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RP Kahl zu „Die Ermittlung“: „Eine klare Haltung zur Geschichte“

RP Kahl beschreibt in einem exklusiven Gastbeitrag für SPOT media & film die Entstehung des Filmes „Die Ermittlung“ in seiner Regie, der am 6. Juli 2024 beim Filmfest München in der Sektion Spotlight Uraufführung feiert und anschließend ab 25. Juli durch Leonine Studios in die deutschen Kinos kommt.

Regisseur RP Kahl (Credit: Sammy Hart)

Mitte Mai 2022 erhielt ich während des Festivals in Cannes vom Produzenten Alexander van Dülmen eine SMS. „Ob ich vor Ort wäre und Zeit für ein Treffen hätte? Und ob ich mit Peter Weiss’ Theaterstück ,Die Ermittlung‘ etwas anfangen könne?“ Beides konnte ich bejahen. Ich hatte gerade als Professor meinen Studenten einen der für mich stärksten Filme über Auschwitz gezeigt: „Nacht und Nebel“ von Alain Resnais aus dem Jahr 1956. Zwar waren die Studenten sehr geschockt von dem, was sie sahen. Aber die Art des Films erreichte sie nicht mehr. Ich fragte mich, wie müsste ein Film mit diesem Thema aktuell und heute aussehen, um Menschen zu erreichen, die sich bisher wenig oder gar nicht mit der Thematik Holocaust und Zweiten Weltkrieg auseinander gesetzt haben? Wie schafft man es, dass Emotion aber auch Erkenntnis und Wissen erzeugt werden? Ich überlegte schon länger, wie eine aktuelle Erinnerungsarbeit in Ausstellungen, Mahnmalen, Gedenkstätten, ggf. auch mit filmischen Mitteln, aussehen könnte? Daher konnte ich Alexander van Dülmen antworten: „Ich kann sehr viel damit anfangen.“

Natürlich dachte ich nach, wie ich mich zu den Filmen verhalte, die bislang schon über den Nationalsozialismus, den Holocaust und auch Auschwitz gemacht worden sind. Jeder, der diese Themen angepackt hat, musste eigene Antworten suchen und finden, wie man das umsetzen will und warum und ob es überhaupt machbar ist. Mir hat dabei „Bilder trotz allem“, ein soziologischer Essay von Georges Didi-Huberman, sehr geholfen. Ich habe sehr lange vom „Unbeschreiblichen“ in Bezug auf Auschwitz gesprochen. Heute würde ich das nicht mehr so sagen. Ich habe gelernt, dass es zu beschreiben ist, was in Auschwitz geschehen ist, denn es hat stattgefunden. So ist jedenfalls der Ansatz unserer filmischen Umsetzung. Didi-Huberman schreibt: „Wir müssen versuchen, uns ein Bild davon zu machen, was im Sommer 1944 die Hölle von Auschwitz gewesen ist. Berufen wir uns nicht auf das Unvorstellbare. Schützen wir uns nicht durch den Hinweis darauf, dass wir uns diese Hölle ohnehin nie vollständig werden vorstellen können – auch wenn es sich tatsächlich so verhält.“ Didi-Huberman führt seinen Diskurs auch anhand einer kleinen Serie von Fotos, die ein Häftling heimlich in Auschwitz anfertigen konnte. Diese ganz besonderen Bilder, die unter anderem auch Gerhard Richter als Maler für seinen Birkenau-Zyklus benutzt hat, konnten wir für die Anfangsmontage unseres Films nutzen. Und natürlich hatte ich Spielbergs „Schindlers Liste“ und Lanzmanns „Shoah“ im Bewusstsein, als wir unseren Film entwickelten. Und eine Szene hat sich tief in mir eingebrannt, als ich als Jugendlicher den DEFA-Film „Professor Mamlock“ von Konrad Wolf sah: Als Mamlock von den Nazis durch die Straßen abgeführt und vorher groß auf seinen Arztkittel „Jude“ geschmiert wurde. Diese Verachtung! Diese Erniedrigung!

