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REVIEW KINO: „Ich – Einfach unverbesserlich 4“

Nächste Runde des unverbesserbaren Erfolgsfranchise aus dem Hause Illumination.

CREDITS:

O-Titel: Despicable Me 4; Land/Jahr: USA, 2024; Laufzeit: 94 Minuten; Regie: Chris Renaud, Patrick Delage; Drehbuch: Mike White, Ken Daurio; Verleih: Universal Pictures; Start: 11. Juli 2024

REVIEW:

Gerade erst sorgte der Pixar-Hit „Alles steht Kopf 2“ für ein Kino-Sommermärchen, schon kommt Illumination mit der Fortsetzung des erfolgreichsten Animationsfranchise aller Zeiten ins Spiel. Mit den drei „Ich – Einfach unverbesserlich“-Filmen und zwei „Minions“-Spin-offs hat das junge Studio weltweit bislang 4,6 Milliarden US-Dollar eingespielt. Sieben Jahre nach „Ich – Einfach unverbesserlich 3“ und zwei Jahre nach „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ kommt nun der neueste Blockbuster-Streich mit allem daher, was dazu gehört, um den vor 14 Jahren ausgelösten Hype wieder anzukurbeln: die groteske Hauptfigur, die irgendwie zwischen James Bond und Peter Sellers schwankt, die hyperaktiven, pillenförmigen Minion-Quälgeister, das PG-Rating, der Soundtrack von Superstar Pharrell Williams und ein bisschen 80er-Jahre-Nostalgie. Die Kindercharaktere sind unverändert supersmart und superniedlich, insbesondere der neugeborene Nachwuchs und die einhornige Babyziege aus dem dritten Teil, und „White Lotus“-Showrunner Mike White und Ken Daurio („Ich – Einfach unverbesserlich 1-3“, „Pets“) haben mit ihrem Drehbuch dem subversiv-schrägen Humor noch eine Prise Zynismus und Scharfsinn hinzugefügt. Damit sprechen sie gezielt die jungen Fans an, die inzwischen Teenager sind, und die, die mittlerweile selbst Kinder haben. 

„Ich – Einfach unverbesserlich 4“ (Credit: UPI / Illumination)

Die Handlung ist allerdings schnell erzählt, sie lässt vor allem viel Zeit und Raum, in dem sich die Animationskoryphäen Chris Renaud, der schon bei den ersten beiden Filmen der Reihe Regie führte, und Patrick Delage („Ratatouille“, „WALL-E“) nach Herzenslust austoben können. Es beginnt mit einem klassischem „007“-Opener, der ehemalige Superschurke und Ex-Spion Gru rast im schnittigen Agentenwagen auf kurvigen Bergstraßen zu einem Klassentreffen. Dort trifft er auf seinen verabscheuungswürdigen Erzfeind Maxime Le Mal, eine Art Influencer des Bösen mit passender Kim-Kardashian-ähnlichen Entourage, der noch eine Rechnung mit Gru zu begleichen hat. Die Dinge eskalieren, der Chef der Verbrechensbekämpfungsorganisation schickt die ganz Familie – Gru, seine Frau Lucy, die drei Adoptivtöchter, das Baby Gru Junior und ein paar getreue Minions – ins Zeugenschutzprogramm und in ein bescheidenes Safe House in der blumigen Vorstadt Mayflower. Hier soll sich Gru als Vertreter für Solarmodule im rosa Polohemd unauffällig verhalten, was natürlich mehr schlecht als recht funktioniert, das fiese Nachbarsmädchen Poppy will seine Identität auffliegen lassen, Le Mal erfindet eine Waffe, mit der er sich in eine überdimensionale Kakerlake verwandelt, und droht damit, Gru Junior zu entführen. In einer Nebenhandlung macht ein Test mit einer Art radioaktiver Substanz im Hauptquartier der „Anti Villain League“ aus einer Handvoll Minions eine gelbe Superhelden-Liga, und bevor diese zur Baby-Befreiung ausrückt, gibt es eine irrwitzige Actionsequenz, in der fünf Mega-Minions mit grandios gescheiterten Rettungsaktionen in bester Marvel-Comic-Manier die Stadt New York City zerlegen. 

Man kommt dann aus dem Staunen nicht mehr heraus, als die Geschichte Fahrt aufnimmt, das Produktionsdesign ist schärfer als die Realität, keine Gelegenheit wird ausgelassen, um eine unglaubliche Fülle an Details zu präsentieren: ein bis an den Bildrand mit Product Placement gefüllter Supermarkt, üppig blühende Vorgärten, Großstadtfluchten, Wolkenkratzer, beängstigend realistisch einstürzende Neubauten – der Film ist geradezu ein Showcase für Illumination Entertainment. Alles ist in Bewegung, ständig passiert irgendetwas im Hintergrund, das Drehbuch sprüht vor Witz und Ideen, ein in einem Snackautomaten eingesperrter Minion wird zum Running Gag, geschmolzener Emmentaler zur Waffe, ein wild gewordener Dachshund sorgt wie ein Verwandter von Pepé Le Pew für eine Verfolgungsjagd à la „Looney Tunes“, und am Ende siegt Vaterliebe über Kakerlakisierungskanonen. Herz, Verstand und Gefühl kommen dabei etwas zu kurz, vor allem im Vergleich zu den übrigen Hits des Franchise. Aber das entspricht wohl einfach nur dem zeitgemäßen Ansatz, der sich manchmal eben ein bisschen wie eine Endlosschleife von Tiktok-Videos anfühlt. 

Corinna Götz