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Markus Goller & Oliver Ziegenbalg zu „Die Ironie des Lebens“: „Was am meisten zieht, ist die Geschichte“

Schwer machen es einem Regisseur Markus Goller und Drehbuchautor Oliver Ziegenbalg von SunnySideUp nicht, ihre Filme zu mögen. Das traf auf „25 km/h“ und „One for the Road“ zu, das trifft auf „Die Ironie des Lebens“ zu, der heute in die deutschen Kinos kommt. Höchste Zeit also für ein SPOT-Gespräch.

Markus Goller und Oliver Ziegenbalg bei der Weltpremiere von „Die Ironie des Lebens“ in München (Credit: © Warner Bros. / Andreas Büttner)

„Die Ironie des Lebens“ ist ein unverkennbarer SunnySideUp-Film…

Oliver Ziegenbalg: Peter Bogdanovich hat einmal ein Buch veröffentlicht, „Wer hat denn den gedreht?“, wo er in Interviews mit legendären Filmemachern festhält, dass jeder eine ganz eigene Handschrift und unverkennbare künstlerische Identität hat. Man freut sich, wenn man als Filmemacher erkannt wird, den Filmen ansieht, wer sie gemacht hat. Welche Kreativen, welche Crews dahinterstecken. Für mich ist das ein großes Kompliment.

Auch wenn „Die Ironie des Lebens“ klar Ihrer beider Handschriften trägt, hebt er sich doch auch von Ihren Vorgängerfilmen ab. Hat sich das aus Geschichte herausgegeben oder war das eine ganz bewusste Entscheidung?

Markus Goller: Das ist aus der Geschichte heraus passiert. Und es hat nicht nur mit der Geschichte, sondern auch mit der Besetzung zu tun. 

Oliver Ziegenbalg: Vom Schreibprozess hat sich „Die Ironie des Lebens“ nicht anders angefühlt als die anderen Filme. Natürlich wusste ich, dass die Hauptfigur noch mal ein gutes Stück älter ist als unsere Figuren davor, die alle etwas sehr Jugendliches hatten. Der Prozess war aber gleich. Bei Markus und mir muss immer ein Thema stehen, das uns beide interessiert. Das ist unser Ausgangspunkt. Es folgen viele gemeinsame Gespräche. Dann setze ich mich hin und schreibe das Drehbuch zu guter Musik und versuche es so lustig und so traurig wie möglich zu machen.

Corinna Harfouch und Uwe Ochsenknecht in „Die Ironie des Lebens“ von Markus Goller und Oliver Ziegenbalg (Credit: Warner Bros.)

Krankheit und Sterben sind für die meisten nicht unbedingt das, was sie als gute Unterhaltung empfinden. Sie beide machen aber Unterhaltungsfilme. Wie geht man da ran? Wie ist der Ansatz?

Oliver Ziegenbalg: Der Ansatz funktioniert immer bei uns immer über Emotion und Wahrhaftigkeit. Wir sagen nicht: Wir nehmen ein hartes Thema wie Sterben und garnieren das mit Comedy. Erstens steckt es in unserer DNA, jedes Thema auch mit Humor zu erzählen. Selbst das Sterben. Aber eigentlich ging es darum, ganz nah bei den Figuren zu bleiben mit ihrer Art des gegenseitigen Umgangs, mit ihrer positiven Art, aufs Leben zu schauen. Klar erzeugt die Tatsache, dass der Hauptcharakter Comedian ist, selbst auch Humor. Aber wir gehen nicht programmatisch heran. Im Prozess mit „Die Ironie des Lebens“ haben wir gemerkt: Was am meisten zieht, ist die Geschichte, die Beziehung zwischen den beiden, nicht die Comedy-Elemente. Man will die Wahrhaftigkeit und die Nähe zwischen den beiden sehen und will wissen, wie es mit den Kindern ausgeht. Das war die treibende Kraft.

Markus Goller: Es ist einfach eine schöne Geschichte zwischen den beiden. Und Corinnas Figur hat eine außergewöhnliche Herangehensweise an das Thema Sterben, der die Figur sehr speziell macht. Sie ist immer schon eins weiter, ist schon im Licht, ist schon verbunden mit dem next level. Wie Alkohol, den wir in „One For the Road“ thematisiert haben, ist der Tod ein absolutes Tabuthema in unserer Gesellschaft. Man spricht nicht gerne drüber, obwohl er jeden ereilt. Keiner möchte sich darüber austauschen… Da sitzen Menschen um ein Sterbebett herum und versuchen irgendwie zu tun, als ob es nicht so ist. Man könnte sich doch einfach miteinander hinsetzen und sein, einander zuhören und drüber reden oder auch nichts sagen und nur da sein. Aber man sollte es nicht wegreden. 

Der Clou an der Konzeption ist, dass obwohl sie diejenige ist, die stirbt, viel lebendiger wirkt als er. Damit packt der Film, man ist von Anfang an mit dabei…

Oliver Ziegenbalg: Er ist so viel einsamer. Er ist erfolgreich und wird auf der Bühne geliebt. Aber man fragt sich immer: Wie kann man so viel haben im Leben und so wenig draus gemacht haben? Sie dagegen hat so viel und steht viel mehr im Leben als er. Er denkt, dass er sie retten muss. Aber in Wirklichkeit ist er es, der gerettet werden muss.

