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REVIEW KINO: „Love Lies Bleeding“

Redneck-B-Thriller von „Saint Maud“-Regisseurin Rose Glass mit Kristen Stewart und Anna Baryshnikov als zwei Lovers on the Run.

CREDITS:
O-Titel: Love Lies Bleeding, Land/Jahr: USA 2024, Laufzeit: 104 Minuten, Regie: Rose Glass, Drehbuch: Rose Glass, Weronika Tofilska, Besetzung: Kristen Stewart, Anna Baryshnikov, Dave Franco, Jena Malone, Ed Harris, Verleih: Plaion Pictures, Start: 18. Juli 2024

REVIEW:
Die Britin Rose Glass hat mit ihrem Debütspielfilm, dem Horror-Mystery-Drama „Saint Maud“ (2019) – hierzulande ohne Kinoauswertung; nur im Netz abrufbar – ihr enormes Talent gleich unter Beweis gestellt. Gefeiert und ausgezeichnet auf einschlägigen Festivals, darunter der ALFS Award des London Critics Circle als bester britischer/irischer Film 2021. Auf der diesjährigen Berlinale legte sie als Regisseurin und Co-Autorin (mit Weronika Tofilska) in der Sektion Special Gala mit „Love Lies Bleeding“ wuchtig nach. 

In die USA geht’s. Ins Redneck- und Hillbilly-Hinterland, wo Lou (Kristen Stewart) in einer Kleinstadt das Fitnessstudio ihres Waffenhändlervaters (Ed Harris) leitet. Auf einem der dort aufgehängten Plakate ist – durchaus leitmotivisch zu verstehen – „Only Losers Quit“ zu lesen. Auf dem Schießstand des Papas jobbt Jackie (Katy O’Brian), die nach Las Vegas unterwegs ist, um an einem Bodybuilder-Wettbewerb teilzunehmen. Die Frauen verlieben sich ineinander. Was Gewalt evoziert, Tote zur Folge hat, das FBI auf den Plan ruft.

Ein B-Picture-Stoff im A-Picture-Look, vom angesagten Erfolgsgaranten A24 („Everything Everywhere All at Once“) produziert. Albtraumhaft und träumerisch zugleich. Blutig. Hart. Direkt. Explizit – bis hinein in die Liebesszenen. Gewalt ist die Sprache, die hier gesprochen wird. Harris („Pollock“), Stirnglatze, schmuddeliges, verfilztes Langhaar, 70er-Jahre-Fliegerbrille, stapelt seine Leichen wortwörtlich im Keller, in diesem Fall einer engen Felsenschlucht. Dessen tumber Schwiegersohn JJ (Dave Franco) nimmt es mit ehelicher Treue nicht so genau, verprügelt gerne seine ihm ergebene Gattin (Jena Malone).

Nicht minder hemdsärmelig die Frauen. Bis zu Schulter steckt Lou in einer versifft-verstopften Kloschüssel, wenn man sie, sensationell von Stewart („Spencer“) gespielt, kennenlernt. Anabolika schmeißt Jackie ein, stemmt schnaufend Gewichte, posiert wie einst „Arnie“ Schwarzenegger – „no pain, no gain“. Der Schweiß fließt. Exzessiv. Wie beim Sex. Derweilen schmollt Daisy (Anna Baryshnikov). Lous Ex. Woolworth-Chic, Piepsstimme, naiv-koketter Augenaufschlag, zu viel Make-up. White Trash. Sie sich nicht damit abfinden, aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Wird darüber zur Erpresserin. Großer Fehler…

Sex’n’Drugs, no Rock’n’Roll. Dafür ein schweißtreibender Score von Clint Mansell („Black Swan“). Herausragend fotografiert von Ben Fordesman („End of the F***ing World“). Teuflisch rot leuchtet die „Gym“-Neonreklame, dunkel erdig hält er seine Bilder. Viel Nacht, wenig Tag. Großaufnahmen von Waffen mit starkem Rückschlag, pulsierende Muskeln, angespannte Gesichter. Pickup Trucks, die über staubige Landstraßen donnern. Leichen auf der Ladefläche. Kino, das man körperlich spürt und einen in die Handlung hineinsaugt. Modern und klassisch. Romanze und Roadmovie – mit Girls, die den Boys zeigen, wo der Hammer hängt. Wetten, dass sie es nach Vegas schaffen. Tot oder lebendig.  

Gebhard Hölzl