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Konstanze Breitebner: „Für graugelockte Omis in Kittelschürze sind wir meist noch gut“

Der hochdotierte österreichische Drehbuchwettbewerb „Heldinnen in Serie“ fördert die Sichtbarkeit von weiblichen Vorbildern aus MINT-Bereichen und pusht insgesamt das Angebot interessanter Rollen für Schauspielerinnen. In der dritten Runde wurde nach Stoffen mit einer Heldin über 55 Jahre gesucht. Autorin und Schauspielerin Konstanze Breitebner gibt Auskunft.

Konstanze Breitebner (Credit: Jürgen Hammerschmid)

In Österreich wurde dieses Jahr zum dritten Mal der Drehbuchwettbewerb „Heldinnen in Serie“ ausgeschrieben. Die Preisverleihung fand Anfang Mai in Wien statt und zeichnete vier Exposés mit je 20.000 Euro aus. Gesucht waren Stoffe, mit mindestens einer zentralen weiblichen Hauptfigur ab 55 Jahre. Initiiert wurde der Wettbewerb Im November 2019 durch das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, um die Sichtbarkeit von weiblichen Vorbildern aus MINT-Bereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) in Serien zu erhöhen und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag und Impuls zur Entwicklung und Umsetzung von qualitativ hochwertigen Serien in Österreich zu fördern. Schauspielerin und Autorin Konstanze Breitebner war eine der Preisträger:innen der ersten Runde und fungierte nun bereits schon zwei Mal als Jurymitglied. 

Beim dritten Durchgang des Drehbuchwettbewerbs Heldinnen in Serie sollten Geschichten entwickelt werden, in denen Frauen ab 55+ im Zentrum stehen. Wie kam es dazu?

Konstanze Breitebner: Das Thema des dritten Jahrgangs wurde inspiriert von den Kolleginnen bei der Berlinale, Silke Burmester und Gesine Cukrowski, die sich dafür einsetzen, Frauen ab 47 mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Ging es vergangenes Jahr bei „Heldinnen in Serie“ um die „next generation“, um Stoffe mit MINT-Heldinnen, die auch für ein junges Publikum schon geeignet sind. Der Vorschlag, für die dritte Runde Frauen ab 55 ins Zentrum zu rücken, kam von mir und wurde sofort willkommen geheißen. Ich habe mit renommierten Kolleginnen Adele Neuhauser, Brigitte Kren, Barbara Wussow, Susi Stach, Michou Friesz und Michaela Rosen einen Clip gedreht, mit dem die Ausschreibung beworben wurde. Das hat gewirkt: Wir haben 138 Einreichungen erhalten. Und ich kann berichten, dass wirklich tolle, sehr unterschiedliche Stoffe dabei waren, die hochprofessionell eingereicht wurden. Die Auswahl der vier Gewinner aus der 21 Stoffe umfassende Vorauswahl fiel nicht leicht.

Zum einen geht es darum, Frauen für MINT-Berufe zu mobilisieren. Andererseits wird hier aber auch Schauspielerinnen jenseits der 50 Sichtbarkeit gegeben, mit Stoffen, in denen sie nicht Großmütter spielen…

Konstanze Breitebner: Das ist richtig. Deshalb ist mir das auch so ein großes Anliegen. Wir Schauspielerinnen verschwinden spätestens ab 55. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich könnte viele Lieder singen. Für graugelockte Omis in der Kittelschürze, die durch den Film wanken, sind wir meist noch gut. Oder, als Alternative: für die böse alte Ex-Frau, die mit Highheels aus dem Porsche steigt und dem armen Mann die junge Geliebte versauert. Das sind die zwei Pole. Zumeist haben diese Rollen keine Namen mehr und Berufe schon gar nicht.

Pressefrühstück „Heldinnen in Serie” (Credit: Jürgen Hammerschmid)

Wenn Sie das erzählen, hört sich das spaßig an, ist es aber nicht. Das Gegenteil ist der Fall…


Konstanze Breitebner: Es ist furchtbar. Aber ich muss auch sagen, es hat sich etwas geändert, es findet ein Umdenken statt, es tut sich was. Die Kolleginnen, die ich für das Video versammelt habe, arbeiten alle viel, bringen absolut die Quote, was unsere Währung ist. Ein aktuelles tolles Beispiel in den österreichischen Kinos ist gerade „What A Feeling“ mit Caroline Peters und Proschat Madani. Der Film läuft spitze, verkauft viele Tickets! Die Welt steht noch, wenn man Frauen 55+ vor die Kamera bittet. Niemand muss deshalb zusperren und die Sender existieren weiter. Als Autorin kann ich berichten, dass ich immer Frauenrollen in meinem Alter hineinschreibe, aber es ist nach wie vor immer schwierig, das bei den Sendern durchzukriegen. 

Können Sie ein Beispiel geben?

Konstanze Breitebner: Ich habe die dreiteilige Fernsehfilmreihe „Dennstein & Schwarz“ geschrieben, in der Maria Ebn und Maria Happel in den Protagonistinnenrollen als Anwältinnen spielten. Das Richteramt war für eine Frau geschrieben, weil auch mehr als die Hälfte aller Richterjobs in Österreich Frauen innehaben. Trotzdem haben sie mir einen Mann besetzt. Es ist dann nur leider egal, weil ich das nicht entscheiden kann. Ich möchte nicht toben und ich möchte auch nicht grantig und bitterlich sein, sondern mit dieser schönen positiven Kraft, die ich durch meine Kolleginnen erfahre, gegensteuern.

Vier Gewinner-Exposés wurden beim dritten Drehbuchwettbewerb mit je 20.000 Euro ausgestattet. Was passiert nun?

Konstanze Breitebner: Die Autor:innen nehmen nun an einem Mentor:innenprogramm teil und arbeiten ihre Stoffe mit dramaturgischer Unterstützung aus. Wir müssen es nur schaffen, die Stoffe besser zu platzieren und schneller und früher Partner:innen finden. Im Grunde genommen kriegt jeder Produzent und jeder Sender ein Geschenk. Man bekommt eine fertig entwickelte Serie! Wir wissen alle, dass keiner mehr scharf darauf ist, Entwicklungskosten selber zu zahlen. Der nächste Schritt muss sein, dass wir eine Art Plattform entwickeln für unsere Stoffe, vielleicht ein Pitching-Format, ein Event, bei dem man sie noch mal vorstellen kann. Vielleicht wieder mit der Schubkraft meiner Kolleginnen aus dem Video, die dann für das nötige Medienecho sorgen.

Das Gespräch führte Barbara Schuster