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REVIEW KINO: „2Unbreakable“

Faszinierende Doku über zwei Breakdancer:innen, für die das Tanzen mehr ist als Sport und Athletik.

CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland 2024; Laufzeit: 90 Minuten; Regie, Drehbuch: Maike Conway; Besetzung: Serhat (BBoy Said), Sankofa Crew München, Joanna (BGirl Joanna), The Saxonz Dresden; Verleih: CineGlobal; Start: 20. Juni 2024

REVIEW:
Wie schreibt man eine Filmrezension über einen Dokumentarfilm, in dem es um Breakdance geht, wenn man nur peripheres Wissen über die Breakdance- und Hip-Hop-Szene hat? Man könnte versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen, hinter die Kulissen zu blicken, die Essenz herauszufiltern. Breaken ist zwar eine Tanzform, eine Tanzform, bei der sich Menschen in irrer Geschwindigkeit auf ihren Köpfen drehen, auf ihren Schultern, hin- und herhüpfen, in noch irreren Schrittkombos Saltos schlagen, einen Powermove nach dem nächsten aufs Parkett legen, Toprocks, Footwork und Freezes, und die Körper verbiegen, als hätten sie Knochen aus Gummi. Eine Kindheitserinnerung an die kleinen Drück- und Wackelfiguren erwacht. Gleichzeitig bleibt einem der Mund offen stehen, ob der unbegreifbaren athletischen Leistung. Breaken ist indes mehr als eine Tanzform. Genau das wird in Maike Conways Dokumentarfilm „2Unbreakable“ deutlich. 

„2Unbreakable“ von Maike Conway (Credit: CineGlobal)

Der Zuschauer folgt Joanna, als Tänzerin unter dem Namen „BGirl Joanna“ Teil der The Saxonz Dresden, der Conway 2021 bereits eine Reportage widmete, und Serhat, „BBoy Said“ und Mitglied der Münchner Sankofa Crew, der zur absoluten Topspitze dieser Kunstform in Deutschland gehört. Beide leben für Breaking, das für sie eben nicht einfach Tanz, sondern Synonym ist für Zugehörigkeit, Family, Freunde, Freundschaft, Kultur, Brüder, Community. Conway begleitete die beiden mit ihrem Kamerateam (DoP ist Tobias Tempel) sechs Jahre lang auf ihrem Weg von zahlreichen Battles über die Deutsche Meisterschaft und ihre Auswahl für den deutschen Breaking-Kader – Breaking feiert dieses Jahr in Paris olympische Premiere! – bis zum größten nationalen Breaking-Event, der Red Bull BC One Cypher in Berlin. 

Joanna lebt mit ihrem Freund, der ebenfalls zur Saxonz-Crew gehört, in Dresden. Sie ist gerade mal Anfang 20 und schon Ersatzmutter für die kleine Tochter ihres Freundes, dessen Frau zehn Monate nach der Geburt des Kindes an Krebs gestorben ist. Joanna studiert Psychologie, ist für die kleine Familie da, unterrichtet Breakdance und verfolgt als eine der ganz wenigen Frauen in dieser Sportart ihren Traum, bei Olympia mitmachen zu können. „Breaken ist Hobby“, sagt sie zwar einmal. „Aber Breaken ist auch Lifestyle. Es begleitet einen – immer! Und mit der Tatsache, dass es nun olympische Disziplin wird, hoffe ich, dass man uns Tänzern mehr Respekt entgegenbringt.“ Ebenso groß ist die Leidenschaft bei Serhat, der im Münchner Norden als Sohn uigurischer Eltern geboren und aufgewachsen ist und breakt, seit er sechs Jahre alt ist. 

Frei leben und das machen zu können, was man wirklich liebt, ist für ihn das höchste Gut und, mit Blick auf die Geschichte seines Volkes, das in China als Minderheit verfolgt und in Internierungslager weggesteckt wird, alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Breaken ist für ihn eine Kriegerkunst, die ihn seit seiner Kindheit fasziniert. „Ich fand als Kind am tollsten, Leuten dabei zuzusehen, wie sie krass auf Musik getanzt und Musik mit Tanz gekillt haben.“ Heute killt Serhart mit seinen Moves Musik und kann sich ein Leben ohne Breakdance nicht mehr vorstellen. Es gehe darum, den Moment zu catchen, durchaus alles zu geben, der Beste zu sein – aber immer auch um die Community, die immer da ist, einen über Rückschläge durch langwierige Verletzungen – die nicht ausbleiben – hinweghilft und auch durch Fürze im Matratzenlager nicht kaputtgeht. 

Genau dieser Gemeinschaftsgedanke steht bei Maike Conway, die „2unbreakable“ mit Moviepool (Produzenten: Johanna Teichmann & Martin Choroba) und dem ZDF als Senderpartner realisierte, im Mittelpunkt. Die Leidenschaft für einen Sport, der mehr ist, der Culture ist, und bei dem es vollkommen egal ist, woher man stammt. Bei dem einen auch der Leistungsdruck durch das System Olympia nichts anhaben kann. Hier geht es nicht ums gebrochen werden – sondern ums unbreakable sein. 

Barbara Schuster