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Reformappell geht in die Breite

Anfang Juni hatte die Produktionsallianz eine Kampagne unter dem Motto #FilmReformJetzt gestartet. Dieser eindringliche Aufruf zu einer zeitnahen und vor allem lückenlosen Umsetzung der Reform ruht nun auf den Schultern eines breiten Bündnisses aus Verbänden der Filmwirtschaft.

Der Appell richtet sich zwar auch an Kulturstaatsministerin Claudia Roth – die wichtigsten Adressaten sitzen aber in anderen Ministerien. (Credit: Kristian Schuller)

Parallel zu ihrem Sommerfest am 13. Juni hatte die Produktionsallianz ihre (u.a. auf sozialen Medien tatsächlich schon ein wenig früher gestartete) Kampagne #FilmReformJetzt vorgestellt (wir berichteten). Ihr Ziel sei es, wie CEO Björn Böhning damals bei einem Pressgespräch betonte, die Diskussion noch einmal in die Breite zu tragen und klarzumachen, was drohe, wenn die Reform nicht (oder zu spät) komme.

In die Breite geht nun jedenfalls der Appell. Denn unter dem Motto #FilmReformJetzt wenden sich AG DOK, AG Kino-Gilde, BFFS, BVR, Deutsche Filmakademie, HDF, Produktionsallianz, Produzent:innenverband, VDFE, Deutscher Drehbuchverband, ver.di und VTFF gemeinsam an die Politik, um erneut im Schulterschluss für die Stärkung der Produktions- und Kinobranche in Deutschland einzutreten. Ein Appell, der wenige Tage nach einer FFA-Verwaltungsratssitzung erfolgt, in deren Rahmen Kulturstaatsministerin Claudia Roth dem Vernehmen nach selbst neuerliche Zweifel an einer Umsetzung aller Säulen zum Jahreswechsel geschürt hatte, während zumindest ein konkreter Zeitplan für das parlamentarische Verfahren zum FFG vorgelegt wurde (wir berichteten exklusiv).

Das Schreiben der Verbände im Wortlaut

„Mit der umfassendsten Novellierung seit der Einführung des Filmförderungsgesetzes hat die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Claudia Roth den ersten Baustein einer Filmfinanzierungsreform angestoßen. Für die Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Branche ist es unabdingbar, dass hieraus nun zeitnah mit weiteren Bausteinen eine ganzheitliche Reform wird. Die zur Berlinale angekündigten drei Säulen (FFG, Anreizmodell und Investitionsverpflichtung) müssen gemeinsam umgesetzt werden. Die deutsche Produktions- und Kinowirtschaft braucht schnell Klarheit und Planungssicherheit.

Daher unser geschlossener Appell: Filmförderreform JETZT! Wir fordern die Parteien der Bundesregierung, alle Parteien im Bundestag und alle Länder auf: Setzen Sie die Segel für eine große Reform der Filmförderung in Deutschland – für die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Filmproduktionsstandortes, des deutschen Kinofilms und unserer vielfältigen Kinolandschaft!

Wir wissen: Die Gestaltung einer zeitgemäßen Filmförderung ist ein Kraftakt. Doch nur so kann Deutschland in der sich rasant entwickelnden Welt audiovisueller Inhalte eine aktive Rolle spielen, nur so kann das deutsche Kino als Marktplatz freier Ideen und gesellschaftlicher Vielfalt über die Landesgrenzen hinaus strahlen. Wir sind uns einig, dass ein ganzheitlicher Reformansatz für das Gelingen dieses Reformvorhabens zwingend ist, um zukunftssichere Rahmenbedingungen für unsere Branche zu schaffen.

