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REVIEW STREAMING: „Beverly Hills Cop: Axel F“

Später vierter Teil des legendären Eighties-Franchise, in dem Axel Foley älter, aber nicht unbedingt weiser geworden ist.

CREDITS:
O-Titel: Beverly Hills Cop: Axel F.; Land/Jahr: USA, 2024; Laufzeit: 115 Minuten; Drehbuch: Tom Gormican, Will Beall, Kevin Etten; Regie: Mark Molloy; Besetzung: Eddie Murphy, Judge Reinhold, John Ashton, Paul Reiser, Bronson Pinchot, Taylour Paige, Joseph Gordon-Levitt, Kevin Bacon; Plattform: Netflix; Start: 3.7.2024

REVIEW:
Es dauert nur eine Sekunde und einen Synthesizer-Ton, und man weiß, dass „Beverly Hills Cop: Axel F“ genau der Film ist, den man erwartet und auf den man gewartet hat. Er ist alles, was Eddie Murphys bahnbrechende Actionkomödie schon 1984 war, er ist Fortsetzung und Reboot zugleich, und er ist wie ein Wiedersehen mit einem alten Freund nach sehr langer Zeit, der sich im Großen und Ganzen nicht verändert hat, noch immer die gleichen Geschichten erzählt, die gleichen Sprüche auf Lager hat, aber eben auch älter geworden ist. Vierzig Jahre, nachdem es ihn in „Beverly Hills Cop – Ich lös’ den Fall auf jeden Fall“ das erste Mal als streetsmarten Cop von Detroit nach L.A. verschlagen hat, ist Axel Foley immer noch Axel Foley, Eddie Murphy immer noch Eddie Murphy, die Sprüche kommen ihm nicht mehr so schnell über die Lippen, aber die Detroit-Lions-Jacke sitzt weiterhin wie angegossen. 

„Beverly Hills Cop: Axel F.” (Credit: Melinda Sue Gordon/Netflix ©2023)

Was Murphy nicht so passte, war „Beverly Hills Cop III“, der die Reihe schon 1994 beenden sollte, und vom Publikum und von der Kritik mit Recht verschmäht wurde. „Beverly Hills Cop: Axel F“ soll nun – endlich – die Würde des Millionen-Franchise wiederherstellen, mit dem Superstar Murphy Popkulturgeschichte schrieb und sich selbst als „Black King of Hollywood“ etablierte – als Kassenmagnet, unverschämt, clever, das breiteste Lachen der Kinogeschichte, der derbste Komiker der 1980er, dessen larger-than-life-Filmcharakter das schickste, weißeste Viertel von L.A. aufmischte und rassistische Cops zur schwarzen Kultur bekehrte. Nach mehr als zwei Jahrzehnten in der Entwicklungshölle, personellen und inhaltlichen Richtungsänderungen und Finanzierungsproblemen, gibt es nun einen Streaming-Release bei Netflix, mit Jerry Bruckheimer als Produzent, einem Drehbuch von Will Beall („Bad Boys: Ride or Die“), Tom Gormican und Kevin Etten („Massive Talent“), Regie führte erstmals der Werbefilmer Mark Molloy. Zur Ehrenrettung von Axel Foley sind außerdem fast alle Hauptdarsteller des ersten Teils angetreten – sowie die halbe Stadt Detroit. 

Womit es dann auch schon wieder losgeht: Foley ist immer noch auf den Straßen der Motor City unterwegs, jeder kennt ihn, jeder zweite streckt ihm den Mittelfinger entgegen, und immer noch gibt es den weißen Cop, der auf seinen subversiven Humor hereinfällt und ihm hier dabei helfen darf, einen nicht weiter relevanten Raubüberfall in der Eishockey-Arena zu verhindern, was damit endet, dass Foley in den ersten zehn Minuten des Films mit einem Schneepflug die halbe Stadt plattmacht. Sein Ex-Partner und nun Vorgesetzter, Jeffrey Friedman (immer noch Paul Reiser), hält daraufhin noch einmal seinen Kopf für ihn hin und muss dafür vorzeitig in den Ruhestand – womit sich andeutet, dass der Held 2024 nicht mehr mit allem so leicht davonkommt. Doch Totgesagte leben länger, und so taucht Axels 90210-Buddy Billy Rosewood alias Judge Reinold wieder auf, der mittlerweile im Guns’N’Roses-T-Shirt als Privatdetektiv ermittelt – in einem Fall, in den auch Foleys Tochter Jane (Taylour Paige) verwickelt ist. Ja, der alte Freund Axel Foley hat eine Tochter, und mit diesem Reveal schlägt das Drehbuch tatsächlich eine für das Franchise ungewohnte Richtung ein: Zum ersten Mal steht für Axel etwas auf dem Spiel, das für ihn persönlich von Bedeutung ist. Dass Jane von ihrem Vater entfremdet und unter einem anderen Nachnamen in L.A. lebt, erklärt sich damit, dass Axel in Detroit irgendjemanden auf der falschen Seite des Gesetzes angepisst und seine Tochter in Gefahr gebracht hat. Inzwischen ist Jane Strafverteidigerin und setzt sich für ein Mitglied des mexikanischen Drogenkartells ein, dem – wie Rosewood herausgefunden hat – der Mord an einem Undercover-Polizisten in die Schuhe geschoben werden soll. Offenbar gibt es ein paar gut organisierte Dirty Cops, die etwas dagegen haben, dass Jane die wahren Täter findet, und die buchstäblich schweres Geschütz auffahren, um sie unter Druck zu setzen, ohne zu ahnen, wen sie damit zurück nach Beverly Hills locken.

