedrich Mücke gespielten Kaufhauserpresser vor, die mit den detaillierten Schilderungen der spektakulären Tricksereien und der ambivalenten Hauptfigur punkten kann.

Friedrich Mücke in "Ich bin Dagobert"
Friedrich Mücke in „Ich bin Dagobert“ (Credit: RTL)

CREDITS:

Produktion: Zeitsprung Pictures – Dominik Frankowski, Till Derenbach und Michael Souvignier; Auftraggeber: RTL; Regie: Hannu Salonen; Drehbuch: Ronny Schalk; Cast: Friedrich Mücke, Mišel Matičević, Sonja Gerhardt, Moritz Führmann, Bettina Lambrecht, Doğuhan Kabadayı; Kamera: Felix Cramer; Redaktion: Nico Grein, Hauke Bartel; Start: Vrsl. Herbst 2024    

REVIEW:

Am heutigen 5. Juni feierte die RTL+-Serie „Ich bin Dagobert“ mit der ersten Episode ihre Weltpremiere auf dem Seriencamp Festival in Köln, die mit Friedrich Mücke in der Hauptrolle das Leben des berüchtigten Kaufhauserpressers Arno Funke nacherzählt, der die Republik, aber vor allem die Polizei in den 1980er- und 1990er-Jahren in Atem hielt. Es hätte gerne noch etwas mehr als nur die erste Episode sein können, denn die Zeitsprung-Pictures-Produktion macht vor allem kurzweiligen Spaß.

Weniger durch die etwas zu gesuchten Kult-Popsongs, die durch die tiefe BMG-Library immer etwas zu mainstreamig und klar sind. Und auch nicht unbedingt durch die doch etwas ausgelutschte „Miami Vice“-Schriftästhetik der Episodenkapitel, die den 1980er-Jahren Rechnung trägt. Ebenso lässt sich die Notwendigkeit der Rückblenden-Struktur in die Kindheit des Bombenbauers hinterfragen, obwohl das nur sehr kurze Momente sind.

Es sind die süchtig machenden Heist-Details

Aber was an „Ich bin Dagobert“ wahnsinnig gut funktioniert, ist, dass nahezu jeder etwas mit dem Namen und dem Mythos um den Kaufhauserpresser emotional verbindet, aber die wenigsten noch im Gedächtnis haben, wie er seine Dinger durchzog und die Polizei wieder und wieder narrte. In der Schilderung der süchtig machenden Details über die Tricks und den Wagemut Funkes erinnern die Heists auf eine gute Weise an Filme wie „Ein verrückt genialer Coup“ oder „Inside Man“.

Noch mehr schmeckt, dass Drehbuchautor Ronny Schalk und Regisseur Hannu Salonen, die zusammen schon die starke Serie „Oktoberfest 1900“ umsetzten, mit staunendem Blick und hoher technischer Fertigkeit die Heists in Szene setzen, als würden sie das erste Mal erzählt werden. Mit der schon in der ersten der sechs Episoden angedeuteten Beziehung zwischen Räuber Funke und dem verfolgenden Gendarm der Berliner Polizei (Mišel Matičević) wird klug das Motiv verknüpft, dass sich der Jäger in den Gejagten hineinversetzen muss, um ihn zu schnappen und so auch ein Stück weit Bewunderung und Nähe zum Verbrecher entsteht. Da weht zusätzlich angenehmerweise ein Hauch der „Heat“-Beziehung zwischen Robert De Niro und Al Pacino durch die RTL+-Serie.

Schauspiel-Riese Doğuhan Kabadayi

Ganz fantastisch spielt Doğuhan Kabadayi („Ein nasser Hund“) als junger Polizist Inan Çoban, der als Erstes die Intelligenz des Verbrechers anhand dessen gebauter Bomben entdeckt und durchaus eine gewisse Sympathie für die Taten durchscheinen lässt. Zumal der echte Täter Funke sich in der damaligen Öffentlichkeit wegen ausbleibender menschlicher Opfer seiner Bombenanschläge und dem gleichzeitigen Kampf gegen das kapitalistische System in Form der Warenhäuser bis heute mildernde Umstände bewahrt hat.

Eine weitere Stärke der Serie ist, dass man eben nicht sofort weiß, wie man sich zu dieser ambivalenten Figur verhalten soll. Friedrich Mücke spielt Funke schon in der Hollywood-Version, aber durch Alkohol und Lackdämpfe etwas geerdeter, als sie jetzt zum Beispiel George Clooney anlegen würde.

Michael Müller