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Frühjahrsaufschwung im globalen Kinomarkt

Grund zum Jubeln bieten die aktuellen Zahlen nicht, mit denen die US-Kinobranche auf die Leitmesse CinemaCon zusteuert. Aber gegenüber dem katastrophalen Stand Ende Februar sorgte der März laut der Analysten von Gower Street zumindest für ein gutes Stück Schadensbegrenzung. Auch in anderen Märkten ging es zum Ende des Quartals bergauf.

In der Wüste muss die Freiheit grenzenlos sein: Zendaya und Timothée Chalamet in „Dune Part Two“ (Foto: Warner Bros.)
Mit den im März erzielten 602 Mio. Dollar Boxoffice war „Dune: Part Two“ der weltweit mit Abstand erfolgreichste Titel des Monats. Zu dessen Ende Warner mit „Godzilla x Kong: The New Empire“ innerhalb eines langen Wochenendes noch eindrucksvolle 194 Mio. Dollar beisteuerte. (Foto: Warner Bros.)

Auch wenn Comscore seine offizielle Quartalsbilanz erst kommende Woche vorlegen wird, kann man auf Basis vorläufiger Zahlen schon jetzt sagen: Der Marktanteil lokaler Produktionen in den deutschen Kinos hat im ersten Quartal nicht gerade beeindruckt. Zwei großartige deutsche Besuchsmillionäre („Eine Million Minuten“ und „Chantal im Märchenland“), die bis 3. April zu feiern waren, hin oder her. Dennoch zeigte sich gerade im ersten Quartal des nun nicht mehr ganz so jungen Jahres mehr als deutlich, wie wichtig lokale Kinofilme sind. Insbesondere dann, wenn der US-Film schwächelt. Und sei es auch „nur“ wegen streikbedingter Lücken in den Startlisten.

Denn die Zahlen, mit denen die nordamerikanische Kinobranche auf die US-Leitmesse CinemaCon zusteuert, geben nicht gerade Grund zum Jubeln. Vorsichtig ausgedrückt. Dennoch lässt sich sagen, dass der März mit den Top-Starts von „Dune: Part Two“ und dem überraschend starken „Godzilla x Kong: The New Empire“, der gestern auch in die deutschen Kinos kam, für ein gutes Stück Ergebniskorrektur gesorgt hat. Denn Ende Februar sah der Zwischenstand nach Erhebungen von Gower Street und Comscore verheerend aus: 0,9 Milliarden Dollar wurden in den USA und Kanada in den ersten beiden Monaten 2024 eingespielt, satte 47 Prozent weniger als im Schnitt der Vorpandemiejahre 2017 bis 2019. Wenig überraschend ist angesichts solcher Zahlen, dass die Wochen vor der CinemaCon von beunruhigenden Nachrichten begleitet wurden: Jener etwa, dass die der pandemiebedingten Insolvenz entronnene (legendäre) Kinokette Alamo Drafthouse jetzt zum Verkauf steht. Oder jener, dass für den Wert der AMC-Anteile eine neue Etage unterhalb des Kellers ausgehoben werden musste, in den dieser schon zuvor gerutscht war. Die Ankündigung, dass AMC Anteile im Wert von bis zu 250 Mio. Dollar verkaufen will, um sich Liquidität angesichts eines extrem schwachen Geschäfts zu bewahren, sorgte für einen neuerlichen Kursrutsch. Da hilft es auch nicht, dass die extrem schwierige Situation nach den historisch langen Streiks der US-Kreativen allgemein erwartet worden war.

Abstand auf den vorpandemischen Schnitt*

Durchschn. Ticketumsatz 2017-2019Ticketumsatz Q1 2024DifferenzDifferenz in %
Nordamerika2,7 Mrd.1,7 Mrd.-1,1 Mrd.-39%
China2,4 Mrd.2,3 Mrd.-0,1 Mrd.-3%
International (ohne China)5,0 Mrd.3,9 Mrd.-1,1 Mrd.-22%
Weltweit10,1 Mrd.7,9 Mrd.-2,2 Mrd.– 22%
Quelle Gower Street/Comscore; Werte in Dollar; Ungenauigkeiten durch Rundungen

