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Zurich Summit: Wie macht man Geld mit unabhängigen Produktionen?

Beim zweiten Panel beim 15. Zurich Summit ging es gleich ans Eingemachte: Wie steht es um den unabhängigen Filmmarkt. Darüber sprach ein ausgesprochen hochkarätig besetztes Panel. 

Das zweite Panel beim Zurich Summit: Diana Lodderhose, Stuart Ford, Sébatien Raybaud, Katie Irwin, Maren Olson und Alex Brunner (Credit: SPOT)

Diana Lodderhose von Deadline moderierte das Panel „How to Monetize Independent Films?”. Auf der Bühne im Dolder Grand saßen Katie Irwin, Agent & Co-Head of International WME Independent, Stuart Ford, Chairman & CEO AGC Studios, Maren Olson, Executive Vice President Film 30West, Alex Brunner, Agent UTA Independent Film Group sowie Sébastien Raybaud, CEO Anton.

Stuart Ford, Chairman & CEO AGC Studios, machte den Auftakt mit einem klaren Statement: „Das Modell kann immer noch funktionieren, man darf sich auf dem Weg bei den einzelnen Schritten nur keine Blöße geben oder Fehler machen. Man muss immer mehr immer besser machen.“ Alex Brunner, Agent UTA Independent Film Group, stimmte ihm zu: „Wenn man Projekte bei den Banken vorlegt, müssen alle Pläne stimmen. Da kann man keine Fehler machen.“

Maren Olson, Executive Vice President Film 30West, erklärte: „Wir legen unseren Fokus auf Filme, die in den USA im Kino funktionieren müssen. Da gibt es nicht mehr viel, was wirklich funktioniert. Man stellt sich immer die Frage: Wer ist der Regisseur, wer ist der Cast? Aber mehr noch: Ist es eine Geschichte, die die Menschen wirklich im Kino sehen wollen. Natürlich waren die Geschichten immer wichtig. Aber man muss mehr noch darüber nachdenken, ob das Kino der richtige Ort für das Projekt ist. Er muss die Menschen dazu bringen, das Haus zu verlassen.“

Sébastien Raybaud, CEO Anton, hat einen positiven Blick: „Wir konzentrieren uns auf Horror und Actionfilm. Um im Kino zu funktionieren, muss ein Horrorfilm wirklich scary sein. Wir sehen Anzeichen, dass das Boxoffice international außerhalb Chinas zurückkommt. Wir liegen in den letzten Monaten vor 2017 und 2018.“

„International ist das Geschäft robust“, stimmte Stuart Ford zu, räumte aber ein: „Das Problem sind die USA. Man kann sein Projekt an einen Streamer verkaufen oder an einen Kinoverleih in den USA. Letztere sind eine harte Nuss geworden. Es gibt einen problematischen Disconnect, was die, die Filme machen, denken, was im Kino funktionieren wird, und was die, die Filme ins Kino bringen, denken, was funktionieren wird. Das ist ein Nadelöhr, durch das wir aktuell nicht durchkommen. Dieser Markt ist kaputt. Wir müssen einen Weg finden, wie sich Filme für Hersteller und Verkäufer monetarisieren lassen.“

Er fuhr fort: „Die Verleiher müssen ihr Modell ändern und die Hersteller früher an den Einnahmen beteiligen. Wir müssen das gemeinsam lösen. Da sehe ich das Problem. Es ist eine klaffende Wunde im unabhängigen Markt, weil wir nicht fair behandelt werden. Wenn das nicht passiert, sind wir vom Aussterben bedroht.“

Katie Irwin, Agent & Co-Head of International WME Independent, sagte darauf: „Ich sehe eine positive Entwicklung, wenngleich sehr langsam. Ich stelle fest, dass kaum jemand mehr Risiken eingeht. Rom-Com und Action wird gern genommen. Aber hey, let’s get weird again. Da liegen doch die großen Chancen. Wenn ein solcher Film funktioniert, dann richtig. Natürlich muss man mehr Arbeit und mehr Know-how reinstecken.“

Alex Brunner merkte dazu an: „Deshalb funktionieren A24 und Neon. Sie gehen diese Risiken ein und managen die Risiken sehr gut. Sehen wir uns ,Longlegs‘ an. Das war kein Selbstläufer. Er war nur klug vermarktet.“

