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Dr. Herbert Kloiber zum Start von „Those About to Die“: „Wirklich großes Kino!“

Low quantity but high quality. Das hat sich High End Productions auf die Fahne geschrieben. Wir sprachen mit Dr. Herbert Kloiber anlässlich des Starts der kolossalen Highend-Serie „Those About to Die“, der ersten Produktion des Joint-Ventures mit Constantin Film.

Dr. Herbert G. Kloiber (Foto: High End Productions)

Heute feiert „Those About to Die“ auf Prime Video Premiere. Ist alles so geworden, wie Sie es sich anfangs erträumt und vorgestellt hatten? Es ziehen ja doch einige Jahre ins Land, von der Entwicklung über den Dreh hin zur Fertigstellung. Außerdem galt es, 160 Millionen Dollar zu finanzieren…

Dr. Herbert Kloiber: Ich muss sagen, viele meiner Ängste und Befürchtungen sind nicht eingetreten. Das Budget wurde eingehalten, der Zeitplan wurde eingehalten. Das Resultat ist meiner Ansicht nach wirklich exzellent. Ich bin durchaus stolz, eine zehnteilige Serie dieser Dimension unter diesen Imponderabilien realisiert und wie von Prime Video gewünscht in zehn Sprachfassungen pünktlich abgeliefert zu haben. In Zeiten von Covid gedreht, in Zeiten von Schauspielerstreiks, definitiv in allen Richtungen bewegten Zeiten, haben wir immerhin 160 Mio. Dollar ins Ziel gebracht. Jetzt ist sozusagen die Geburtsstunde.

Mit Ihrem Erfahrungsschatz könnte Sie wahrscheinlich sowieso nichts mehr ins Schwitzen bringen, oder?

Dr. Herbert Kloiber: Als mich die Nachricht erreichte, dass Roland Emmerich Covid hat, kam ich durchaus ins Schwitzen. Das sind Dinge, die nicht versicherbar sind, außerdem denkt man auch an die vielen Menschen, die am Set stehen. Zum Glück hatte Roland Emmerich mit Marco Kreutzpaintner einen sehr kongenialen Koregisseur, der ihm viel abgenommen hat und dann auch eingesprungen ist und überhaupt einen ganz hervorragenden Job gemacht hat! Marco Kreuzpaintner ist in der reinen Fernsehbildsprache sogar der Erfahrenere. Roland Emmerich steht für Kinobilder, die großen, epischen Erzählungen. Ich habe die Serie kürzlich auf einer großen Leinwand gesehen. Und ich muss sagen: Sie ist wirklich großes Kino!

„Those About to Die“ (Credit: Matteo Graia/PEACOCK)

Haben Sie schon alle zehn Folgen durchgebingt?

Dr. Herbert Kloiber: Ja, das habe ich. Es gibt übrigens insgesamt drei Fassungen. Die Prime-Fassung, die ausführlicher ist, dann gibt es eine Free-TV-Fassung, die sich nach der FSK richtet, und in manchen Ländern gibt es eine leicht gekürzte TV-Fassung, weil das für deren Slotting wichtig ist. Die eine oder andere Folge hat 52 Minuten, die andere 48 Minuten…. Eine Stunde ist leider auch nie eine Stunde.

Die Devise Ihrer High End Productions könnte man gut mit low quantity but high quality beschreiben. „Those About to Die” hat die Messlatte definitiv hochgelegt. Denken Sie mit Ihren Partnern bereits über eine Fortsetzung nach?

Dr. Herbert Kloiber: Natürlich! Seit dem 18. Juli läuft die Serie bei NBC/Peacock. Der Sender hat ein gutes Drittel der Finanzierung beigesteuert. Der Erfolg bei NBC wird in circa acht Tagen gemessen sein. Sie haben unsere Serie bewusst vor den Olympischen Spielen in Paris, die in den USA auch bei NBC/Peacock gezeigt werden, programmiert, weil es doch gewisse Parallelen gibt: Die Ablenkung durch Spiele und Sport in der Antike ist im Grunde nicht viel anders als heute. Ob NBC gerne bei einer weiteren Staffel mitmachen würde, werden wir also in kurzer Zeit wissen. Entsprechend würden wir uns mit Prime Video in den Kernländern besprechen. Es entscheidet sich sicherlich vor dem 1. September, ob es weitere zehn Folgen geben wird.

„Risikoreich ist und bleibt das Produzieren immer.”