Kaum dort angekommen, wo ihm sein Ruf vorauseilt, crasht Foley in bester Foley-Manier den Touristenverkehr auf dem Rodeo Drive und wird – von zwei schwarzen Polizistinnen! – in Handschellen abgeführt. Weil sich Detective Bobby Abbot (Joseph Gordon-Levitt), der zufällig Janes Exfreund ist, nicht von Axels üblicher Masche einwickeln lässt wie es seine Vorgänger in den Jahren 1984, 1987 und 1994, getan haben, braucht Foley einen Rechtsbeistand, und Jane muss widerwillig ihren Vater aus dem Polizeigewahrsam befreien – „things have changed“. Das Police Department wird mittlerweile von Captain Grant geleitet, und da dieser von Kevin Bacon gespielt wird, kann man davon ausgehen, dass er der korrupteste aller Cops ist, womit man als Zuschauer den Fall auf jeden Fall gelöst hat. Man kann sich daher im Folgenden darauf konzentrieren, wie er die Beziehung zu seiner Tochter wieder in Ordnung bringt und nebenbei Billy rettet, der bei seinen Nachforschungen in die Fänge des Kartells geraten ist. In dem Moment, in dem die Story dann doch etwas zu vorhersehbar wird, liefert das Drehbuch eine Reihe klassischer Bruckheimer-Stunts und grandiose Car-Chase-Action mit Beteiligung eines Hubschraubers und eines Killerkommandos wie aus „Breaking Bad“. Es gibt ein Wiedersehen mit „Beverly Hills Cop“-Regulars wie Bronson Pinchots Serge, Detective John Taggard (John Ashton) wird aus dem Ruhestand zurückgeholt, und sogar die Hotel-Concierge des ersten Teils steht wieder am Check-In. Foley wird von Jane mit den eigenen Waffen geschlagen und muss ihr den Vortritt lassen, wann immer er sich mit seiner üblichen Geschwätzigkeit irgendwo Informationen oder Einlass verschaffen will, sowieso arbeitet scheinbar jeder Polizist und Gangster mit seinen Tricks, und schließlich muss er sich auch noch von Kevin Bacon belehren lassen, wie Axel Foley tickt und eine gute Story funktioniert. Bacons over-the-top korrupter Cop ist vor allem Subtextlieferant, der sich irgendwie auf einer Metaebene durch die Story bewegt, ebenso wie Luis Guzmáns Karaoke-singender Kartellchef, dessen sehr lustiger Cameo-Auftritt eigentlich nur dazu dient, die Befreiung von Billy Rosewood noch ein bisschen hinauszuzögern. 

Einige Dialogzeilen sind eher Lagebeschreibungen als Pointen, sehr oft wird bestätigt, dass sich manche Dinge nie ändern oder alternativ festgestellt, dass sich die Welt verändert hat oder Foley nicht mehr 22 ist. Die alten Gags zünden auch 40 Jahre später noch immer am besten, die Altersgebrechen von John Taggard und die Taggard-Rosewood-Dynamik sind weiterhin ein charmanter Running Gag, man freut sich über jede Wiederholung eines ikonischen „Get out of here“/„Foley, get your ass in here“/„I’m at the police station and arrested“ und über jeden Einsatz des Titelsongs, der wie 1984 vom Anfang bis zum Ende des Films durchgezogen wird, in der Original-Harold-Faltermeyer-Version. Als Bonus gibt’s zum Abspann die Hip-Hop-Variante von Lil Nas X., ansonsten haben sich Hall & Oates („Maneater“), Billy Idol („Hot in the City“) und Bob Seger („Shakedown“) ebenfalls unversehrt auf dem Soundtrack gehalten. Axel Foley muss einige Lektionen in Demut lernen, seiner Lässigkeit werden Grenzen gesetzt, und seine Tochter davon zu überzeugen, dass er nicht nur wegen der Action nach Beverly Hills gekommen ist, wird zum schwierigsten Fall seiner Karriere. Man könnte meinen, dass er sich danach tatsächlich würdevoll zur Ruhe setzen kann. Wäre da nicht die hinreißende Schlussszene, die einem auch sehr bekannt vorkommt, und mit der im Grunde genommen schon einmal alles begonnen hat, und die Nachricht, dass bereits an einem fünften Teil gearbeitet wird. Aber selbst, wenn man Eddie Murphy dann am Krückstock über die Straße helfen muss – und um noch einmal mit Axel Foley zu sprechen – „It’s gonna be fantastic, trust me“.

Corinna Götz