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REVIEW TV: „The Legends of Paris”

Den Auftakt der beim Branchenevent Unifrance Rendez-Vous in Le Havre in den Fokus gestellten französischen TV- und Streaming-Produktionen machte am Dienstag die berauschende Doku-Animationsserie „The Legends of Paris“, die in Deutschland auf Arte laufen wird.

The Legends of Paris
The Legends of Paris (Credit: Silex Films, Arte France)

CREDITS:
Regie: Amélie Harrault; Buch: Amélie Harrault, Valérie Loiseleux, Céline Ronté; Produktion: Silex Films, Arte France; Executive Producer: Judith Nora, Priscilla Bertin; Animation: Juliette Peuportier; Erzählerin: Cécile de France; Länge: 4 Episoden (je 52 Minuten); Unifrance Rendez-Vous Premiere: 3.9.24

REVIEW:
Das französische Branchenevent Unifrance Rendez-Vous in Le Havre hat eine interessante Entscheidung getroffen, nur einige ausgewählte Serienproduktionen mit einer Kinovorführung in den Fokus zu rücken. Den Auftakt machte am Dienstag die animierte Arte-Dokuserie „The Legends of Paris“, die eine genresprengende und berauschende Seherfahrung ist, aber mit dem deutsch-französischen Sender Arte auch genau die richtige TV-Heimat für dieses Thema hat.

Sechs Jahre schrieben die Macherinnen und Macher um Regisseurin Amélie Harrault an „The Legends of Paris“ über die größten französischen Künstler des 19. Jahrhunderts wie Victor Hugo, Honore de Balzac oder Alexandre Dumas, die dann in einem aufwendigen zweijährigen Animationsprozess Gestalt annahmen. Entstanden ist dabei eine atemberaubende Mischform aus Dokumentation und Fiktion, die weit über das normale Doku-Drama hinausgeht, weil nicht zwischen Doku- oder Fiction-Elementen zu trennen ist, sondern das Ganze erzählerisch aus einem Guss und mit einer Erzähllinie umgesetzt ist.

Dabei nutzten die 2D-Animationskünstler die Bildsprache der damaligen Maler, die wie in der Literatur vom Klassizismus zur Romantik übergingen. Einerseits gehen einem die Augen wegen der Stile und berühmten Gemälde-Vorbilder über. Andererseits wird auch auf zeitgenössische Musik des 19. Jahrhunderts wie zum Beispiel von Hector Berlioz zurückgegriffen. Die Gruppe um Victor Hugo und Alexandre Dumas werden als stürmische Jugendbewegung in Paris erzählt, die sich an Shakespare-Aufführungen berauschte, künstlerisch auf die Barrikaden stieg und auch stärker von der deutschen Romantik inspiriert wurde.

The Legends of Paris
Die animierten Legenden von Paris des 19. Jahrhunderts (Credit: Silex Films, Arte France)

Der Fokus der vierteiligen Doku-Serie liegt zumindest in der ersten gezeigten Episode klar auf den männlichen Künstlern der damaligen Zeit, die insgesamt in die Zeitabschnitte 1827 bis 1832 („The Romantic Revolution“), 1834 bis 1848 („Life as a Novel“), 1848 bis 1855 („Romantic Twilight“) und 1855 bis 1871 („The Era of Emancipation“) unterteilt ist. Aber in der Originalfassung ist die berühmte französische Schauspielerin Cécile de France die sehr leidenschaftliche und gute Erzählerin. Und schon in der ersten Episode kommt auch die weibliche Persönlichkeit Aurore Dupont vor, die sich aufgrund der Engstirnigkeit der damaligen Zeit als Mann verkleiden musste, sich das Pseudonym George Sand zulegte und so zu den Unterstützerinnen und Teil dieser Strömung wurde.  

Produzenten von „Legends of Paris“ sind Silex Films und Arte France. Potenziell ist die Serie „Legends of Paris“ etwas für internationale Einkäufer, die durch ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag auch einen Bildungsanspruch mitbringen. Ansonsten ist es ein beeindruckendes Kunstwerk geworden, das bei kommerziellen Anbietern aber eher weniger Interesse hervorrufen wird. So hat Arte Distribution bereits Pre-Sales-Deals für Mexiko (TV Unam), Neuseeland (The Arts Channel), die Schweiz (SRF), Kroatien (Hrvatska radiotelevizija), Montenegro (Radio and Television), Georgien (LEPL Public Broadcaster) und Griechenland (Hellenic Parliament TV) eingetütet.

Michael Müller