Ich drücke die Daumen! Die Zeiten sind ja nicht leichter geworden…

Dr. Herbert Kloiber: Wenn wir wieder in Italien drehen würden, was man fast müsste, aufgrund des unglaublichen Aufwands mit den Bauten, den Kostüme etc., müsste die italienische Steuersubvention auch ähnlich gelagert sein, wie sie bei Staffel eins war. Das ist sie zurzeit nicht. Der Regierungswechsel, der stattgefunden hat, und die fiskalen Nöte, die zu bestreiten sind, erlauben Italien aktuell nicht, die Incentives, wie wir sie zuletzt beim Produzieren in Cinecittà hatten, zu gewähren. Deswegen müsste man erst einmal abwarten, wie groß das finanzielle Loch werden würde und ob man unter Umständen mit der ganzen Produktion woanders hinziehen müsste.

In Ihrer langjährigen, sehr erfolgreichen Karriere haben Sie den Markt in all seinen Höhen und Tiefen erlebt. Wie sehen Sie sich mit Ihrem Selbstverständnis als Produzent denn in der aktuellen Marktlage? 

Dr. Herbert Kloiber: Wenn ich den Markt von heute in dem Abstand von vor drei Jahren erkennen hätte können, wäre die High End vielleicht nie geboren worden. 

Bereuen Sie es etwa?

Dr. Herbert Kloiber: Nein! Gar nicht. Wir sind ja mit „Those About to Die“ durch. Und wenn es partout nicht besser wird im Markt, muss man auch nicht mit dem Kopf durch die Wand. Wir sind kein Unternehmen, das mit 1000 Angestellten auf kontinuierlichen Produkt-Flow angewiesen ist. Wir wägen ab, wenn es so weit ist. Das wird im vierten Quartal dieses Jahres sein. Es gibt natürlich auch kleinere Projekte, die man realisieren könnte, die deswegen immer noch nicht die „kleinen Fernsehspiele“ sind. Projekte, wie wir sie früher mit „Moby Dick“, „Seewolf“ oder „Night Manager“ gemacht haben, kann ich mir immer noch vorstellen. Auch wenn es nicht mehr diese ganz extravagant großen Budgets sind.

„Those About to Die“ mit Jóhannes Haukur Jóhannesson und Moe Hashim (Credit: Reiner Bajo/Peacock)

Haben Sie denn bereits etwas Neues angeschoben?

Dr. Herbert Kloiber: Ich beschäftige mich seit einer Weile mit einem Zweiteiler über Maximilian I., dem ehemaligen Kaiser von Mexiko. Den möchte ich immer noch gerne machen. Die Drehbücher von William Boyd liegen in der zweiten Fassung vor. Jetzt müsste ich mich auf Wanderschaft nach Mexiko begeben und Ausschau halten, mit wem man das kofinanzieren könnte. Die Sache ist ein bisschen schwierig, weil die Mexikaner Maximilian natürlich in einem ganz anderen Licht sehen. Zudem spielen die Amerikaner und die Franzosen auch eine große Rolle in dem ganzen Spiel. 

Nachdem Sie Ihre Firmen alle verkauft hatten und sich eine zweijährige Pause gegönnt haben, sind Sie 2021 mit der High End im Verbund mit der Constantin zurückgekehrt. Die Branche lässt Sie offenbar nicht los. Was macht Ihnen denn persönlich am meisten Spaß am Job des Produzenten?

Dr. Herbert Kloiber: Dass Dinge, wenn sie richtig vorangeschoben werden, einfach auch zusammenkommen. Es ist immer eine große Aufgabe, dass sich fünf oder sechs Gleichgesinnte finden, die sich gleichzeitig aufraffen, Ja zu sagen. Ich habe meine Rolle in all diesen Dingen immer als eine Art Katalysator gesehen, dass man zwischen vier oder fünf Fernsehsendern, Investoren oder Studios die Dinge auf den Punkt bringt, dass alle mit Begeisterung sagen: Das probieren wir jetzt mal! Risikoreich ist und bleibt das Produzieren immer. Das ist keine Frage. Es gibt sicherlich Tätigkeiten, die ein berechenbareres Ende haben als dieses. 

Sich im Schaukelstuhl zurückzulehnen zum Beispiel und nichts tun.

Dr. Herbert Kloiber: Das käme für mich jetzt noch nicht in Frage – obwohl ich schon elder statesman bin. Zwei Jahre gebe ich mir noch. Dann schauen wir mal.

Das Gespräch führte Barbara Schuster