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REVIEW KINO: „Trap: No Way Out”

Eigenwilliger High-Concept-Thriller über einen Serienkiller, der beim Besuch eines Popkonzerts feststellt, dass die Polizei ihm eine Falle stellen will.

CREDITS:
O-Titel: Trap; Land / Jahr: USA 2024; Laufzeit: 105 Minuten; Regie & Drehbuch: M. Night Shyamalan; Besetzung: Josh Hartnett, Hayley Mills, Alison Pill, Saleka Shyamalan, Kid Cudi; Verleih: Warner Bros., Start: 1. August 2024

REVIEW: 
Trap. Falle. Fragt sich nur, wer wem eine Falle stellt und warum. Bevor man den Film gesehen hat, ist die Sache klar (und wird so auch im Trailer erklärt, also kein Spoiler): Einem berüchtigten Serienkiller, Branchenname: The Butcher, soll das Handwerk gelegt werden. Die Behörden wissen, dass er ein Konzert des schwer angesagten Popstars Lady Raven besuchen will, voraussichtlich mit seiner Tochter. Deshalb wird die Halle von schwer bewaffneten Sondereinsatzkommandos abgeriegelt, er soll nicht entkommen können, gefangen inmitten von 20.000 Fans. Wenn man den Film gesehen hat, ist die Sache nicht mehr ganz so klar: Könnte es womöglich sein, dass es M. Night Shyamalan selbst ist, der die Falle stellt, mit seinem Film, und dass es sein Publikum ist, dass ihm ins Netz gehen soll? Der Gedanke drängt sich auf, dass der König der High-Concept-Geschichten mit griffiger Prämisse und mit Ausnahme von „Knock at the Cabin“ stets überraschendem Spin am Ende mit voller Absicht versucht, sein Spiel auf die Spitze zu treiben, wie weit die Zuschauer bereit sind, ihm durch ein weitmaschiges Handlungskonstrukt zu folgen, dass stets nur behauptet, aber ganz selten nur überzeugt.

M. Night Shyamalans „Trap: No Way Out“ mit Josh Hartnett (Credit: Warner Bros.)

Allein die Grundidee ist Irrwitz, wenn man sich nur ein oder zwei Minuten Zeit nimmt, sie einmal vor seinem geistigen Auge durchzuspielen. Wie genau soll das funktionieren? Sollte es das Ziel der Polizei nicht sein, einen Mordverdächtigen möglichst zu isolieren, anstatt ihn inmitten einer Masse von 20.000 Menschen festzusetzen, die Mehrzahl von ihnen tobende Fans, einer von ihnen die eigene Tochter. „Trap: No Way Out“ ist ein aufreizendes fortwährendes Spiel mit Unwahrscheinlichkeiten und Unmöglichkeiten. Nichts will hier Sinn machen, alles ist geradezu fahrlässig geplottet. Im Mittelpunkt steht Connor, ein Feuerwehrmann und Arbeiterklassevater, der seiner Tochter Riley zu Liebe das Konzert von Lady Raven besucht. Gespielt von Josh Hartnett, wäre er das pure Salz der Erde, wenn er nicht eine gespaltene Persönlichkeit wäre, die sogar James McAvoy in Shyamalans Comeback-Hit „Split“ Konkurrenz macht. Der Film (wie auch der bereits erwähnte Trailer) machen schon früh kein Hehl daraus, dass Connor der Butcher ist. Es geht also nicht darum herauszufinden, wer der Butcher ist, sondern mit dem Butcher nach Wegen zu suchen, wie er aus einer vermeintlich verzweifelten Situation herauskommt, die Polizei und die Behörden narrt und den Weg aus der vermeintlich todsicheren Falle findet. 

Warum genau man als Zuschauer zu dieser Figur halten soll, einem eiskalten Killer, wird nie geklärt. Dabei ist es essenziell für das Gelingen von „Trap: No Way Out“, dass man mit ihm fiebert, dass man sich als Publikum zum Komplizen macht und darauf hofft, die Polizei könnte an der Nase herumgeführt werden. Aber so hemdsärmelig und leutselig Hartnett seinen Connor auch spielen mag, ein liebender Vater durch und durch, ist er doch auch immer ein Soziopath mit mörderischen Absichten. Das alles wäre verzeihlich, wenn M. Night Shyamalan sich nicht förmlich um den Verstand plotten würde. Jede neue Volte, jeder neuer Spin ist noch ungeheuerlicher als der vorherige, macht diese große Falle, die dem Killer gestellt werden soll, immer noch weniger nachvollziehbar. Einfacher wäre es für Connor, sich in einem der klaffenden Plotlöcher zu verstecken, als ihn die wahnwitzige Nummer durchziehen zu lassen, die sich der Regisseur und Autor für ihn ausgedacht hat.

Vielleicht aber, und dieser Gedanke drängt sich wiederholt auf, ist „Trap“ auch nur die Thrillerkulisse für einen gewaltig großen Promoclip, den Papa Shyamalan seiner Tochter geschenkt hat, Saleka Night Shyamalan, tatsächlich eine aufstrebende Sängerin in ihrer ersten Filmrolle als Superstar Lady Raven, deren Auftritt und Musik dem Film in der ersten Hälfte den kontinuierlichen Rahmen geben und die in der zweiten Hälfte verstärkt in den Mittelpunkt der Handlung rückt. Am schönsten ist die unwirklich anmutende Fotografie von Luca Gaudagninos Hauskameramann Sayombhu Mukdeeprom: Er taucht den Film in eine ebenso märchenhaftes wie modernes Licht, dass man oft nicht genau sagen kann, ob man wacht oder träumt. Man weiß indes nicht, welcher Executive das Drehbuch abgenickt hat oder ob man Shyamalan einfach hat machen lassen in seinem ersten Film im Rahmen seines Anfang 2023 abgeschlossenen Rundumdeals mit Warner Bros. (nach davor fünf Filmen für Universal in Folge). Da muss man zurückdenken an seinen letzten Film für das Studio, „The Lady in the Water“ aus dem Jahr 2006, auch so eine verrätselnde Arbeit voller guter Absichten, die sich am Ende für den Filmemacher als eines erwies: eine Falle. 

Thomas Schultze