Das Theaterstück von Peter Weiss „Die Ermittlung – Oratorium in 11 Gesängen“ bezieht sich inhaltlich auf den sogenannten „Ersten Auschwitz-Prozess“ in Frankfurt am Main von 1963 bis 1965. Dieser verhandelte die verbrecherischen Taten im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau in den Jahren 1940 bis 1945. Die Berichte vor Gericht über die Ereignisse im Lager zu dieser Zeit bilden das Zentrum und machen die Taten und die Hintergründe wie auch Zusammenhänge sichtbar. Die Befreiung von Auschwitz wird im Januar 2025 achtzig Jahre her sein. D.h. die Zeuginnen und Zeugen dieser Verbrechen werden in Kürze alle verstorben sein und nicht mehr „aus erster Hand“ berichten und damit Mahner sein können. Damit geht eine große Verantwortung für uns einher, diesen Teil der Geschichte in unserem Bewusstsein zu halten. Auch verändert sich Gesellschaft ständig. Daher braucht es adäquate und aktuelle Umsetzungen dieser Erinnerungsarbeit, die neue Impulse setzt und auf veränderte Gewohnheiten der Rezeption der Zuschauer reagiert. Eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft braucht eine klare Haltung zur Geschichte. Demokratie, Freiheit, Humanismus muss immer wieder erstritten, erkämpft und gewollt sein. In unserem Film „Die Ermittlung“ sehen wir das komplette Gegenteil: Ein totalitäres Terrorsystem mit verblendeter Ideologie, das keine Menschlichkeit mehr zulässt.

Aber zurück zur Entstehungsgeschichte des Films: Alexander van Dülmen und ich waren uns vor vielen Jahren schon einmal begegnet, als Alexander der Weltvertrieb meines ersten Films als Produzent „Silvester Countdown“ (1997) war und den Film erfolgreich vermarktete. Wir hielten uns über die Jahre immer „im Blick““. So kam es auch, dass Alexander meinen vorherigen Film „Als Susan Sontag im Publikum saß“ auf einem Festival sah und die guten Kritiken dazu las. Dieser Film passt wie ein Vorläufer zu „Die Ermittlung“. Ich versuchte, ein politisches Thema, hier Feminismus und Gleichberechtigung und wie man darüber in eine produktive Diskussion findet, mit filmischen Mitteln umzusetzen. Ich entschied mich bei „Als Susan Sontag im Publikum saß“ für eine Art Hybrid aus Theater-, Performance und Filmelementen, mit drei Kameras parallel gedreht. Nach einer Stunde Gespräch in Cannes waren Alexander und ich uns einig: „Wir machen ,Die Ermittlung‘ zusammen.“ Damit begann eine nun seit über zwei Jahren freundschaftliche und enge Beziehung zwischen Regie und Produzent auf Augenhöhe, im kreativen Austausch für das möglichst beste Ergebnis für den Film, die die Arbeit sehr geprägt hat.

„Nehmt den Text als das, was er ist, sprecht ihn und ihr werdet als Mensch verstehen, was den Kern der Figur ausmacht.“

Wir gingen im Frühsommer 2022 schnell an die Arbeit und begannen sofort damit, mit großer Unterstützung des Casters Marc Schötteldreier Besetzungsideen zu entwerfen. Um diesen Schritt möglich zu machen, musste ich davor das Theaterstück von Peter Weiss in das eigentliche Drehbuch umwandeln, was zum Beispiel hieß, neun Zeugenfiguren mit unterschiedlichen Texten bei Weiss in 39 Rollen in unserem Drehbuch zu transferieren. Ich grub mich dafür tief in die Recherchearbeit zum Komplex Auschwitz sein, ein Thema, dass mich seitdem täglich begleitet und auch prägt. Die Bandbreite des 60 Rollen umfassenden Schauspielensembles ist sehr groß, von eher im Theater arbeitenden Schauspielern über stärker vom Kino geprägten bis hin zu internationalen Darstellern. Wichtig war, ein Ensemble zusammen zu stellen, das in seiner Gesamtheit gut funktioniert. Bis auf wenige größere Rollen sind fast alle gleich umfangreich. Ich war begeistert und froh, wie schnell wir einen so unglaublich starken und eindrucksvollen Cast zusammenführen konnten, was ich nicht alltäglich finde und absolut daran lag, dass die angesprochenen Schauspielerinnen und Schauspieler so positiv auf das Projekt reagierten und wir auch viel Unterstützung von den Agenturen bekamen.

