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Sven Unterwaldt zu „Die Schule der magischen Tiere 3“: „Ein Kindheitstraum“

Am 26. September startet Teil drei der Erfolgsreihe „Die Schule der magischen Tiere“. Wir haben Sven Unterwaldt zum Gespräch getroffen, der nach Teil zwei auch das jüngste Abenteuer nach den Bestsellern von Margit Auer inszenierte, und wollten von ihm wissen, was ihn nach so vielen Jahren im Business noch motiviert und wie man es schafft, bei einem bestehenden Universum dennoch seine eigene Handschrift einzubringen.

Sven Unterwaldt: Von „Die Schule der magischen Tiere“ ging’s aktuell zu „Woodwalkers“ (Credit: IMAGO / Future Image)

Sie sind 35 Jahre im Business. Was motiviert Sie nach all den Jahren? Warum macht Ihnen der Job als Filmemacher nach wie vor Freude?

Sven Unterwaldt: Filmemachen ist die Verwirklichung eines Kindheitstraums. Als Elfjähriger begann ich, mir meine Super-8-Kamera zusammenzusparen, mit 14 konnte ich dann endlich eigene Filme damit drehen. Um mir allerdings die Filmerei leisten zu können, hatte ich allerhand Jobs wie Strandkörbe und Tretboote vermieten – ich bin ja in Norddeutschland aufgewachsen. Super-8-Rollen waren teuer! Dann auch noch die Klebepresse… Heute ist es andersherum: Ich werde für die Filmerei bezahlt! Besser geht’s nicht. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Filmemachen ist mein Traumjob. In der ersten Schülerzeitung habe ich bereits bei Berufswunsch „Regisseur“ angegeben. Ich habe mich dann hochgearbeitet, von Sitcoms über Serien und Fernsehfilme bis zum ersten Kinofilm. Dass ich heute 16 Kinofilme gemacht habe, ist mehr, als ich mir jemals als Kind erträumt habe. Das motiviert mich jeden Tag, und ich freue mich über all die tollen Projekte, die mir angeboten werden. Das ist ein großes Glück und in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich. Das hält die Energie aufrecht. 

In diesem Zusammenhang noch die Frage: Was waren aus Ihrem Blick die größten Veränderungen in diesen 35 Jahren? In Ihrem Beruf? Für die Branche?

Sven Unterwaldt: Natürlich war der Sprung vom Analogen ins Digitale ein einschneidender Schritt. Die Hälfte meiner Filme sind auf Zelluloid entstanden. Da musste man ganz anders drehen. In „Siegfried“ zum Beispiel gibt es ein sprechendes Schwein. Damals arbeitete ich mit Animatronics. Ich habe Carlos Miller aus L.A. geholt, der die Schweine für „Ein Schweinchen namens Babe“ trainiert hat, aus Australien ließ ich die Animatronic-Bauer von „Ein Schweinchen namens Babe“ einfliegen. So arbeiteten wir mit einer Mischung aus 17 trainierten Schweinen, die eines spielen mussten, und bei den Nahaufnahmen mit einem Animatronic-Schwein, das von drei Leuten bewegt wurde. Das war eine völlig andere Arbeitsweise im Vergleich dazu, wie man das heute machen würde. Dann ging VFX langsam los… Plötzlich wurde alles möglich im Film. Und Jahr für Jahr hat sich CGI wahnsinnig weiterentwickelt, hat Quantensprünge hingelegt. Bis heute. Da ändert sich die Arbeit sehr, weil man einfach keine Grenzen mehr hat. Heute ist fast alles möglich. Das birgt auch Gefahren. Denn Materialschlachten sind der falsche Weg. Es müssen immer die Geschichte, die Charaktere und Konflikte im Vordergrund stehen. VFX darf nur Mittel zum Zweck sein.

Dazu haben Sie ja eine große Affinität…

Sven Unterwaldt: In der Tat bin ich sehr VFX-affin. Das macht mir einfach großen Spaß. In deutschen Filmen ist das nach wie vor keine Selbstverständlichkeit. Vor allem nicht beim Kinder/Familienfilm.

„Die Werte, die in einer ,Pippi Langstrumpf‘ stecken, gelten heute immer noch, sind zumindest ähnlich.“

Welche Veränderung stellen Sie noch fest über die vielen Jahre Ihrer Karriere?

