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REVIEW KINO: „Something in the Water“

Effektiver Haifisch-Schocker über eine Gruppe von fünf Freundinnen, die auf dem offenen Meer ums Überleben kämpfen muss.

CREDITS: 
Land / Jahr: Großbritannien 2024; Laufzeit: 86 Minuten; Regie: Hayley Easton Street; Drehbuch: Cat Clarke; Besetzung: Hiftu Quasem, Lauren Lyle, Natalie Mitson, Nicole Rieko Setsuko, Ellouise Shakespeare-Hart; Verleih: Studiocanal; Start: 5. September 2024

REVIEW:
Neu erfunden wird das überschaubare Subgenre des Haifisch-Schockers nicht durch „Something in the Water“; ebenso wenig gelingt dem Regiedebüt von Hayley Easton Street, eine überaus erfahrene künstlerische Leiterin, die an Großproduktionen wie „Justice League“ oder „Venom: Let There Be Carnage“ beteiligt war, ein vergleichbares Schockende wie Chris Kentis mit seiner überraschenden Low-Budget-Produktion „Open Water“ von 2003, die besagtes Subgenre begründete und für eine kurze Zeit so etwas wie Tagesgespräch war: Maximale Wirkung mit minimalem Aufwand. Abseits von filmisch doch komplett anders gelagerten Hits wie „Der weiße Hai“, „Deep Blue Sea“ und zuletzt die beiden „Meg“-Filme mit Jason Statham („Meg 2 – Die Tiefe“ war vor ziemlich exakt einem Jahr ein überraschender Ticketmillionär in den deutschen Kinos) wären die weiteren Vergleichstitel doch eher „The Shallows“, ironischerweise mit Blake Lively aus dem aktuellen Toptitel „Nur noch ein einziges Mal“ in der Hauptrolle, der 2016 gut war für 175.000 Besuche in den deutschen Kinos, und „47 Meters Down“, ein Überraschungserfolg in den USA mit 45 Mio. Dollar Boxoffice, in Deutschland allerdings lediglich eine Videopremiere. 

„Something in the Water“ (Credit: ©Carlos Rodríguez/ STUDIOCANAL)

Nun sind die gestalterischen Möglichkeiten im Rahmen der Parameter eingegrenzt. Die Direktive ist klar definiert. Es wird um einen Überlebenskampf gehen, auf offenem Meer oder in der Nähe eines Strandes. Es wird um ein Kräftemessen gehen, ein Duell, einen Zweikampf, Mensch gegen unerbittliche Mordmaschine, ein sich zuspitzendes Spannungsszenario – und zwangsläufig auch ein gerüttelt Maß an Leerlauf: Es gibt nicht so wahnsinnig viel, was man tun kann, wenn man allein im Meer auf sich selbst zurückgeworfen ist. Stets steht die Frage im Raum in einem zwar unwahrscheinlichen, aber durchaus realistischen Szenario: Wie würde man selbst umgehen in einer solchen Situation? Was würde man machen, was würde man denken, was wäre einem wichtig konfrontiert mit dem fast sicher scheinenden Ende? 

„Something in the Water“ ist sich der Limitierungen ebenso wie der Möglichkeiten bewusst und setzt der gähnenden Weite des offenen Meers die Geschichte von fünf Freundinnen entgegen, die sich auf der Dominikanischen Republik treffen, um im Paradies die Hochzeit von Lizzy zu feiern, ganz romantisch und feierlich und unvergesslich in einem Edelressort. Im Mittelpunkt werden Meg (kleiner In-Joke, der einen kurz schmunzeln lässt) und Kayla stehen, gespielt von Hiftu Quasem und Natalie Mitson, die man bereits im Prolog kennenlernt, wo die beiden Liebenden in einer dunklen englischen Gasse mit einer Gang Schlägerinnen konfrontiert und Meg vermöbelt wird, nachdem Kayla die Kontrahentinnen unnötiger Weise provoziert hat. Es hängt also ein Schatten über der Beziehung der beiden, als sie sich nach mehr als einem Jahr wieder begegnen – und nicht ahnen, dass ihre Freundinnen, neben Braut Lizzie, gespielt von Lauren Lyle, noch die ausgeglichene Ruth (Ellouise Shakespeare-Hart) und die patente Cam (Nicole Rieko Setsuko), die Situation für eine Art Intervention nutzen wollen. Das ist der Grund, warum die Fünf am Tag vor der Hochzeit zu einem kleinen Törn in einem klapprigen Motorboot aufbrechen und ein Kilometer entferntes winziges Eiland ansteuern: Mit ein bisschen Druck sollen Meg und Kayla genötigt werden, das Kriegsbeil zu begraben. 

Dort beginnt indes ihr Martyrium: Eine von ihnen (diese Besprechung ist eine SPOLIER-FREIE ZONE) wird im flachen Wasser von einem Hai attackiert. Um sie vor dem Verbluten zu retten, versuchen die Freundinnen in ihrem Boot schnellstmöglich zurückzukommen, rammen jedoch ein Korallenriff, das Boot sinkt. Eine von ihnen kann zu allem Überfluss nicht schwimmen. Die Haie nähern sich. Das ist die Situation, aus der „Something in the Water“ seine Spannung bezieht. Dass nicht alle überleben werden, ist gesetzt. Wer es ist und wie es ihr / ihnen gelingt, ist der Kick. Klare Sache. Nicht alles, was Hayley Easton Street und ihre Drehbuchautorin Cat Clarke sich haben einfallen lassen, ist überzeugend. Aber man bleibt dabei, sieht gerne zu bei dem von Julie Baines („Creep“) mit sichtlich überschaubaren finanziellen Mitteln produzierten, aber von allen Beteiligten mit großem Enthusiasmus und Freude daran, einen Haischocker aus einer betont weiblichen Perspektive zu erzählen, umgesetzten Film, dessen Highlight indes der überaus gelungene Trailer ist: Perfekt verkauft und dennoch nicht zu viel versprochen. 

Thomas Schultze