Eine Offenbarung in dem Film ist Uwe Ochsenknecht ihn mal wieder als echten Schauspieler erleben zu dürfen. Es ist auch eine sehr mutige Rolle. War es schwer, ihn dafür zu begeistern?

Markus Goller: Uwe hat das Drehbuch gelesen und hatte sofort Lust, war Feuer und Flamme. Er war ein toller Partner. Wir haben vor allem viel am Sein gearbeitet, am puren Sein, einfach nur zu Sein, nichts darzustellen. Aber nicht nur Uwe war ein toller Partner, sondern auch Corinna Harfouch. Als sie uns zugesagt hatte, waren wir überglücklich. Sie sagte uns, dass sie die Figur zu 100 Prozent versteht und liebt. Corinna war ein wichtiger Partner für die Energie zwischen allem. Sie hat uns und sicher auch Uwe sehr geholfen.

Oliver Ziegenbalg: Absolut. Die Rolle des Edgar zu spielen, war auch mutig. Einen Comedian darzustellen und lustig sein zu müssen, ist nicht einfach. Das ist ein spezieller Beruf, den nicht jeder ausüben kann. Wenn man so einen Comedian dann „nur“ für einen Film vorbereitet, stecken da natürlich absolut auch Momente des Scheiterns drin. Uwe hat sich mit großem Mut da reingestürzt. Ich bewundere ihn dafür, mit welcher Chuzpe er den Film angegangen ist.

Markus Goller: Uwe ist auch so offen. Er guckt sich die Dinge ganz offen an, schätzt sie für sich ein, und setzt sie um. Der Mut, einfach nur zu sein und sich darauf einzulassen, war fantastisch.

Uwe Ochsenknecht in „Die Ironie des Lebens“ von Markus Goller und Oliver Ziegenbalg (Credit: Warner Bros.)

Sie wagen sich auch auf das Gebiet der Standup-Comedy in diesem Film. Und Sie machen es sehr gut.

Oliver Ziegenbalg: Das freut mich zu hören, weil ich da als Autor durch viele Krisen gegangen bin. Ich dachte mehr als einmal: Nein, ich kann’s eben doch nicht. Man schreibt und fragt sich die ganze Zeit: Ist das lustig, ist das nicht lustig? Letzten Endes ist es auch so gut geworden durch Uwe und Emilia Schüle. Wir hatten Hannes Ringelstetter als Comedy-Coach. Als Autor habe ich Hilfe und Unterstützung gebaucht, um da hinzukommen, wo wir am Ende gelandet sind. Ich habe es ein wenig unterschätzt. Der Beruf des Comedian ist einfach eine ganz eigene Profession, bei der es nicht nur ums Schreiben geht, sondern wo das Verschmelzen des Comedians mit dem Text ebenso wichtig ist, es geht um Timing, das Thema, das die Person in seinem Auftritt als Comedian abhandelt oder als Figur darstellt. Das war ein Lernprozess für Markus und mich. 

Wie inszeniert man Stand-up in einem Film?

Markus Goller: Wie Olli bereits sagte: Man beginnt sich mit Standup zu beschäftigen und merkt schnell, was das für eine absolut unfassbare Kunstform ist, die nur wenigen tatsächlich gelingt. Man kann die schlimmsten Themen auf eine Art und Weise rüberbringen, dass die Menschen lachen müssen. So bleiben sie viel mehr kleben, als wenn jemand nüchtern darüber ablästert. Standup ist eine totale Chance. Aber unfassbar schwierig. Hätte Olli nur für sich selbst geschrieben, wäre es halb so wild gewesen. Aber wenn man für andere Personen schreibt, für Uwe oder für Emilia, ist das komplett anderes. Du musst die Menschen spüren, ausprobieren, wo ist das Timing, wo kommt das her. Wir haben im Prozess einen Underground Club in Berlin gemietet und 60 Leute eingeladen, vor denen Uwe dann auf die Bühne musste. Das waren unsere Try-outs.

Oliver Ziegenbalg: Ein Publikum gemeinsam zum Lachen zu bringen, ist so verdammt hart! Der arme Uwe, der die Leute mit diesen Texten hochpushen musste. Ich war froh, dass ich da nicht stehen musste. Da gehört sehr viel Mut dazu. Da kann man sich vor ihm nur verneigen.

Letzte Frage: Was macht „Die Ironie des Lebens“ zu einem besonderen Film?

Markus Goller: Das Thema und die Art und Weise, wie es erzählt wird.

Oliver Ziegenbalg: Man sehnt sich nach Filmen, die echte Themen, wirkliche Themen emotional und mit einem positiven Blick aufs Leben erzählen. Diese Kombination streben wir an. Bei „Die Ironie des Lebens“ ist die Schere vielleicht am größten gewesen, weil das Thema noch schwerer war und der Approach deshalb noch bolder sein musste. Dass wir als Filmemacher so etwas machen dürfen, ist toll, ein Geschenk. Deshalb stecken wir auch stets viel Mühe und Energie rein.

Das Gespräch führte Thomas Schultze.