Zurich Summit 24: Stuart Ford, Sébastien Raybaud, Katie Irwin, Maren Olson, Alex Brunner (Moderation: Diana Lodderhose, l.) (Credit: SPOT)

Moederatorin Diana Lodderhose griff die Erfolge auf und fragte nach guten Beispielen für erfolgreiche Filme. Darauf merkte Alex Brunner an: „Wir haben zwei Filme an Streamer verkauft, ,Nutcrackers’ an Disney+ und ,Maria’ an Netflix. Beide sollen in den nächsten Monaten veröffentlicht werden. Das war eine positive Entwicklung, es waren genau die Filme, die gewollt wurden.“ Maren Olson meinte dazu: „Produzenten werden immer klüger und hören immer aufmerksamer zu, was der Markt will und richten ihre Bemühungen entsprechend aus.“ Und Katie Irwin merkte an: „Wir reden intensiv mit den Produzenten, was der beste Weg ist, welches Modell am besten ist.“

Stuart Ford warnt: „Wir müssen zusehen, die Budgets niedriger anzusetzen. Das würde uns bei den internationalen Pre-Sales helfen, weil Asien zuletzt ein sehr weicher Markt war. Aber ich kann nur sagen: Der Knackpunkt sind die USA. Wir müssen effizienter und schneller werden. Es kann passieren, dass man 80 Prozent der internationalen Märkte bereits verkauft hat, dann aber aufgehalten wird, weil die amerikanischen Deals so lange auf sich warten lassen. Der Geldfluss muss schneller werden.“

Zum Abschluss bat Diana Lodderhose um Beispiele für aktuelle Projekte. Sébastien Raybaud nannte einen neuen Actionfilm in London von David Mackenzie mit Theo James in der Hauptrolle, Budget 40 Mio. Dollar. „Wir haben den Film in Cannes vorgestellt und haben gute Vorverkäufe gemacht, den Rest des Budgets haben wir mit Private Equity auf die Beine gestellt.“ Katie Irwin nannte ein Pre-Sales-Projekt, „The Death of Robin Hood“ mit Hugh Jackman und Jodie Comer, von „A Quiet Place: Tag 1”-Regisseur Michael Sarnowski: „Wir haben auf einmal Zugriff auf Talent, das wir vorher nicht bekommen hätten. Das hilft natürlich bei den Verkäufen, die sich gut anlassen.“ 

Maren Olsen nannte als positives Beispiel „Parabellum“, der sich in Cannes gut verkaufen ließ. „Ich muss aber betonen, dass wir bei jedem Film einen anderen Ansatz verfolgen; es kommt immer auf das Projekt an.“ Und für Alex Brunner sind zwei aktuelle Vorzeigeprojekte, die im Marché de Cannes gestartet wurden „Tensing“ und „California Scheming“, das Regiedebüt von James McAvoy.

Stuart Ford wollte keine Titel nennen, stellte aber zwei Projekte vor, die „die seesaw nature of the independence business“ unterstrichen. Bei dem ersten handelt es sich um ein Big-budget-Projekt mit einem von 85 Mio. Dollar, für das man einen A-Listen-Star und einen A-Listen-Regisseur gewinnen konnte. Das Budget wurde realisiert, der Film stand kurz vor Dreh. Dann entschied sich der A-Listen-Moviestar um – „wie sie das manchmal machen“, schmunzelte Ford -, sagte Goodbye zu dem Stoff, der Regisseur sagte ebenfalls Goodbye, die Finanzierung war am Wanken. Dann sagte ein neuer A-Listen-Star zu. Jetzt ist auch wieder ein Regisseur an Bord. „Und es sieht ganz gut aus im Moment“, meinte Stuart Ford.

Der zweite Stoff ist ein kleines Projekt, das jahrelang nicht voranging. „Ich machte mir keine großen Hoffnungen, dann wurde auf einmal das Drehbuch auffällig besser. Ein Filmstar kam an Bord, weil er das Projekt mochte und verzichtete auf seine übliche Gage. Und auf einmal lief es. Wir merkten, dass noch zehn Prozent für das Budget fehlten. Wir waren ratlos. Dann wurde der Taxcredit in UK angehoben. Auf einmal passte es. Jetzt befinden wir uns ins Postproduktion. Manchmal hat man einfach Glück.“

Aus Zürich berichtet Thomas Schultze.