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Klare Seriencamp-Punktsieger: Joyn & „Der Upir“

Zwischenzeitlich machte man sich echte Sorgen, ob ProSiebenSat.1 überhaupt wieder zurück ins fiktionale Seriengeschäft kommen würde. Jetzt präsentiert Head of Content Joyn, Thomas Münzner, aber gleich zwei vielversprechende Neustarts auf dem Seriencamp.

Fahri Yardim und Rocko Schamoni
Fahri Yardim (l.) und Rocko Schamoni in „Der Upir“ (Credit: Joyn/Christoph Köstlin)

Wenn man am vorletzten Tag des Seriencamp Festivals in Köln schon ein verfrühtes Fazit ziehen will, müsste zu den Gewinnern auf jeden Fall die Streaming-Plattform Joyn von ProSiebenSat.1 und Head of Content, Thomas Münzner, gezählt werden. Münzner war an zwei Tagen auf dem Podium, präsentierte am Donnerstag bei der Conference die eigene Vampir-Comedy „Der Upir“ mit UFA-Fiction-Produzentin Katharina Possert und Regisseur Peter Meister und war am Freitag nochmal zurück, um im „Next“-Bereich ebenso erste Bewegtbilder von der zweiten Serien-Comedy „Keks“ zu zeigen.

Seit das Joint Venture zwischen ProSiebenSat.1 und Discovery bei Joyn aufgelöst wurde und die Unterföhringer die hundertprozentige Verantwortung allein übernahmen, bewegt sich auch wieder etwas mehr im Fiction-Bereich. Münzner hatte längere Szenen von der Serie „Der Upir“ mitgebracht, in der „Jerks“-Star Fahri Yardim einen gebissenen Normalsterblichen spielt, für den sich in den nächsten 30 Tagen entscheidet, ob er Mensch bleiben darf oder auf ewig Untoter wird. Die Momente mit Yardim auf der Leinwand kassierten einige der euphorischsten Publikumsreaktionen des gesamten Festivals.

Deutscher Serientrend Vampire

Dabei liegt „Der Upir“ im Trend. Gibt es doch auch aktuell eine ARD-Serie, die sich in das gleiche Genre vorwagte. Zudem feiert Ende des Monats die ZDFneo-Vampirserie „Love Sucks“ Weltpremiere auf dem Filmfest München. Blutsauger sind nach den Funkel-Vampiren von „Twilight“ wieder neu angesagt. „Wir sind aber die einzige Vampir-Comedy“, hielt UFA-Fiction-Produzentin Katharina Possert auf dem Panel am Donnerstag fest. „Wir wollten wegen der vielen anderen Vampirprojekte schnell sein.“ Vom grünen Licht am Beginn der Produktion bis zur Ablieferung wird es demnach gerade mal ein Jahr sein. Abgedreht ist „Der Upir“ seit Ende März.

Die so euphorisch aufgenommenen Szenen mit Fahri Yardim zeigen seine Figur mit einer Immobilienmaklerin, die ihm ein Schloss verkaufen will. Sie kommt dann zu Tode und in einer Verkettung der Umstände, den Tod wie einen Unfall aussehen zu lassen, spitzen sich die Momente mit Co-Star und Serien-Blutsauger Rocko Schamoni immer weiter zu. Der Humor wird fieser, die Situationen immer absurder, funktionieren aber in dem etablierten Kosmos. „Fahri Yardim ist sehr begabt, aus nichts etwas Witziges zu machen“, fasst es Possert treffend zusammen. „Der Upir“ fühlt sich so an, als ob Yardims „Jerks“-Figur in ein blutiges, genrelastiges Vampir-Universum gestolpert ist – und es harmoniert tonal hervorragend.  

Regisseur und Drehbuchautor Peter Meister hat die Geschichte um Yardims Figur Eddie zusammen mit seinem Bruder geschrieben. Er schätzt, dass „Der Upir“ zu 80 Prozent Drehbuch und zu 20 Prozent aus Improvisationen besteht – der Spezialdisziplin Yardims seit der „Jerks“-Ära. Für Head of Content Münzner machte das Format sofort Sinn, als über den Cast gesprochen wurde. „‘Jerks‘ war eine der großartigsten Comedy-Shows der vergangenen Jahre. Was man an Fahri mag, sieht man auch in ‚Der Upir‘. Fahri und Rocko sind befreundet, was man auch positiv an dem Projekt spürt“, erläutert Münzner.

Auf der Suche nach einem größeren Publikum

Münzner will neue Serien-Marken wie „Jerks“ aufbauen. „Wenn die erste Staffel erfolgreich ist, wird es eine zweite Staffel geben“, verspricht er, der den Auftrag hat, die bisher hauptsächlich mit Creator-Formaten gefütterte sehr junge Zielgruppe von Joyn deutlich zu erweitern. Er sucht vor allem Formate, die sowohl non-linear als auch linear funktionieren können. Start für „Der Upir“ soll im Herbst sein. Naheliegend wäre der Zeitraum um Halloween.

„Comedy als Genre macht bei den fiktionalen Serien in diesem Jahr Sinn, weil wir sie in unserem Programmumfeld mit Joko und Klaas auch linear auswerten können. Nächstes Jahr kommen auch noch andere Genres hinzu. Früher waren unsere Serien spitzer, jetzt zielen wir auf eine breitere Zuschauerschicht ab“, führt Münzner am Freitag auf dem Seriencamp aus. Dieses Mal hat er Ausschnitte aus der zweiten Comedy „Keks“ im Gepäck.

Leo Fuchs von den Kleinen Brüdern steht als Regisseur hinter der Kamera, einer der „Discounter“-Stars (David Ali Rashed) und ein Durchstarter aus der ARD-Serie „Player of Ibiza“ vor der Kamera. Es geht um Loser-Figuren im Schulumfeld, aber nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrer, um die Zielgruppe größer zu bekommen. Der erste Eindruck der Szenen ist auch positiv, wenn auch nicht ganz so euphorisch vergnügt wie bei „Der Upir“. Aber auch hier zünden Szenen beim Publikum. Pyjama Pictures ist bei „Keks“ involviert. Das Format soll bald starten, aber das genaue Datum kann Münzner noch nicht verraten.

Vier bis fünf deutsche Fiction-Serien 2025

Am Freitag konkretisiert Münzner nochmal die Strategie von Joyn im Verbund mit den linearen Sendern. „Wir wollen keine Miniserien, sondern Serien, wenn sie Erfolg haben, fortsetzen, damit wir auf die Marke aufbauen können. Kommendes Jahr machen wir vier bis fünf weitere Fiction-Serien.“ Am liebsten will er auch im Erfolgsfall die beiden auf dem Seriencamp gezeigten Comedy-Formate prolongieren. „Für 2026 können wir uns auch eine Romantic Comedy mehr für ein weibliches Publikum vorstellen“, erläutert Münzner.