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Kevin Costner zu „Horizon“: „Ich will, dass es alle vier Teile gibt“

Mit „Horizon“ begibt sich Kevin Costner, seit fast 40 Jahren ein Filmstar, seit fast 35 Jahren ein Oscargewinner, auf seine ambitionierteste Reise als Filmemacher: Ein Westernepos mit vier dreistündigen Filmen sollen entstehen. Zwei sind fertig. Teil eins kommt im Verleih von Tobis am 22. August in die deutschen Kinos, Teil zwei am 7. November. Wir nutzten die Gelegenheit, auf den Filmtagen Köln mit der Hollywood-Legende zu sprechen. 

Hollywood bei den FILMTAGEN KÖLN: Kevin Costner kam für „Horizon“ (Credit: André Ruessel Photography/ Großes Kino Merchandise und Event GmbH)

Steven Spielberg hat einmal gesagt: Was immer auch passieren mag, als Regisseur solle man kein eigenes Geld in einen Film stecken. Sie haben es dennoch gemacht. Warum?

Kevin Costner: Es war keine einfache Entscheidung, das steht fest. Aber mir wurde dann bewusst, dass dieser Film nicht stattfinden würde, wenn ich nicht selbst Geld einbringen würde. Also habe ich es gemacht. Ich bereue es nicht. Mein gesamtes berufliches Leben ging es mir immer darum, die Menschen zu unterhalten. Unterhaltung, die etwas zu bieten hat, die vielschichtig ist, aufrichtig, authentisch. Die eine eigene Handschrift hat, die persönlich ist. Die nicht von einem Komitee entschieden wurde. 

Ich kann mir vorstellen, dass es der lästigste Teil des Filmemachens ist, die Finanzierung eines Projekts sicherzustellen. Fällt Ihnen das leicht?

Kevin Costner: Nein, natürlich nicht. Sie sehen ja, wie es läuft. Während wir hier sitzen und reden, arbeite ich hart daran, die Finanzierung des dritten und vierten Teils auf die Beine zu stellen. Es war nicht einfach. Es war ein Kampf. Aber ich finde, es ist die Anstrengung wert. Für mich gibt es wenige Dinge, die ich mehr schätze, als einen Film zum ersten Mal zu sehen. Jeder Film bekommt von mir eine Chance. Ich will für mich entscheiden, ob er mir gefällt oder nicht. Das soll niemand sonst für mich übernehmen. 

„Es war nicht einfach. Es war ein Kampf. Aber ich finde, es ist die Anstrengung wert.“

Ihr Vorhaben, „Horizon“ als epische Erzählung in vier dreistündigen Filmen anzulegen, ist eine starke Ansage. Finden Sie, dass Sie damit ein Statement abgeben?

Kevin Costner: Das Statement besteht nur darin, dass die Geschichte genau diese zwölf Stunden benötigt, um fertig erzählt werden zu können. Deshalb muss ich die Sache auch zu Ende bringen. Man kann eine Geschichte nicht mittendrin abbrechen. 

Aber welche Denke steckt dahinter, für die Geschichte vier Filme aufbringen zu müssen?

Kevin Costner: Mein Mitautor und ich haben uns einfach nur hingesetzt und uns diese Geschichte ausgedacht. Wir haben keine Scheuklappen aufgesetzt, uns keine Limitierungen auferlegt. Als wir fertig waren, waren es vier Filme. Es gab keinen Plan. Es hat sich einfach so ergeben, ganz organisch. Man soll fertigbringen, was man angefangen hat. Mir ist schon klar, dass „Horizon“ irgendwann bei einem Streamer landet. Mir auch klar, dass man die vier Filme über kurz oder lang in eine zwölfteilige Serie zerlegen wird, deren Episoden dann jeweils eine Stunde sein lang werden. Aber ich will erst einmal diese Reinheit. Die Reinheit des Kino. Ich weiß noch, wie ich erstmals „Der Pate“ gesehen habe, im Kino, in seiner ganzen einmaligen Pracht. Wenn ich ihn mir heute im Fernsehen ansehen will, kommen mittendrin 500 Werbespots. Und man nimmt es auf sich, weil man weiß, dass es sich dennoch lohnt, dass da ein großartiger Film läuft, den man einst auf der großen Leinwand gesehen hat, wie er gedacht war. 

Gänsehautmoment: Kevin Costner wählte bei seinem Auftritt den Weg durch die Reihen im vollbesetzten Saal 4 des Cinedom (Credit: André Ruessel Photography/ Großes Kino Merchandise und Event GmbH)

Der Western ist das amerikanischste aller Genres. Im Lauf der letzten mehr als 100 Jahre kann man anhand dieser Filme auch die amerikanische Geschichte dieser mehr als 100 Jahre ablesen. Was sagt „Horizon“ über unsere Zeit aus?

Kevin Costner: Hmm, ich weiß nicht… Hat sich seit der Zeit, in der „Horizon“ spielt, wirklich viel verändert? Sind wir heute nicht immer noch bereit, andere Territorien den Menschen wegzunehmen, die seit tausenden von Jahren friedlich dort leben? Blicken wir auf Taiwan, blicken wir auf die Ukraine, blicken wir auf Afrika. Was haben wir gelernt?

Nicht so viel, scheint mir.

Kevin Costner: Nein, wahrlich nicht… Nicht so viel…

Sowohl als Schauspieler wie auch als Filmemacher werden Sie seit Anbeginn Ihrer Karriere eng mit dem Western in Verbindung gebracht. Sie haben 1985 in „Silverado“ eine Hautrolle gespielt, 1990 haben Sie „Der mit dem Wolf tanzt“ gedreht. Seither sind Sie bis heute, bis „Yellowstone“, bis „Horizon“, dem Western treu geblieben. Hat sich im Lauf der Jahre Ihr eigener Blick auf das Genre verändert?