Sven Unterwaldt: Das Aufkeimen der Streamer hatte einen großen Impact auf die Branche. Das Kino wurde wie in Schockstarre versetzt. Man dachte, das war’s jetzt (mal wieder). Jetzt macht sich wieder ein Wandel hin zum Kino bemerkbar. Denn auch die Streamer haben Probleme, Sky und Paramount haben sich aus dem deutschen Markt verabschiedet, die anderen sind vorsichtiger mit Aufträgen. Im Moment wird weniger produziert. Das merkt man. Im Kinobereich hat sich der Erwachsenenfilm sehr verändert. Alles kommt und geht in Wellen. Es gab die Spoofs wie mit den „7 Zwergen“, wo ich auch dabei war, dann durch Til und andere Comedy für Erwachsene. Jetzt sucht man gerade wieder, es wird viel wiederholt von damals, weil man sich fragt: Was zieht die Erwachsenen noch ins Kino? Das ist bei Kinderfilmen ein bisschen einfacher. Die zu vermittelnden Werte sind geblieben, das Aufgreifen von Kinderfantasien hat sich wenig verändert. Das ist konstanter als beim Erwachsenenfilm. Die Werte, die in einer „Pippi Langstrumpf“ stecken, gelten heute immer noch, sind zumindest ähnlich.

Beim Familienfilm ist es die technische Umsetzung, die sich massiv geändert hat.

Sven Unterwaldt: Total! Da muss man Schritt halten. Man wird leider immer am perfekten Amerika gemessen. Da macht man hier einen Animationsfilm für zehn Mio. Euro und dann darf man sich anhören: Bei Pixar sieht das aber anders aus. Die haben aber auch 200 Mio. Dollar zur Verfügung! Aber das ist dem Zuschauer egal. Das Kinoticket kostet dasselbe. Ich sage daher immer: Mach lieber weniger Effekte, die aber gut.

Bei der Premiere von „Die Schule der magischen Tiere 3“ im Mathäser Filmpalast München (Credit: LEONINE / Andreas Büttner)

Und immer, wie Sie sagten, an die Geschichte denken. Sind Sie so auch bei „Die Schule der magischen Tiere 3“ vorgegangen?

Sven Unterwaldt: Genau. Die Geschichte zwischen den Kindern steht im Vordergrund. Es ging mir nicht darum zu zeigen: Guck mal, wir können auch Krokodil. Die Tiere haben alle eine dramaturgische Wirkung, sind jeweils ein Spiegel ihres Kindes. Darauf kam es an. Dafür mussten die Tiere aber auch gut umgesetzt werden. Allein aufgrund des Budgets hätten wir gar nicht so viele Effektschüsse machen können. In Teil 3 sind es um die 600. 

Was bedeutet das für die Vorbereitung?

Sven Unterwaldt: Die Tiereinstellungen muss man sehr genau setzen. Das ist die größte Herausforderung. Wenn man 200 Mio. Dollar hätte, wäre das egal, da dreht man einfach. Bei einem Film wie „Die Schule der magischen Tiere 3“ kommt es darauf an, seine Hausaufgaben vorher zu machen. Wir haben eine lange Vorbereitungszeit, während der Storyboards, Animatics, Pre-Vis etc erstellt werden… ein sehr langer Weg. Am Set ist dann ganz wenig frei. Man hat seine Storyboards, arbeitet Shot-Listen ab. Gleichzeitig versucht man, den Kindern einen Freiraum zu geben. Technisch anspruchsvolle Dinge wie die magischen Tiere, die etwas sehr Beiläufiges haben sollen in der Art und Weise, wie sie integriert werden, sind das Schwierigste. Sie sollen selbstverständlich wirken. Das ist nicht so leicht. Dieses Beiläufige zu erschaffen, ist schwer. 

„Ich konnte mich bei den Filmen durchaus verwirklichen, weil ich viele Freiheiten hatte. “

Sie haben Teil zwei und drei der „magischen Tiere“ inszeniert. Als Regisseur will man auch seine eigene Handschrift einbringen. Wie schafft man das in einem bereits bestehenden Universum, einem Universum, das auch noch auf einer Buchmarke basiert…