Und: Eine Filmförderreform muss die gesamte Kinofilmwirtschaft in den Blick nehmen, vom Talent- über den Dokumentar-, Kinder-, und Animationsfilm, von Arthouse- bis zu den großen Blockbustern. Belange der Verleiher, der Kinos, der technisch-kreativen Dienstleister und der Studios sowie die Interessen der Urheber und Urheberinnen und der Filmschaffenden sind zu berücksichtigen. Bestehende Förderlücken der Kinos sind zu schließen, Tarifstandards und Gemeinsame Vergütungsregeln der Branchenpartner anzuerkennen und Berufsbildungs-Aktivitäten der Branche zu stärken. Diversität vor und hinter der Kamera bleibt eine Kernforderung. Denn Vielfalt gehört zum Wesen unserer Branche.

Die wichtige Zukunftsaufgabe des Klimaschutzes kann von der gesamten Branche nur bewältigt werden, wenn alle Bausteine der Reform ineinandergreifen. Wichtig ist nun, die noch offenen Punkte schnell zu klären, etwa die Förderung der Kinos, die weiterhin eine Förderlücke von 40 Mio. Euro haben.

Frankreich hat gezeigt, dass eine umfassende Filmförderungsreform einen direkten wirtschaftlichen Impuls auslösen kann. Zu Beginn des Jahres legten viele Filmverbände in Deutschland erstmals einen Vorschlag für ein einfaches und transparentes Fördersystem auf Bundesebene vor. Wir sind überzeugt, dass eine gemeinsame Anstrengung der gesamten Branche Schwung verleihen, Arbeitsplätze entlang aller Gewerke schaffen und die kulturelle Vielfalt unseres Landes in der Stadt wie auf dem Land stärken wird. Unser gemeinsames Ziel: 35 Mio. Zuschauer: innen für deutsche Kinofilme im Kino.“

Ergänzend zu diesem gemeinsamen Appell gaben die Verbände teils auch individuelle Statements ab:

„Die deutsche Produktionswirtschaft ist im internationalen und europäischen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig. Ohne große Filmförderungsreform droht der dauerhafte Verlust von Kreativität, technischen Innovationen und Arbeitsplätzen in allen Bereichen der Filmwirtschaft. Nur Investitionsverpflichtung und Steueranreizmodell werden dafür sorgen, dass mehr Investitionen in den Filmstandort Deutschland fließen und zu mehr nachhaltiger Wertschöpfung und letztlich tollen Filmen und Serien führen. Anreize ziehen Produktionen an, die Investitionsverpflichtung sichert die heimische Industrie. Der einstige Filmpionier Deutschland muss zurück auf die europäische Landkarte der Produktionswirtschaft, deshalb bieten wir gemeinsam unsere ganze Kraft auf für eine zukunftsorientierte und konkurrenzfähige Filmförderungsreform 2025 mit allen drei Säulen. Gemeinsam mit mehr Investitionen in die Kinos werden wir Deutschland wieder zum Kinostandort Nummer 1 in Europa machen!“, erklärte Björn Böhning als CEO und Sprecher des Gesamtvorstandes der Produktionsallianz.

„Für uns Drehbuchautor:innen ist die möglichst zeitgleiche Umsetzung des gesamten Vorhabens entscheidend. Von den Referenzmitteln der FFA über die jurybasierte Förderung bis zum Steueranreizmodell und der Investitionsverpflichtung wird in der Gesamtheit ein Impuls gesetzt, der Projekte endlich schneller finanzierbar macht, uns dadurch die kontinuierliche Arbeit an Kinofilmen ermöglicht und so auch die Qualität der Drehbücher heben kann“, erklärt Gerrit Hermans als kinopolitischer Sprecher des DDV.

„Wir brauchen ein ganzheitliches Fördersystem, das Karrieren im Kinobereich für Autor:innen kalkulierbar und somit attraktiv macht. Dafür braucht es mehr Investitionen und Budgets, mit denen hohe Qualitätsansprüche mit angemessenen Vergütungen und vor allem mit planbaren und deutlich verkürzten Finanzierungszeiten realisiert werden können. Wir sagen: #FilmreformJETZT“, so Jan Herchenröder, Geschäftsführer des DDV.