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REVIEW KINO: „Adieu Chérie – Trennung auf Französisch“

Verschlungene Beziehungskomödie über ein Paar in den Fünfzigern, das nach seiner Trennung darum kämpft, im Leben wieder Oberwasser zu bekommen. 

CREDITS:
O-Titel: Nouveau départ; Land / Jahr: Frankreich 2023; Laufzeit: 100 Minuten; Regie: Philippe Lefebvre; Drehbuch: Philippe Lebebvre, Maria Pourchet; Besetzung: Karin Viard, Franck Dubosc, Clotilde Courau, Youssef Hajdi, Tom Leeb, Clémentine Baert; Verleih: Happy Entertainment; Start: 22. August 2024

REVIEW:
Adieu Chérie – Trennung auf Französisch“ stellt sich auf greifbare und sinnhafte Weise all jene großen Sinnfragen, denen sich Paare unweigerlich stellen müssen, wenn die Kinder Flügge geworden sind und mit ihrem Auszug eine leere Wohnung zurücklassen: Eine leere Wohnung, die symbolisch stehen könnte für ein Leben, das leer geworden ist und mit neuem Sinn gefüllt werden muss. Die entscheidende Frage dabei: Was macht das mit unserem Leben? Basierend auf dem argentinischen Erfolgsfilm „El amor menos pensados“, sucht Regisseur Philipp Lefebvre, der gemeinsam mit Maria Pouchet auch das Drehbuch geschrieben hat, sehr französisch anmutende Antworten, frei von moralischem oder ethischem Dünkel, sondern ganz unmittelbar geschält aus mehr als 50 Jahren Lebenserfahrung.

Franck Dubosc und Karin Viard in „Adieu Chérie“ von Philippe Lefevre (Credit: Happy Entertainment)

Alain und Diane sind als Ehepaar mit 30 gemeinsamen Jahren auf dem Buckel keine naiven Menschen. Sie sind fest verankert in ihren Leben und ihrem Freundeskreis. Und vor allem für Alain, der als Pianist eines Sinfonie-Orchesters auch erfolgreich seinem Beruf nachgeht, besteht eigentlich keine Frage, dass er seine Diane noch ebenso liebt wie am ersten Tag. Bei ihr ist es nicht ganz so einfach. Sie hadert. Mit ihrem Beruf: Ein junger Kollege hat bei der Beförderung zu einem Chefredakteursposten eines Lifestyle-Magazins den Vorzug vor ihr bekommen, obwohl sie unverkennbar geeigneter für den Posten gewesen wäre. Die Abreise ihres Sohns nach Tokio zieht ihr endgültig den Boden unter den Füßen weg: Längst schon prallt Alain mit seiner mitfühlenden Art an ihr ab. Sie nimmt ihn nicht mehr ernst. Als aus einer albernen Spielerei mit ihrem neuen Vorgesetzten eine handfeste Affäre wird, gerät die Ehe aus den Fugen. Trennung. Neuanfang. Nur wie?

Immer wieder kreuzen sich die Wege der beiden einstmals Untrennbaren. Immer wieder nehmen sie Maß, wie es ihnen geht, was in ihrem Leben vorgeht, was um sie herum passiert. Der Film registriert es mit stillem Humor und leiser Wehmut: Das ist toll gespielt von – besonders – Karin Viard, die natürlich mit Mitte Fünfzig auch noch absolut atemberaubend aussieht und sich entsprechend auch mutig mit viel Haut zeigt. Franck Dubosc hat die schwierigere Rolle, weil Alain der ruhigere, unauffälligere Typ ist. Wenn der Film also manchmal lockerer vor den Augen des Zuschauers vorbeifließt, als es ihm manchmal guttut, dann liegt es nicht an den Schauspielern, sondern an der Harmoniesucht des Regisseurs: Etwas zupackender könnte der eine oder andere Konflikt schon sein. Aber vielleicht ist genau das die Stärke von „Adieu Chérie“: Er will eben kein Melodram, seine Handlung künstlich hochkochen. Er will einfach nur die Nähe zu den Figuren, die er offenkundig in sein Herz geschlossen hat. Und die man auch als Betrachter sofort mag. Was vielleicht der Grund ist, warum die Geschichte am Ende Gnade mit Alain und Denise hat. Und sie wieder verliebt sein lässt wie an Tag eins, Versöhnung auf Französisch. 

Thomas Schultze