Sven Unterwaldt: Das ist mal leichter, mal schwieriger. Es hängt immer davon ab, mit wem man zusammenarbeitet. Produzent, Verleih und Romanautor:in. Manchmal hat man viel Freiraum, manchmal weniger. Bei Margit Auer hatte ich sehr viel Freiraum. Das Drehbuch von Teil drei habe ich selbst geschrieben. Hier sind nur noch die Figuren und die Namen erhalten. Margit war da sehr cool. Schon beim zweiten Teil. Die vielen Stränge eines Romans müssen im Film immer miteinander zu tun haben und zusammenlaufen. Da ist Margit mitgegangen, ich konnte mich austoben. Beim dritten Teil noch extremer, weil ich ganz neue Stränge aus mehreren Romanen zusammengeworfen habe. Silas und Helene sind aus zwei unterschiedlichen Romanen. Ich fand es toll, den Workingclass-Hero und die schnippische Schönheit aus reichem Hause zusammenkommen zu lassen. Beide machen sich nur was vor. Es geht um Liebe, Eifersucht… Dass Helene Influencerin werden will, um ihre Familie zu retten… Das habe ich mir ausgedacht, auch, weil die Kinder älter geworden sind. Wir können nicht so tun, als wären sie noch elf. In Margit Auers Welt gibt es keine Handys. Das war ein großes Thema. Aber wir müssen im Film zeitgemäß erzählen. Die Botschaft bleibt dennoch bewahrt: Nur in der Gemeinschaft kriegst du die Dinge gelöst, nicht durch das Wahren von Schein in einer Fake-Welt. Insofern konnte ich mich bei den Filmen durchaus verwirklichen, weil ich viele Freiheiten hatte.

Es ist mittlerweile gelernte Sache, Reihen für Family Entertainment im Jahresrhythmus zu machen, weil die Kids so schnell wachsen. Zwischen Teil zwei und drei gab es einen Break von zwei Jahren. Hat das Kopfzerbrechen bereitet?

Sven Unterwaldt: Aber ja! Weil die Kinder sich so verändert haben. Manchmal ist es so, dass ein zweiter Teil schon gedreht wird, wenn der erste noch gar nicht Kinostart hatte, wie im Falle von „Woodwalkers“, wo ich aktuell Teil zwei drehe. In dem Roman bleiben die Kids immer gleich alt. Man hat es bei „Harry Potter“ gesehen. Was haben die gemacht? Die Filme wurden mehr und mehr zu Horrorfilmen, wurden immer erwachsener. Der Bösewicht war dann jemand wie Voldemort. Das kann nicht mehr so ein Kinderbösewicht sein. Man muss den Zuschauern zutrauen, mit den Filmen zu wachsen, mit dem Bösewicht und der Geschichte. Oder neu besetzen. Es darf nicht auseinanderlaufen. Man macht sich also schon viele Gedanken, sind die Kinder zu alt, zu groß, machen die das noch? Ich höre viel zu, probe sehr viel mit den Kindern und frage bei bestimmten Dingen nach: Sagt man das noch, stimmt das so? Ist das zu erwachsen? Ist das „zu lame“? Ich versuche immer, dieses Älterwerden miteinfließen zu lassen. Aber es ist schwer. Jedes Jahr hat man andere Menschen vor sich stehen. 

Sven Unterwaldt mit Produzentin Meike Kordes und Bestsellerautorin Margit Auer bei der Münchner Premiere von „Die Schule der magischen Tiere 3“
(Credit: LEONINE / Andreas Büttner)

Eine Frage mit Blick auf Ihr aktuelles Projekt: Von „Die Schule der magischen Tiere“ ging es direkt weiter zu „Woodwalkers 2“. Auf den ersten Blick vergleichbare Projekte, es ist um Kinder und Tiere… 

Sven Unterwaldt: Ein entscheidender Unterschied zu „Die Schule der magischen Tiere“ ist, dass wir bei „Woodwalkers“ mit echten Tieren drehen. „Woodwalkers“ ist auch ein tolles Universum. Gleichwohl ist der Dreh sehr fordernd, weil wir nicht nur Kinder haben, sondern eben echte Tiere! Beide Projekte haben nur scheinbar Ähnlichkeit. „Woodwalkers“ ist für mich viel näher bei „X-Men“. Da findet ein Junge heraus, dass es noch andere gibt wie ihn, dass es ein geheimes Internat gibt, auf dem nur Kids wie er sind, Gestaltwandler. Bei „Die Schule der magischen Tiere“ haben die Kinder ein Tier als magischen Freund, von dem außerhalb der Gemeinschaft niemand wissen darf. Bei „Woodwalkers“ besteht das Geheimnis um eine Eigenschaft, die man hat und die Frage, was man eigentlich ist, eher Mensch oder eher Tier. Eine spannende Sache!

Das Gespräch führte Barbara Schuster