Die grundsätzliche Idee für die Schauspielerführung war, keinen psychologischen „Spielfilm-Spielfilm“ zu drehen, in dem es darum geht, intuitiv in den Figuren zu versinken. Das wäre falsch gewesen. Wir haben Schauspielerinnen und Schauspieler gesucht, die eine Figur und eine Situation in erster Linie über die Sprache abbilden können. Solche, die eine starke Persönlichkeit und Präsenz mitbringen und persönliches Interesse daran haben, den Inhalt des Stückes zu erzählen, also auch ein wenig „Persona“ zu sein, ihr „Ich“ in Teilen den Figuren zu schenken. Mein Vorschlag schon bei den Proben in großen Gruppen war folgender: Nehmt den Text als das, was er ist, sprecht ihn und ihr werdet als Mensch verstehen, was den Kern der Figur ausmacht. Und wenn euch dann als Resonanz noch eine emotionale Reaktion geschieht, lasst sie zu! Die Kamera wird es sehen!

RP Kahl mit seinen Schauspieler:innen Christiane Paul und Clemens Schick (Credit: Hans Joachim Pfeiffer / Leonine)

Der Ausgangspunkt des Spiels war also immer der wirklich herausragende Text von Peter Weiss. So hatten wir ein Mantra, frei nach Heiner Müller: „Der Text ist der Text ist der Text.“ Und das war fast dogmatisch die Überschrift in den Proben. Die Herausforderung war, den Bühnentext, der es ja im Ursprung ist, in eine filmische Darstellung zu transformieren. Zum Vortrag des Textes kommt natürlich das bildhafte Moment hinzu: Wir können direkt und auch sehr nah in die Gesichter der Schauspielerinnen und Schauspieler sehen, wir realisieren ihre nonverbalen Reaktionen, wenn sie dem Gegenüber zuhören.

Auf der Produktionsseite war ARTE mit der Redakteurin Claudia Tronnier sehr früh mit ihrem Bekenntnis für den Film dabei, dem folgten bald der Bayrische Rundfunk mit Carlos Gerstenhauer und Dr. Cornelia Ackersund später auch der WDR mit Redakteur Götz Voigt. Auch sehr früh im Prozess kam Leonine als Verleihpartner hinzu, was im ersten Augenblick vielleicht verwundert, wenn ein so großer und starker Verleih ein ggf. als „Arthouse“ zu bezeichnendes Projekt unterstützt. Aber der unglaubliche Erfolg von Leonine mit „The Zone of Interest“ zeigt, dass so eine Zusammenarbeit durchaus sehr produktiv sein kann und für beide Seiten attraktiv. Ich habe als Regisseur sowohl die Partner von den Sendern wie auch vom Verleih als unglaublich kooperativ und gewinnbringend erlebt. Es gab keine Einschränkungen oder Behinderungen, sondern eher das Bekenntnis „Mach den Film genau so, wie du denkst“. Diesen Support zu spüren ist ungemein wichtig, denn das Thema des Films bringt eine große Verantwortung, vielleicht sogar Druck für die Macher mit sich. Wichtig für die Finanzierung war, dass Kirsten Niehuus mit dem Medienboard Berlin Brandenburg für die Förderung „vorangegangen“ ist. Obwohl das filmische Konzept, das nun im Kino auch zu sehen ist, sehr detailliert vorgestellt wurde und obwohl neben den Fernsehpartnern auch der starke Verleihpartner schon frühzeitig klar waren, wir zahlreiche Letters of Intent der Schauspieler hatten, bekamen wir zahlreiche Ablehnungen von anderen Förderungen, was mich wirklich überrascht hat. Das gilt aber nicht für alle Förderungen, wir fanden neben dem Medienboard sehr gute Partner mit der Film- und Medienstiftung NRW, wie auch der Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern. Später kamen dann doch auch noch die BKM und die FFA hinzu und damit auch die sogenannte Exzellenzförderung des DFFF mit einem höheren Prozentsatz der automatischen Förderung als sonst.

