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„Kino steht für Vielfalt!“

Appelle zur Sicherung von Demokratie und Meinungsvielfalt gingen in Cannes von mehreren Stellen aus, so auch von der Mitgliederversammlung der CICAE. Dort stellte man auch neue Projekte wie den Arthouse Cinema Hub vor. Schon im Vorfeld hatte man sich mit dem französischen Arthouse-Verband AFCAE über ein Vorbild für eine Reform der Kinoförderung ausgetauscht.

Der Verwaltungsrat der CICAE bei der Mitgliederversammlung in Cannes (Credit: AG Kino-Gilde)

Die Anfang Juni anstehende Europawahl beschäftigt die Branche auch beim Festival in Cannes, unter anderem hatten sich Filmschaffende und Kreative um mit dem Hashtag #useyourvote ihre Unterstützung für die bevorstehenden Europawahlen (6.-9. Juni) zu bekunden und die Bedeutung des Kinos für die Wahrung demokratischer Werte in Europa und weltweit zu unterstreichen. 

Mit einem Aufruf zur Sicherung von Demokratie und Meinungsvielfalt ging auch die diesjährige Mitgliederversammlung des Internationalen Arthouse-Kinoverbands CICAE zu Ende, auch von dort erging der Appell an die Bürgerinnen und Bürger der EU, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Dazu heißt es seitens der CICAE: „Arthousekinos auf der ganzen Welt setzen sich, zum Teil unter schwierigen Umständen, für Programmvielfalt und die Freiheit der Kunst ein. Durch den offenen künstlerischen Austausch mit Filmschaffenden und deren Werken fördern sie Toleranz, Meinungsfreiheit und damit demokratische Werte insgesamt. Die CICAE setzt sich mit ihren Projekten auch für Kinos in Ländern ein, in denen diese Werte zunehmend schwer oder gar nicht mehr gelebt werden. Um so wichtiger ist es, dass Demokratie, wie beispielsweise durch Wahlen, von allen gelebt wird.“

In diesem Kontext betonte der CICAE-Präsident und Vorstandsvorsitzende der AG Kino-Gilde, Christian Bräuer, einmal mehr, dass Kinos als Orte der Demokratie eines besonderen Schutzes bedürften: „Wer die unabhängigen Filmtheater mit ihren vielfältigen Programmen, ihren Gesprächsangeboten, Festivals und Reihen für junge Menschen unterstützt, stärkt damit auch die offene Gesellschaft. Unser Appell richtet sich deshalb auch an die Politik, den Wert der Kinos für die Gemeinschaft zu erkennen und diese in ihrem Überleben zu sichern.“

Austausch beim AFCAE-Empfang: Festivaldirektor Thierry Frémaux und Christian Bräuer (Credit: AG Kino-Gilde)

Teil dessen soll natürlich auch eine angemessene Kinoförderung sein. So setzt sich die AG Kino-Gilde auf nationaler Ebene nicht zuletzt dafür ein, den Kinoprogrammpreis der BKM mit Elementen einer automatischen Programmförderung zu ergänzen und so einen finanziellen Anreiz für Kinos zu schaffen, die sich für Filmvielfalt, den Dokumentar- und Kurzfilm sowie ein junges Publikum engagieren. Gefördert werden soll damit ein Programm jenseits des (vor allem amerikanischen) Mainstreams. Vorbild für die Forderungen ist die in Frankreich seit Jahrzehnten etablierte Programmkinoklassifizierung „Classement Art et Essai“, über deren aktuellen Stand sich Bräuer und Verbandsgeschäftsführer Felix Bruder schon im Vorfeld des Festivals beim traditionellen Empfang „Rencontres d´Art et Essai“ des französischen Arthouse-Verbands AFCAE informiert hatten. Nach Angaben der AG Kino-Gilde betrachtet die französische Förderbehörde CNC die „Classement Art et Essai“ als eines der erfolgreichsten Programme für den Film überhaupt, da sie unabhängigen nationalen und internationalen Produktionen zu deutlich mehr Sichtbarkeit verhelfe.

Beim AFCAE-Empfang ging Christian Bräuer im Gespräch mit Cannes-Direktor Thierry Frémaux zudem auf die Bedeutung des Festivals für die deutschen Arthouse-Kinos und deren großen Beitrag zur Sichtbarmachung der Festivalfilme ein.

Unterdessen baut die CICAE nach dem Umzug des Arthouse Cinema Training (laut eigenem Bekunden ihr wichtigstes Projekt) nach Berlin und der Berufung von Sebastian Naumann zum Geschäftsführer im Mai vergangenen Jahres ihre Aktivitäten aus. Zu den aktuellen Projekten, die am Rande des Festivals in Workshops vertieft wurden, zählt die Entwicklung des Europäischen Kinotages am 17. November 2024 und die Ausweitung der Arthouse Cinema Awards, bei denen Jurys aus Kinobetreibenden bei Festivals in der ganzen Welt nach Filmperlen für das Kino suchen und diese auszeichnen. Ein neues Projekt ist der Arthouse Cinema Hub, der es Kinos weltweit ermöglicht, Best-Practice-Beispiele auszutauschen.

Sebastian Naumann (CICAE), Christian Bräuer (CICAE & AG Kino-Gilde), Catharine Des Forges (Independent Cinema Office) und Felix Bruder (AG Kino-Gilde) beim Empfang „Meet the Arthouse Cinemas“ (Credit: AG Kino-Gilde)

Generell sind Austausch und Vernetzung aus sich von Christian Bräuer zentrale Erfolgsfaktoren für die Zukunft der Branche: „Kinomachen wird überall aufwendiger und voraussetzungsvoller!“, so Bräuer. „Im digitalen Zeitalter können wir den Menschen einen Kulturort bieten, in dem sie sich auf vielfältige Programme einlassen und sich darauf konzentrieren können. Um das Publikum anzusprechen und überzeugende Angebote zu machen, brauchen wir aber digitale Wege, Zahlen und Daten sowie eine gute Vernetzung unter den Kinos und in die Nachbarschaften hinein.“ In diesem Sinne will die CICAE gemeinsam mit Comscore detailliert analysieren, wie sich die Filme der großen Festivals international behaupten. Was unter welchen Voraussetzungen beim Publikum ankomme, sei die zentrale Frage für eine erfolgreiche Auswertung.

Austausch pflegte man beim Festival darüber hinaus beim gemeinsamen Cocktailempfang „Meet the Arthouse Cinemas“ von CICAE, AFCAE und AG Kino-Gilde – dem sich in diesem Jahr auch das britische Independent Cinema Office als Partner anschloss. Fazit des Termins zu dem sich rund 200 Vertreterinnen und Vertreter von Kinos, Filmschaffenden, Förderern und Politik einfanden: Die Branche sieht sich auch international auf einem Erholungspfand – die Herausforderungen sind dennoch weiterhin groß.“Das Kino braucht relevante und mutige Filme, die auch für ein großes Publikum herausgebracht werden“, so die AG Kino-Gilde. Der diesjährige Wettbewerb in Cannes verspreche dabei „einige gute Beispiele“.