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Die Macherinnen von „Sunny“: „Primär soll man Spaß haben“

Ausgezeichnete Kritiken erhält „Sunny“ mit Rashida Jones, wieder eine neue qualitativ hochklassige Serie auf Apple TV+. Aus Tokio von der Weltpremiere meldeten sich Showrunner Katie Robbins und Regisseurin Lucy Tcherniak, um SPOT zu erklären, was das Besondere an der zehnteiligen Serie ist. 

Regisseurin Lucy Tcherniak und Showrunner und Executive Producer Katie Robbins beim Photocall in Tokio (Credit: Imago / UPI Photo)

Wenn Sie jemandem erklären müssten, der noch nie von „Sunny“ gehört hat, um was es bei der Serie geht, was würden Sie ihm sagen?

Katie Robbins: Wir befassen uns mit Fragen, die sich um Einsamkeit und Verbindung drehen. Im Kern steckt die Geschichte einer Frau und einer Gruppe von Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen von der Außenwelt abgenabelt haben. Wir befassen uns damit, wie tragfähig das ist, wie weit man das führen kann. 

Lucy Tcherniak: Das alles aber ist verpackt in einem wendungsreichen, etwas futuristischen Mystery-Thriller. Es stimmt, sicherlich auch, dass wir tieferen Fragen nachgehen und das hoffentlich auch mit dem entsprechenden Ernst, aber primär soll es Spaß machen, sich „Sunny“ anzusehen, die sehr ungewöhnliche Welt unserer Geschichte zu entdecken. 

Was sprach Sie an, als man Sie auf das Projekt ansprach? Warum waren Sie die richtige Wahl für „Sunny“?

Katie Robbins: Gute Frage, weil ich auf den ersten Blick definitiv nicht die richtige Wahl bin. Als man mich ansprach, ging es mir eher so: Wie bitte? Die Adaption eines eher düsteren Science-Fiction-Romans? Hmm, weiß nicht so recht… Das soll ich sein? Aber dann habe ich mir einen Ruck gegeben und das Buch gelesen, „The Dark Manual“ von Colin O’Sullivan. Ich war sofort angetan von seinem Stil und war ganz begeistert von der Hauptfigur Suzy Ich fühlte mich an meine Schwester erinnert, ein bisschen auch an mich. Sie ist ein bisschen zynisch und hämisch, ein bisschen düster, in sich gekehrt auf eine Weise, die mich ansprach und mir auch bekannt vorkam. Ich erinnerte mich sofort an Zeiten, in denen ich Trauer erlebt habe und mit Verschlossenheit reagierte, eine innere Emigration antrat. Ich hatte immer schon Interesse an Geschichten, die sich damit befassen, was nach einer Tragödie passiert, wie wir damit umgehen, wie wir überleben. Und das war dann verpackt in eine Science-Fiction-Geschichte. War früher überhaupt nicht mein Ding, aber mit zunehmendem Alter erwärme ich mich mehr und mehr für das Genre. Es ist eine gute Form, um sich mit tieferen existenziellen Dingen auseinanderzusetzen, ohne plump oder zu direkt zu sein. 

„Sunny“ mit Rashida Jones (Credit: Apple)

Wie sind Sie vorgegangen?

Katie Robbins: Ich habe versucht, mich einzubringen, meine Sicht der Dinge. Ich habe viel Respekt vor dem Roman, aber habe ihn trotzdem auf den Kopf gestellt, habe aus Sunny einen weiblichen Haushaltsroboter gemacht und habe noch den weiteren Handlungsfaden dazuerfunden, dass Suzy loszieht, um herauszufinden, wer ihr Ehemann wirklich war, was er gemacht hat. Ich habe das eingesetzt, um von Einsamkeit zu erzählen. Und von Freundschaft unter Frauen.

Was macht „Sunny“ besonders, was hebt die Serie ab von den Dingen, die Sie davor gemacht haben als Filmemacherinnen?

Lucy Tcherniak: Da fällt mir ganz viel ein. Katie kannte meine Arbeit aus der Serie „The End of the F***ing World“. Ihr gefiel die Tonalität und sie fand, dass so etwas in der Art auch „Sunny“ gut zu Gesicht stehen würde. Ansonsten ist eigentlich alles anders als das, was ich bisher gemacht habe, wenn ich ganz ehrlich sein soll. Was vielleicht daher rührt, dass mir auch generell nichts einfallen würde, was sich so richtig mit „Sunny“ vergleichen lässt. Allzu viele Science-Fiction-Geschichten, die in Kyoto angesiedelt sind, würden mir nicht einfallen. Die Welt ist sehr ungewöhnlich. Mir war daran gelegen, eine visuelle Palette zu erschaffen, die nach Realität aussieht, aber immer auch auf Anime verweist. 

Wie gut kannten Sie Japan vor der Serie?

Lucy Tcherniak: Ich hatte mir vor Jahren bei einem anderen Projekt vorgenommen, zur Recherche unbedingt nach Japan zu reisen. Dann kam Covid, und das war das. Ich konnte jetzt also erst zur Vorbereitung der Serie erstmals nach Japan. 

Katie Robbins: Ich kannte Japan bereits, nicht besonders gut allerdings. Während der Arbeit am Drehbuch habe ich dann einige Zeit in Japan verbracht, um Recherchen zu betreiben und ein echtes Gefühl für das Land zu bekommen. Ich war mir auch erst nicht sicher, in welcher Stadt ich die Geschichte spielen lassen sollte. Als ich 2019 das erste Mal in Kyoto war, fiel sofort die Entscheidung, weil ich in keiner anderen Stadt den Aufeinanderprall von Alt und Neu intensiver erlebt habe. Kyoto war perfekt. 

Aber dann kam ihnen Covid in die Quere.

Katie Robbins: Omikron, um genau zu sein. Wir waren gezwungen, den Dreh zu verschieben. Als man uns dann endlich ins Land ließ, waren die Grenzen für Touristen noch nicht wieder geöffnet. In Kyoto drehten wir dann auf Straßen, die eigentlich voll sind mit Touristen, und deshalb konnten wir an Orten drehen, die uns sonst eigentlich verschlossen geblieben wären. Wir waren vom Glück geküsst, weil wir auf diese Weise eine Authentizität erreicht haben, die man selten bekommt, wenn man in der Stadt dreht. 

„Sunny“ steht und fällt mit Sunny, dem Haushaltsroboter. Was war wichtig beim Design?

Lucy Tcherniak: Einerseits sollte Sunny nicht zu humanoid wirken, andererseits sollte sie witzig und emotional sein. Wir wollten nicht, dass sie zu menschlich wirkt, sie sollte klar erkennbar ein Roboter sein, aber sie sollte erkennbare menschliche Züge haben. Sie sollte die Größe eines Kindes haben. Suzy hat gerade ihre Familie verloren und erhält den Roboter, der ihr Trost spenden soll. Sunny weckt unterbewusst mütterliche Reaktionen in Suzy. Sie sollte über eine große Ausdruckskraft verfügen. Gesprochen wird sie von Joanna Sotomura, die die ganze Zeit über am Set mit dabei war und auch vor der Kamera spielte, mit einem besonderen Kopfaufsatz, der für einen ähnlichen Effekt sorgte wie Motion-Capture. Das half den anderen Schauspielern, aber später auch den Animatoren, als sie den Roboter in der Postproduktion zu Leben erweckten.

Das Gespräch führte Thomas Schultze.