„In langen Takes in einer Einstellung mit acht Kameras wurde das umfangreiche Drehbuch dann in fünf Drehtagen umgesetzt.“

Neben den Schauspielerinnen und Schauspielern, die den Film besonders prägen und dem phänomenal starken Text von Peter Weiss galt es, ein besonderes filmisches Konzept zu entwerfen, was der Anfangsidee folgt, auch ein breiteres Publikum erreichen zu können, ohne die spezielle Thematik des Filmes zu verraten. Uns war klar, dass wir keine historisierende Umsetzung anstreben und auch ein dynamisches Bildkonzept verfolgen wollen, was neue Formen fürs Kino anbietet. Unser Bild- und Raumkonzept ist natürlich sehr radikal. Ins Studio Berlin baute Nina Peller eine abstrakte Bühne, die wir mit acht Kameras parallel bespielten. Aber für uns ist Kino auch immer ein Ort, der neue Dinge ausprobiert und in der Art der filmischen Erzählung nicht stehenbleibt. Dieses filmische Konzept eines Hybrids war auch schon die grundsätzliche Idee des Produzenten Alexander van Dülmen gewesen, als er mich für die Regie anfragte. Wir entschieden uns also, im Studio zu drehen und ein Multicam-Konzept mit acht Kameras (Arri Amira) zu entwickeln. Dafür war hauptsächlich unser DOP aus Los Angeles Guido Frenzel verantwortlich. Unser Film ist produktionstechnisch ein Hybrid aus Broadcast-Elementen, Theater und Kinofilm. Und mit dieser Idee, verschiedene Bereiche zusammenzudenken, haben wir auch unser Team zusammengestellt. Die Talents kamen aus genau diesen unterschiedlichen Richtungen und fanden sich für das Projekt zusammen. Für mich als Regisseur war es besonders spannend, diese ganz unterschiedlichen kreativen Herangehensweisen zu verbinden. Unterstützung für die Herstellungsleitung Thomas Rohde und die Projektleitung Jenny Voigt in der Planung und Organisation kam hier von Christian A. Buschhoff, der die technische Leitung im Studio übernahm, er machte u.a. in dieser Funktion auch die Übertragungen des Deutschen Filmpreis. DOP Guido Frenzel und die meisten seiner Kameraleute, wie auch der Lichtgestalter Peer Langemak kommen von der TV-Show. Bühnenbildnerin Nina Peller und Kostümbildnerin Tina Kloempken vom Theater bzw. der Oper. Die Maskenbildnerin Kerstin Riek und auch das Editorenteam Peter R. AdamChristoph Strothjohann und Anne Fabini sind klassische Kinomenschen.

Ich probte mit den Schauspielerinnen und Schauspielern im Podewil in Berlin-Mitte drei Wochen an den Texten. Dann wechselten wir für eine Woche ins Studio Berlin, wo auch die Technik in die Proben einstieg. Uns half sehr, dass wir auf professionelle Stand Ins, wir nannten sie Doubles, für Kameraproben im Studio zurückgreifen konnten, so dass wir letztlich fast im 2-Schicht-System im Studio arbeiten konnten. Wir drehten dann an fünf Tagen den gesamten Film. Dieses Studiosystem war auch für mich neu, ein Team von über 100 Menschen zu dirigieren, ist anspruchsvoll, macht aber auch große Freude, wenn man mit einem so professionellen Team arbeiten kann. Den Cast von 60 Darstellerinnen und Darstellern, sowie eine große Anzahl an Statisten zu führen, war deshalb herausfordernd, da immer eine sehr große Anzahl von Darstellern im Bild und im Spiel war. Hier half mir sehr, dass ich auf meine früheren Erfahrungen als Schauspieler und auch Regisseur am Theater und von aufwändigen Performances zurückgreifen konnte; diese notwendige Konzentration auf viele Dinge gleichzeitig, die sogenannte „geteilte Aufmerksamkeit“ zu entwickeln. Ich hatte für den Drehprozess einen befreundeten Regisseur Christoph Gampl als Co-Regie an meiner Seite, um schnelle Entscheidungsprozesse an den wenigen Drehtagen zu garantieren. In langen Takes in einer Einstellung mit acht Kameras wurde das umfangreiche Drehbuch dann in fünf Drehtagen umgesetzt.