Nun lässt sich keinesfalls behaupten, dass die Lage der nordamerikanischen Kinos aktuell übermäßig rosig aussieht. Aber immerhin verringerte sich der Abstand auf die vorpandemischen Zahlen binnen des Monats März um ganze acht Prozentpunkte – auf leider immer noch sehr hohe 39 Prozent. Man muss es leider so klar sagen: Der Heimatmarkt der US-Blockbuster gibt aktuell kein gutes Bild ab. Das gilt gerade auch im internationalen Vergleich. Denn weltweit beträgt der Abstand zu den Jahren 2017 bis 2019 „nur“ 22 Prozent. Nicht gut. Aber doch 17 Prozentpunkte besser. „Ausreißer“ ist vor allem China, wo der US-Film seit geraumer Zeit nur noch in den wenigsten Fällen (allerdings zuletzt mit „Godzilla x Kong“) für positive Nachrichten sorgte; wo dessen Einfluss auf den Marktverlauf also radikal geschrumpft ist. Dort liegt man gerade einmal um drei Prozent im Minus. Was allerdings eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Stand Ende Februar (plus sechs Prozent) darstellt, als ein für die Kinos höchst erfreulich verlaufendes Neujahrsfest die Bilanz ordentlich in die Höhe getrieben hatte.

Unter dem Strich stand der März sowohl in Nordamerika wie auch in den internationalen Märkten abseits von China für den stärksten der drei bisherigen Monate des Jahres. Das globale Gesamtergebnis von 2,54 Mrd. Dollar bedeutete eine Verbesserung von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat – allerdings lag es gegenüber dem vorpandemischen Schnitt noch um 21 Prozent zurück. Nur vorsorglich sei betont: Wir sprechen vom Boxoffice, von den Ticketumsätzen. Wer die Preissteigerungen der vergangenen Jahre im Hinterkopf hat, ahnt, dass das Minus nach Besuchen noch ein ganzes Stück höher ausfallen dürfte…

Dennoch reichten die Resultate im März aus, um das globale Zwischenergebnis auf 7,9 Mrd. Dollar und damit auf ein Niveau zu heben, das um zwei Prozent über jenem des Vorjahres lag, nachdem bis Ende Februar noch ein Rückstand in Höhe von sechs Prozent bestanden hatte. Als „ermutigend“ bezeichnet Gower Street zudem die Tatsache, dass das erste Quartal 2024 um 16 Prozent besser abschnitt als das vierte Quartal 2023. Wenn man ehrlich ist, stellt letzteres allerdings auch keine sonderlich eindrucksvolle Messlatte dar. Ein Umstand, den Chefanalyst Thomas Beranek von Gower Street natürlich klar adressiert: Denn die Folgen der Streiks hatten den seit dem Ende der Pandemie konsequent beschrittenen Erholungskurs zum Ende des Vorjahres hin jäh ausgebremst.

Einmal mehr schnitten die EMEA-Märkte übrigens überdurchschnittlich gut ab – und obwohl Deutschland mit seinem Quartalsergebnis laut Gower Street um 13 Prozent hinter dem vorpandemischen Schnitt lag, stand man hierzulande deutlich besser da, als die Kinos in den zuletzt sehr gebeutelten Märkten UK/Irland (-29 Prozent); Italien (-29 Prozent) und Spanien (-33 Prozent). Selbst in Frankreich liegt das Minus nach drei Monaten bei 25 Prozent – ein Tiefschlag für die Kinonation. Europäischer Vorzeigemarkt sind die Niederlande, wo es in den ersten Drei Monaten des Jahres um rund vier Prozent nach oben ging – und wo man zuletzt um sechs Prozent über dem vorpandemischen Schnitt lag. Auch ein Verdienst der dort überaus populären Abomodelle?

Unter dem Strich stellt Gower Street fest, dass die Quartalsergebnisse zwar am oberen Rand der eigenen Prognose lägen, dass es aber schwierig werde, den Erholungskurs fortzusetzen. Denn so erfreulich es sei, dass das globale Resultat jenes des Vorjahres leicht übertreffe, obwohl man 2023 rund die Hälfte der Produktionszeit durch die Streiks verloren habe, stehe auch fest: Messen lassen muss sich der EM-begleitete Rest von 2024 nun auch an zwei ausgesprochen starken Vorjahresquartalen. Deren Zahlen zu erreichen schon eines kleinen Wunders bedürfte…

Marc Mensch