Login

REVIEW KINO: „Borderlands“

Aufwändige Leinwandadaption einer enorm populären Egoshooter-Reihe, die sich bei den Dialogen etwas zu sehr an der Vorlage orientiert, während sie deren Gewaltgrad zugunsten jugendfreundlichen Geschehens über Bord wirft – und damit etwas zwischen Stühlen sitzt.

Mehr als eine Milliarde Dollar wurde mit der Egoshooter-Reihe „Borderlands“ umgesetzt – die Kinoadaption zählt mit einem geschätzten Budget von 120 Mio. Dollar zu den aufwändigsten Videospieladaptionen überhaupt (Credit: Leonine)

CREDITS:
O-Titel: Borderlands; Land / Jahr: USA 2024; Laufzeit: 102 Minuten; Regie: Eli Roth; Besetzung: Cate Blanchett, Kevin Hart, Jamie Lee Curtis, Edgar Ramírez, Ariana Greenblatt, Florian Munteanu; Verleih: Leonine; Kinostart: 22. August 2024

REVIEW:
Über viele Jahre standen Videospieladaptionen für die große Leinwand im Ruf, sowohl qualitativ als auch kommerziell nicht gerade in der A-Liga der Hollywoodfilme mitzuspielen. Nicht ganz umsonst: Tatsächlich verbrannten sich Studios die Finger schon an der einen oder anderen vermeintlich todsicheren Lizenz – als legendärer Flop gilt etwa „Super Mario Bros.“ aus dem Jahr 1993. Nun, der italienische Klempner hat sich als Kinoheld mit einem Milliardenerfolg aus dem vergangenen Jahr natürlich voll rehabilitiert – und generell weist die Filmgeschichte mittlerweile eine ganze Reihe an größeren und kleineren Erfolgen auf, die auf Videospielen basieren, darunter nicht zuletzt die Filme rund um „Sonic the Hedgehog“. 

Große Lizenzen alleine sind aber alles andere als Erfolgsgaranten – siehe etwa die ambitionierte Serie zum Xbox-Vorzeigeshooter „Halo“, die mit der zweiten Staffel ihr Ende fand und exemplarisch dafür steht, wie Fanerwartungen mit kreativen Entscheidungen kollidieren können.

Auftritt „Boderlands“. Die Loot-Shooter-Reihe zählt zu den meisterverkauften Videospielserien überhaupt, allein die zentralen Teile haben für Umsätze in Höhe von mehr als einer Milliarde Dollar gesorgt. Das Prinzip ist relativ simpel: Immer abgefahrenere Waffen (und Gefährte) wollen gesammelt und aufgerüstet werden, um damit (sowie der einen oder anderen Spezialfähigkeit) ganzen Horden abgefahrener menschlicher und monströser Gegner entgegenzutreten. Der erzählerische Unterbau rund um ein zentrales Mysterium ist dabei aber solider, als man auf den ersten Blick denken könnte – tatsächlich zählen storygetriebene Adventures (und sogar Comics und Romane) zu den populären Spin-Offs der Reihe.

Dennoch fällt natürlich sofort ins Auge, dass die Hauptspiele der Reihe von der USK allesamt ab 18 Jahren freigegeben wurden, der erste Teil erhielt diese Einstufung 2009 sogar nur mit Kürzungen in der deutschen Fassung; die unzensierte Version wurde erst 2018 vom Index genommen. Trotz der Comic-haften Cell-Shading-Optik der Spiele war der Gewaltgrad somit nicht von schlechten Eltern – ergo erscheint Splatter-Experte Eli Roth auch als konsequente Wahl für die Regie.

Allerdings entschied man sich im Verlauf der Produktion (in den USA kam der Film über Lionsgate in die Kinos), eine jugendfreundliche Adaption (sprich: PG-13 statt R-Rating) des bereits 2021 inmitten der Pandemie abgedrehten Films in die Kinos zu bringen, Reshoots im Jahr 2023 übernahm wegen eines Terminkonflikts von Roth Regisseur Tim Miller („Deadpool“).

