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REVIEW TV: „Die Spreewaldklinik“

Am morgigen Freitag startet auf Joyn vorab die neue Daily „Die Spreewaldklinik“, die als Krankenhausserie mit Sina-Valeska Jung und Isabel Hinz in den Hauptrollen ab dem 29. August dann auch werktäglich auf Sat.1 zu sehen ist. Lesen Sie hier unsere Besprechung.

Die Spreewaldklinik
Sina-Valeska Jung (l.) und Daniel Buder in „Die Spreewaldklinik“ (Credit: Sat.1/Hardy Spitz)

CREDITS:
Auftraggeber: Sat.1, Joyn; Produktionsfirma: ndF Hamburg; Executive Producer: Barbara Süvern; Produzent: Johannes Pollmann; Chefautor:innen: Veronika Schütt, Philipp Schneider; Redaktion: Sebastian Börngen, Alexander Stautner, Lena Wickert, Friederike Galley (alle Sat.1); Cast: Sina-Valeska Jung, Muriel Baumeister, Isabel Hinz, Daniel Buder, Daniel Scholz, Jessica Walther-Gabory, Richard Ciuchendea, Karsten Speck; Förderung: Medienboard Berlin-Brandenburg; Joyn-Start: 23.8.24; Sat.1-Start: 29.8.24

REVIEW:
Nachdem „Die Landarztpraxis“ den Weg für den aus Quotensicht abgegrasten Sat.1-Vorabend-Slot bereitete und vor allem auf der Streaming-Plattform Joyn zufriedenstellende Abrufzahlen generierte, ist das Unternehmen ProSiebenSat.1 wieder auf den Daily-Geschmack gekommen. Zwar funktionierte das zweite bestellte Fiction-Format „Das Küstenrevier“ mit dem ermittelnden Till Demtrøder in der Hauptrolle wenig bis gar nicht. Aber ab dem 23. August auf Joyn und ab dem 29. August werktäglich auf Sat.1 startet nun frisch „Die Spreewaldklinik“ durch.

Hinter dem Format steht die Produktionsfirma ndF, die in den 1990er-Jahren mit einem Format wie „Der Bergdoktor“ eine ruhmreiche Vergangenheit mit dem Sender Sat.1 besitzt. In diesem Genre knüpfen die Verantwortlichen um Produzent Johannes Pollmann und den Chefautor:innen Veronika Schütt und Philipp Schneider auch an, wenn sie die Geschichte der Ärztin außer Dienst, Lea Wolff (Sina-Valeska Jung), erzählen, die immer noch von einem Trauma heimgesucht wird. Als Teenagerin wurde sie viel zu früh schwanger, war von der Gesamtsituation überfordert und gab das Kind zur Adoption frei.

Am Anfang von „Die Spreewaldklinik“ unternimmt sie als gestandene Frau den Versuch, in der titelgebenden Spreewald-Region wieder Kontakt aufzunehmen. Ganz unverhofft findet Lea Wolff durch eine Verkettung von schicksalhaften Zufällen die inzwischen 20-jährige Tochter Nico (Isabel Hinz). Allerdings kann sie ihr nicht sagen, wer sie ist, weil sie ansonsten deren neu gewachsene Familie zerstören würde. So beginnt Lea Wolff, die eigentlich in Hamburg lebt, im selben Krankenhaus in der brandenburgischen Provinz als Ärztin, wo ihre leibliche Tochter als Krankenschwester arbeitet.

Die Spreewaldklinik
Isabel Hinz ist die Krankenschwester-Tochter Nico in „Die Spreewaldklinik“ (Credit: Sat.1)

Es ist eine Larger-Than-Life-Melodrama-Prämisse, die auch Stoff für einen guten Thriller geboten hätte, hier aber auf sanfte Weise ein spannender Startpunkt für eine tägliche Wohlfühl-Krankenhausserie ist. Bei der Umsetzung sticht ins Auge, wie wertig die ndF Hamburg das Format für eine Daily umgesetzt hat, seien es die verschiedenen Außen-Locations oder die außergewöhnlich gute Kameraarbeit. Mit der Landschaft des gewässerreichen Spreewalds bietet das Setting eine kontrastreiche Abwechslung zu sonstig gesuchten TV-Motiven wie den geliebten Bergen oder dem geschätzten Meer. Die Sumpflandschaft versprüht sogar ein leichtes kerniges Hillbilly-Feeling in Brandenburg. Es stillt in den Bildern vor allem die Landlust-Sehnsucht von zugebauten Städtern, was die sinnliche Erfahrung der Protagonistin spiegelt. Hier gibt es Weite und Ruhe. „Die Spreewaldklinik“ idealisiert das Landleben bewusst.

Vom Cast her sind die Rollen und Love Interests von den ersten der insgesamt 80 bestellten Episoden klar aufgeteilt. Neben dem Mutter-Tochter-Herzschmerz gibt es für Ärztin Lea Wolff schon in der ersten Episode den Schönling-Oberarzt Erik (Daniel Buder), der eigentlich ständig zur Stelle ist und Hilfe im neuen Umfeld anbietet. Muriel Baumeister spielt die drachenartige, aber sehr kompetente Chefärztin Barbara Berg, während Karsten Speck das Ärzte-Personal als grummeliger einheimischer Zeitgenosse bereichert, der in seiner Genervtheit aber durchaus Witz besitzt.

Die Spreewaldklinik
Muriel Baumeister lauert im Hintergrund (Credit: Sat.1)

Vor allem überzeugen die beiden Hauptdarstellerinnen: Sina-Valeska Jung als Ärztin in der Provinz, die nach dem Trauma von damals Kontakt zur unbekannten Tochter aufbauen will. Jung spielt das souverän zwischen ärztlicher Fachkompetenz, persönlichen Unsicherheiten in einem neuen Ort an neuer Arbeitsstelle mit einer emotional eigentlich komplett überfordernden Situation um die wiedergefundene Tochter. Die Tochter selbst, die Isabel Hinz locker-leicht und überzeugend unbedarft verkörpert, ist der blonde Sonnenschein der Station. Wenn das auch das Publikum überzeugt, könnte das als Konstellation mit den Irrungen und Wirrungen durchaus über eine längere Distanz funktionieren.

Michael Müller