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Deutscher Kinomarkt auf Augenhöhe mit 2023

Ganz hat es bis zum Osterwochenende zwar nicht mehr gereicht, um die Lücke zu schließen. Aber die Hits der vergangenen Wochen brachten den deutschen Kinomarkt bis zum Ende des Quartals zumindest nach Besuchen auf Schlagdistanz zum Vorjahr. Was angesichts der Vorzeichen durchaus als Etappensieg gewertet werden kann.

Dominierte den Kinomarkt im ersten Quartal: „Dune: Part Two“ (Charts: © 2024 Warner Bros. Entertainment Inc.)

2,4 Prozent weniger deutsche Kinobesuche als im Vorjahreszeitraum. 7,6 Prozent weniger Umsatz. Das ist zunächst einmal ein Rückschritt auf dem Erholungsweg nach der Pandemie. Und doch ist es auch ein Etappensieg. Was zunächst wie ein Widerspruch klingen mag – bis man sich die Rahmenbedingungen vor Augen hält. 2023 war mit einem historischen Boxoffice-Champion gestartet. Einem Ausnahmeerfolg, der dem einen oder anderen parallel laufenden Titel nur vergleichsweise wenig Luft zum Atmen ließ. Und 2024? Gab es zwar durchaus erfreuliche „Überläufer“, allen voran „Wonka“ mit seinen knapp 2,6 Mio. Gesamtbesuchen. Aber erwartet hatte die Branche ein ausgesprochen schwieriges Quartal. Eines, dass von den streikbedingten Startterminverschiebungen zwar nicht nur negativ geprägt sein würde – immerhin rückte vor allem „Dune: Part Two“ in diesen Zeitraum. Dessen Startlisten aber dennoch keine Hoffnungen auf eine Fortsetzung des Wachstumskurses schürten. Selbst dann noch nicht, als die Constantin zur Filmwoche München die Vorverlegung von „Chantal im Märchenland“ auf das letzte März-Wochenende bekanntgab.

Bester Start eines deutschen Films: „Chantal im Märchenland“ (Credit: Constantin)

Immerhin: Mit dem stärksten Start des laufenden Jahres sorgte der deutsche Blockbuster für ein höchst erfreuliches Quartalsfinale, nachdem kurz zuvor schon die Trümpfe „Dune: Part Two“ und „Kung Fu Panda 4“ gestochen hatten. Und dafür, dass sich der zwischenzeitlich doch recht hohe Rückstand auf das Vorjahr auf ein überschaubares Maß reduzierte. Eines, das sich am Ende doch eher im positiven Sinne außerhalb des Erwartungskorridors bewegen sollte.

Denn es gab schlicht zu wenige Tentpole-Starts, zu wenige Filme, die breite Publikumswirkung versprachen – und das gilt auch unter Berücksichtigung jener Einschätzungen, die Filme wie den extrem kostspieligen „Argylle“ oder den (in jeder Hinsicht eher billigen) „Madame Web“ (als nächsten satten Tiefschlag für eine Genre, das sich mit „Deadpool & Wolverine“ nun ernsthaft beweisen muss) ein wenig stärker sahen, als sie es am Ende waren. 

Noch ein deutscher Besuchermillionär: „Eine Million Minuten“ (Credit: Warner Bros.)

Natürlich blieb das erste Quartal nicht ohne Enttäuschungen. Das ist dem Kinogeschäft schließlich immanent. Im Gedächtnis bleibt nach drei Monaten aber eher, wie viele Filme überperformten. Mehr als 810.000 Besuche für „The Beekeper“? Mehr als 650.000 für „The Zone of Interest“? Weitere Arthouse-Filme mit deutlich über 550.000 Besuchen, „Ella und der schwarze Jaguar“ mit mittlerweile über einer Million? Hut ab vor jedem, der solche Zahlen vorab mit Gewissheit prognostiziert hatte. Gerade aus Reihen der Arthouse-Unternehmen war zuletzt über Wochen vielfach von einem geradezu fantastischen Jahresauftakt zu hören, von Zuwächsen im teils sehr (!) hohen zweistelligen Bereich gegenüber dem Vorjahr. Aber auch von einem weniger erfreulichen Phänomen: Einem extremen Stadt-Land-Gefälle.

Keine Frage: Dass die deutschen Kinos auf einem längst noch nicht beendeten Weg aus dem Pandemietief einen Rückschritt hinnehmen mussten – und sei es auch nur um wenige Prozent – ist erst einmal eine Hypothek. Aber es hätte mit dem vorhandenen Programm durchaus schlimmer kommen können. Solange Gültigkeit besitzt, dass das Geschäft brummt, wenn das Angebot stimmt, kann man zuversichtlich nach vorne blicken. Auch über Monate hinweg, die zumindest auf dem Papier nicht weniger herausfordernd aussehen, wie jene des ersten Quartals.

Marc Mensch