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Sony wird wieder Kinobetreiber

Klarer kann man ein Bekenntnis zum Kino wohl kaum abgeben: Sony übernimmt die legendäre US-Kinokette Alamo Drafthouse – und wird damit erstmals seit Anfang der 2000er Jahre wieder zum Kinobetreiber.

Alamo Drafthouse gilt als Leuchtturm der Kinokultur – nicht umsonst lieferte die Kette bei der CinemaVision der AG Kino-Gilde einen der aufregendsten Programmpunkte. (Credit: IMAGO/USA TODAY Network/Jay Janner/American-Statesman)

An dieser Stelle die Historie der sogenannten „Paramount Decrees“ zu rekapitulieren würde wohl zu weit führen. Somit soll der Hinweis reichen, dass es sich um eine kartellrechtliche Regelung handelte, die es Studios erschwerte (aber nicht, wie vielfach falsch dargestellt, unmöglich machte) Kinos zu besitzen und zu betreiben. Diese Regelung fand ihr Ende im Sommer 2020 – doch abseits wilder Spekulationen blieb es zunächst nur bei der Vorstellung, ein Studio könne sich tatsächlich wieder auf breiterer Front als Kinobetreiber engagieren.

Bis heute. Denn wie die Unternehmen heute mitteilten, übernimmt Sony die (für US-Verhältnisse) kleine, aber ausgesprochen feine Kette Alamo Drafthouse von Altamont Capital Partners, Fortress Investment Group und Gründer Tim League. Die Marke Alamo Drafthouse wird beibehalten, künftig werden 35 Kinos in 25 Metropolregionen unter der neu geschaffenen Abteilung Sony Pictures Experiences geführt. Deren Leitung übernimmt der jetzige Alamo-CEO Michael Kustermann, er berichtet künftig an Ravi Ahuja, Präsident und COO von Sony Pictures Entertainment.

„Wir sind mehr als begeistert, uns mit Sony Pictures Entertainment zusammenzuschließen, um unsere Unternehmensvision, das beste verdammte Kino zu sein, das es je gab oder geben wird, auf eine Weise zu erweitern, von der wir nur träumen können“, erklärt Tim League. „Sie haben einen tiefen Respekt und ein tiefes Verständnis für die Fähigkeit des Kinos, sowohl das Wachstum voranzutreiben als auch einen dauerhaften kulturellen Einfluss zu schaffen, was perfekt mit allem übereinstimmt, wofür Alamo Drafthouse steht.“

„Alamo Drafthouse hat das Handwerk des Filmemachens und das Kinoerlebnis schon immer hoch geschätzt, was grundlegende gemeinsame Werte unserer Unternehmen sind. Ich bin begeistert, dass unser Unternehmen diesen Schritt geht“, so Tom Rothman, Vorsitzender und CEO der Sony Pictures Motion Picture Group.

„Wir freuen uns, mit Sony Pictures Entertainment Geschichte zu schreiben und das richtige Zuhause und den richtigen Partner für Alamo Drafthouse Cinema gefunden zu haben“, ergänzt Michael Kustermann. „Wir wurden von Filmliebhabern für Filmliebhaber gegründet. Wir wissen, wie wichtig dies für Sony ist, und es ist ein weiterer Beweis für ihr Engagement für das Kinoerlebnis. Gemeinsam werden wir weiterhin innovativ sein und spannende neue Möglichkeiten für unsere Mitarbeiter und Kinobesucher schaffen.“

Wie man bei Alamo Drafthouse mit Störern umgeht? Werfen Sie einen Blick auf diesen sehenswerten Clip. (Quelle: YouTube/Alamo-Drafthouse-Kanal)

Laut Ravi Ahuja passen die geschätzte Marke und die engagierte Community von Alamo Drafthouse perfekt zur eigenen Vision. „Unser Crunchyroll-Geschäft deckt sich ebenfalls gut mit den Interessen des Publikums. Wir freuen uns darauf, auf den Innovationen aufzubauen, die Alamo Drafthouse erfolgreich gemacht haben, und werden natürlich weiterhin Inhalte von allen Studios und Verleihern willkommen heißen.“

Alamo Drafthouse – 1997 als familiengeführtes Einzelkino ins Leben gerufen – ist die siebtgrößte Kinokette der USA und bringt es jährlich auf rund zehn Mio. Besuche. Im vergangenen Jahr konnten die Ticketumsätze um rund 30 Prozent gesteigert werden – ein Wert, der über dem US-Schnitt lag.

Alamo Drafthouse zeichnet sich insbesondere durch seinen ganz besonderen Fokus auf außergewöhnliche Erlebnisse aus – als herausragendes Beispiel mögen an dieser Stelle nur Open-Air-Screenings von „Der weiße Hai“ dienen, bei denen die Gäste den Film auf Schwimmreifen in einem Teich verfolgen und an Schlüsselszenen von Tauchern (!) aufgeschreckt werden. Zu den eher ungewöhnlichen Maßnahmen zählen auch kostenlose VHS-Verleihstationen – und nicht zuletzt der legendär harte Umgang mit Störern. Wer in einem Alamo Drafthouse ein Handy zückte, flog bislang gnadenlos aus der Vorstellung. Ob Sony diese einzigartige Politik beibehält, ist offen…

Für Sony ist die Rolle als Kinobetreiber keine neue: Schon 1989 wurde Sony mit Übernahme von Tri-Star Pictures zum Betreiber der von diesem Unternehmen gehaltenen Kette Loews Theatres, die 1994 in Sony Theatres umbenannt wurden. Später wurde daraus Loews Cineplex Entertainment – ein Joint-Venture zwischen Sony und Universal. 2002 wurde die Kette dann verkauft, 2005 erfolgte eine Fusion mit AMC, der heute größten Kinokette der Welt.