Kevin Costner: Sie werden lachen. Die meisten Western gefallen mir nicht sonderlich. Ich mag Western, die roh sind, ursprünglich, die zeigen, wie es wirklich war. Ich mag es nicht, wenn sie mit Zucker überzogen sind, wenn sie mir Dinge vorgaukeln, die nicht stimmen. Wenn geschossen wird, passieren schreckliche Dinge. Es gibt immer Kollateralschaden, wenn Menschen miteinander kämpfen. Kugeln sind laut. Man trifft nicht immer das, worauf man zielt. Ich habe das in „Open Range“ gezeigt. Nur sehr wenige Leute im Westen haben tatsächlich andere Menschen getötet. Die es getan haben, wurden gefürchtet. Es ist ein Tabu und war auch damals ein Tabu. Fast ein bisschen wie Kannibalismus. „Was? Du hast jemanden getötet?“ Wenn man ein Mörder war, hatte das Auswirkungen. Man war dann anders. Man roch dann anders. 

„Die meisten Western gefallen mir nicht sonderlich. Ich mag Western, die roh sind, ursprünglich, die zeigen, wie es wirklich war. Ich mag es nicht, wenn sie mit Zucker überzogen sind.“

Jetzt muss ich natürlich fragen: Was ist Ihr persönlicher Lieblingswestern?

Kevin Costner: Es gibt eine Handvoll, die ich mir immer wieder ansehen kann, die einen festen Platz in meinem Herzen haben. „Der schwarze Falke“… „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“… „Bis zum letzten Mann“… Ich liebe ihre Mythologie, sie sind verdammt gut geschrieben… 

Bezeichnenderweise allesamt von John Ford… Fühlen Sie eine Verwandtschaft mit ihm, wofür er stand, wie er Filme gemacht hat?

Kevin Costner: Kann man sagen. Ich fühle mich hingezogen zu der Landschaft, die er abdeckt. Fords Filme verniedlichen nichts. Sie strahlen eine Gewalt aus, sie wirken bedrohlich, auch wenn er von Gemeinde und Zusammenleben erzählt. 

Nicht zu vergessen John Ford selbst, eine mythische Figur, die sich für die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks einsetzte, ein Mann mit Prinzipien… „My name is John Ford, and I make westerns.” Das ist stark.

Kevin Costner: Da kann ich nicht mithalten. 

„Horizon” (Credit: Tobis Film)

Naja…

Kevin Costner: Sagen wir so. Ich versuche, zu mir zu stehen, zu meinen Prinzipien. Ob es mir gelingt, müssen andere entscheiden. Deshalb ist mir „Horizon“ so wichtig. Deshalb will ich diese Geschichte zu Ende erzählen. Es kann nicht mit Teil eins und auch nicht mit Teil zwei enden. Ich will, dass es sie gibt. Das kann mir dann keiner nehmen. Sie sollen existieren. Mir gefällt die Idee dieser vier Filme. Wenn es sie gäbe, wäre das wie eine Reihen von Büchern, die man im Regal nebeneinander hat. Ich hätte „Horizon“ für einen Streamer machen können, die Angebote gab es. Aber das wollte ich nicht. Dafür sind mir diese Filme zu wichtig, ist mir die Geschichte zu wichtig. 

Wie sieht es aus mit Teil drei? Wie weit sind Sie?

Kevin Costner: Ich habe etwa acht Drehtage für „Horizon 3“ in der Tasche. Das ist nicht viel. Aber ich habe gute Hoffnung, dass wir es hinkriegen werden, dass wir im Frühjahr den Rest drehen können. 

Wenn Sie mit allen vier Filmen fertig sind, was würde Ihnen das bedeuten?

Kevin Costner: Es würde bedeuten, dass ich fertigbringe, was ich anfange. Das ist der Mensch, der ich bin. Ich würde nicht sagen, dass ich stur bin oder dickköpfig. Ich habe nur einfach keine Angst. Ich bin kein Narr, glauben Sie mir. Ich weiß, dass es riskant ist, was ich vorhabe. Ich weiß, was mir durch die Finger geronnen, was weg sein könnte. Mir ist klar, dass mich andere für töricht halten und es auch offen sagen. Aber ich kann ihnen nicht Recht geben. Ich finde nicht, dass es stimmt. Ich glaube daran, dass man sich Träume erfüllen muss, koste es, was es wolle. Ich glaube an den kleinen Jungen in mir. Wenn Sie sich „Horizon“ ansehen, dann werden Sie die Szene sehen, in der der Junge zwei erwachsene Männer austrickst, weil er klug genug war, ein Pferd mitgenommen zu haben. Dieser Junge hat sich sein Leben verdient. Neun von zehn Jungs sterben in einer solchen Situation. Er nicht. Das sagt etwas aus. 

Mich spricht Ihre Vision an, mich spricht das Versprechen des Films an.

Kevin Costner: Wissen Sie, was mir an „Horizon“ am besten gefällt? Dass der Film eine Reise ist. Es geht nicht um die Handlung. Es geht darum, diese Menschen zu begleiten, ihnen zuzusehen, was sie machen, wie sie sich verhalten, ihre Menschlichkeit zu entdecken. Mich rührt das an. Das will ich zu Ende bringen!

Das Gespräch führte Thomas Schultze.