„Die Ermittlung“ von RP Kahl (Credit: Leonine)

Wir schnitten im Anschluss teilweise in drei Schnitträumen parallel, die ich abwechselnd reihum besuchte. Peter R. Adam starb leider mitten in der Arbeit am Schnitt. Peter war schon sehr früh in das Projekt involviert und auch beim Dreh am Set dabei. Es ist so unfassbar schade, dass unser Film nun sein letzter wurde. In der Ton-Postproduktion konnte ich mich auf Matthias Schwab für die Mischung, Jürgen Schulz im Sounddesign und Matti Gajek in der Musik sehr stark verlassen, wir hatten bereits mehrere gemeinsame Arbeiten hinter uns. Hier war die Aufgabenstellung, sich zu erlauben, ganz verschiedene Varianten des Einsatzes von Musik und Sound Design auszuprobieren, aber auch den Mut zu haben, Elemente wieder komplett wegzulassen.

Nun befinden wir uns gemeinsam mit unserem Verleih Leonine in der Vorbereitung des Verleihstarts am 25. Juli 2024. Mit Head of Campain Jasna Vavra und ihrem Team, wie auch unser Presseagentur Just Publicityum Anja Oster ist es eine große Freude, den Film bei Kinobetreibern und der Presse vorzustellen. Die Reaktionen bisher sind wirklich sehr gut und absolut vielversprechend. Am 6. Juli 2024 feiern wir im Gloria Palast beim Filmfest München unsere Uraufführung. Im März 2024, gerade als wir den Film fertigstellten, kam die Einladung von Filmfestchef Christoph Gröner. Das freute mich sehr, da das Filmfest München eine Art Heimat für mich ist: Es ist schon der fünfte Langfilm, der von mir beim Filmfest Premiere feiert.

Ich habe unglaublich intensive zwei Jahre hinter mit. Ich habe diese neue Erfahrung als „Studioregisseur“ als eine spannende Arbeit erlebt und würde dieses Konzept auch sofort wieder anwenden, wenn das passende Projekt da ist. „Studioregisseur“ heißt für mich, in einem sehr strengen Drehkonzept und mit einem engen Timing eine vorgegebene Vorlage mit einem Schauspiel-Ensemble, sowie mit einem sehr großen Team erfolgreich umzusetzen. Also klares Handwerk anzuwenden und dies mit einer künstlerischen Vision zu verbinden, in enger Zusammenarbeit mit dem Produzenten und allen Talents.

Aktuell stehe ich kurz vor dem Drehbeginn meines nächsten Filmes. „Die Klasse von 1990“, ein Dokumentarfilm über die sogenannten Baseballschläger-Jahre Anfang der 90er Jahre in Rostock, den ich gemeinsam mit meiner Mit-Regisseurin Sonja Hilberger nach dem Verleihstart von „Die Ermittlung“ beginne. Produzentin ist hier Saralisa Volm mit ihrer Berliner Poison, und die Filmwelt ist als Verleih an Board. Aber auch die wirklich fantastische Zusammenarbeit mit Alexander van Dülmen und seiner Film&Mischwaren geht natürlich weiter: Wir sind in der Planung von mehreren weiteren gemeinsamen Projekten in unterschiedlichen Konstellationen.

„Die Ermittlung“ ist für mich nicht nur eine ganz besondere Regiearbeit, sondern ein ganz persönliches Anliegen, dessen Inhalt mich stark in der Produktion prägte und dies auch in der Zukunft tun wird. Bestimmt wird es ganz starke emotionale Reaktionen bei den Zuschauern im Kino geben. Die Emotion verwehrt aber nicht die Möglichkeit des Denkens. So kann man das systemische Versagen von Gesellschaft, das strukturelle Problem von Machtsituationen ohne Kontrolle, die negative Kraft des Opportunismus, aber auch die ganz persönliche Schuld von Einzelnen erkennen und begreifen. Am Ende kann das auch zu Schlussfolgerungen für das Jetzt führen. Mein Wunsch ist es, dass mit dem Zuschauer etwas passiert, dass er beim Verlassen des Kinos vielleicht schlucken muss, nachdenken, schweigen, sich aber auch erst zum Thema verhalten muss und vielleicht erst einmal keine schnellen Antworten hat, auch nicht in Bezug auf Zusammenhänge in unsere Gegenwart hinein. Aber langfristig, nach dem Schrecken über das, was geschehen ist, auch eine Kraft, ein Wille und eine Zuversicht entsteht, ganz persönlich dafür einzustehen, was eine demokratische heutige Gesellschaft auszeichnen sollte: Freiheit und Humanismus. Ich hoffe, „Die Ermittlung“ wird lange „nachhallen“.

26. Juni 2024/ RP Kahl