So viel zur Vorgeschichte. In Deutschland kommt „Borderlands“ nun mit einer (recht sportlich gewählten) FSK 12 in die Kinos – womit das größte Problem der Adaption eines Egoshooters schon benannt ist. Fans der Vorlagen könnte diese Adaption im wahrsten Sinne des Wortes zu blutleer sein, das zeigte sich auch am enttäuschenden Ergebnis in den USA, wo die mit einem geschätzten Budget von 120 Mio. Dollar realisierte Verfilmung nach dem zweiten Wochenende bei knapp 14 Mio. Dollar stand.

Allerdings täte man dem Film unrecht, wenn man ihn allein darauf reduzieren würde. Denn die vorwiegend auf dem apokalyptischen Planeten Pandora angesiedelte Hatz nach der vermeintlichen Tochter (Shooting-Star Ariana Greenblatt) eines übermächtigen Waffenhändlers (Edgar Ramírez), auf die sich Cate Blanchett in der Rolle von Serienheldin Lilith begibt und in deren Verlauf sich ihr eine bunt zusammengewürfelte Truppe rund um Jamie Lee Curtis, Kevin Hart und einen besserwisserischen Roboter (in der deutschen Fassung von Chris Tall gesprochen) anschließt, weist dank des hohen Budgets nicht nur etliche Schauwerte auf, sondern fängt auch den Look des Spiels und seiner Schauplätze hervorragend ein.

Auch die Geschichte, in deren Verlauf sich eine vermeintliche Rettungsaktion zum Wettrennen um eine mysteriöse Vault und die in ihr verborgene Macht entwickelt, besitzt mehr als Alibifunktion und weiß mit der einen oder anderen Wendung durchaus bei der Stange zu halten, zumal der Film vor einfallsreich inszenierten Shootouts auf zwei Beinen (und im ersten Drittel auch vier Rädern) nur so strotzt. Übermäßige Härten stehen in der jugendfreien Kinofassung dabei natürlich nicht auf dem Plan, der Bodycount entspricht allerdings dem, was man von einer Shooter-Adaption erwarten würde. Die Grenzen der FSK 12 kann man – trotz immer wieder augenzwinkernden Geschehens – als ausgereizt betrachten.

Glasklar an der Vorlage orientiert sich zudem der Humor. Dieser wird vor allem über den „Claptrap“ getauften Roboter transportiert, der auch im Spiel ein nie versiegender Quell ironischer Kommentare zum Geschehen ist. Was man als akkurate Umsetzung betrachten kann, überträgt sich auf die Leinwand aber leider nur bedingt, zumal sich auch ein Großteil der Dialoge der menschlichen Protagonisten an den eher platten One-Linern orientiert. Die emotionale Ebene, die sich im Schlussdrittel mit einer zentralen Wendung eröffnet, wirkt so am Ende beinahe ein wenig aufgesetzt und kommt reichlich spät, um dem Betrachter die Protagonisten so richtig ans Herz wachsen zu lassen. Auf der anderen Seite sind da vor allem Blanchett und Curtis, die sich mit sichtlicher Spielfreude in dem für sie eher ungewohnten Genre bewegen und streckenweise den Eindruck eines weiblich geführten „Expendables“ erwecken.

Unter dem Strich ein Film, der, ganz der Vorlage folgend, mit abwechslungsreichen Schauplätzen, aufwändiger Inszenierung und kompetent in Szene gesetzten, rasanten Schusswechseln und Zweikämpfen bei Actionfans im Prinzip zu punkten vermögen sollte, zumal die mit 102 Minuten für heutige Verhältnisse beinahe rasant gewählte Laufzeit nur wenig Raum bietet, um Langeweile aufkommen zu lassen. Ein Film aber auch, der etwas unbequem zwischen den Stühlen sitzt. Der zwar den Geist der Vorlage atmet, für die Kernzielgruppe in kompromissloserer Variante aber vermutlich eher ein Treffer gewesen wäre.