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Was die österreichische Branche braucht

In einem Gastbeitrag formuliert Alexander Dumreicher-Ivanceanu, seit 2020 Obmann des Fachverbands der Film- und Musikwirtschaft der Österreichischen Wirtschaftskammer, Forderungen an eine zukünftige Österreichische Bundesregierung.

Alexander Dumreicher-Ivanceanu (Credit: Weinwurm)

Die Ergebnisse der Nationalratswahlen vom 29. September 2024 und die aktuellen Verhandlungen um die Bildung einer Österreichischen Bundesregierung nimmt der Fachverband der Film- und Musikwirtschaft zum Anlass, klare Positionen zu maßgeblichen kultur- und medienpolitischen Themenstellungen für die Legislaturperiode 2024 bis 2029 zu formulieren.

Investitionsverpflichtung für Film und Musik einführen

In den EU-Mitgliedstaaten und in Österreich investieren im Ausland ansässige Mediendienste auf Abruf („On-Demand-Anbieter“) kaum in europäische bzw. österreichische audiovisuelle Werke. Der EU-Gesetzgeber hat auf diese Entwicklungen reagiert und in der AVMD-Richtlinie die Mitgliedstaaten dazu ermächtigt, Mediendienste mit Sitz im Ausland zur Leistung eines finanziellen Betrages und/oder zur Tätigung von Investitionen in europäische audiovisuelle Werke zu verpflichten. Von dieser Ermächtigung haben bereits zahlreiche EU-Mitgliedstaaten (z.B. Frankreich, Dänemark, Spanien) und die Schweiz Gebrauch gemacht. Deutschland beabsichtigt ebenfalls gesetzlich eine Investitionsverpflichtung einzuführen. Auch in Österreich soll durch eine neue gesetzliche Regelung eine Pflicht zur Zahlung eines finanziellen Beitrags („Levy“) bzw. zur Tätigung von Investitionen („Direct Investment“) zu schaffen. Die zu leistenden finanziellen Beiträge sollen für die Förderung des Filmschaffens in Österreich verwendet werden, um so eine entsprechende kulturelle Vielfalt in Österreich bzw. Europa zu sichern.

Zukünftige Finanzierung des erfolgreichen österreichischen Filmfördermodells (FISA+ und ÖFI+) sicherstellen

Um für den Filmstandort Österreich positive und spürbare Wachstumsimpulse zu setzen, wurde 2023 das neue österreichische Filmstandortgesetz mit FISA+ und ÖFI+ implementiert. Das Anreizmodell sieht nicht rückzahlbare Zuschüsse in Höhe von bis zu 35 Prozent der förderungsfähigen Herstellungskosten in Österreich vor (inkl. eines „Grünen Bonus“ für klimafreundliches Produzieren und eines Gender Gap Zuschusses, um den Anteil an weiblichen Beschäftigten in Headdepartments zu erhöhen). 

Aktuelle Zahlen zeigen eine sehr positive Entwicklung seit der Reform für österreichische und internationale Filme, Serien und Serienfolgen in allen Genres. Bei der Umsetzung von Filmproduktionen ist Planungssicherheit in Bezug auf die Finanzierung von Projekten ein wesentlicher Faktor, damit sich der Filmstandort Österreich mit seinen nun 17.500 Beschäftigten im internationalen Marktumfeld weiter behaupten kann. Die Fortführung von FISA+ und ÖFI+ ist daher im Regierungsprogramm zu verankern und damit die budgetäre Bedeckung in den jeweiligen Budgets sicher zu stellen.

Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ORF) stärken

Der ORF ist der wichtigste Partner für die Film- und Musikwirtschaft und ein unglaubliches Schaufenster für heimische Filme und Musik. Als größter Auftraggeber der österreichischen Film- und TV-Wirtschaft investiert der ORF jedes Jahr über 100 Mio. Euro in den Film- und Produktionsstandort Österreich.

Der ORF ist Teil der österreichischen Identität, die er wesentlich mitgestaltet. Daraus leitet sich ein weitreichender Kulturauftrag ab. Dieser spezielle Auftrag ist immer wieder neu zu defini eren, da sich Erwartungen, Ansprüche und Gewohnheiten des Publikums verändern. Es ist sicher zu stellen, dass der ORF die Einnahmen aus der Haushaltsabgabe insbesondere in die Produktion von österreichischen Inhalten investiert. Das heißt, dass der umfassende öffentlich-rechtliche Auftrag, inklusive eines breitenwirksamen Programms wie Sport und Unterhaltung erhalten bleiben muss.

Der Fachverband tritt für die Einführung von für den ORF und alle seine Partner:innen geeignete „Terms of Trade“, also fairen und gleichberechtigten Rahmenbedingungen nach Vorbild der britischen und deutschen öffentlich-rechtlichen Sender ein. Bei der Vertragsgestaltung mit Filmproduzent:innen und der Honorierung von Kreativen hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Vorbild zu sein.

Verantwortungsvollen Einsatz von KI sicherstellen

Die Film- und Musikbranche steht im Zentrum des Umbruchs durch die Nutzung von KI. Entscheidend sind gesetzliche Regelungen, die die Nutzung der KI regeln und Urheber:innen originärer Werke schützen. Der EU Artificial Intelligence Act gibt diesbezüglich den entsprechenden Rechtsrahmen vor.

Folgende Forderungspunkte zum verantwortungsvollen Umgang mit KI reflektieren den weiter fortgeschrittenen Diskussionsstand in Österreich:

• KI als Chance begreifen
• Filmbranche und Kreativsektor in KI-Gesetzgebung und Regulierung einbinden
• Sich für angemessene Vergütung bei der Verwendung von urheberrechtlich geschützten Werken für das Training von KI-Systemen einsetzen
• Transparenz- und Dokumentationspflichten einführen
• KI-generierten Content kennzeichnen
• Urheberrecht in Bezug auf menschliche Kreativität schützen (und nicht Maschinen)
• Geltungsbereich von KI-Gesetzen klar definieren
• Praxisgerechte Haftungsregeln einführen

Gleichberechtigung und Diversität gewährleisten

Im ersten Halbjahr 2024 konnte das Österreichische Filminstitut erstmals seit seiner Gründung vermelden, dass 50 % der Fördergelder an Projekte von Frauen vergeben wurden. Damit wurde entsprechend den Zielvorgaben des Filmfördergesetzes eine Gleichstellung im Kinofilm erreicht. Bei TV- und Streaming-Projekten ist dieses Ziel noch nicht erreicht. Ebenso gilt es in der Branche, die Diversität im österreichischen Filmschaffen zu erhöhen. Der Erfolg des Österreichischen Filminstituts in seinem Einsatz für mehr Geschlechtergerechtigkeit und Diversität weist auch anderen Institutionen den Weg. Ausgehend von diesen Erfahrungen gilt es nun den Werkzeugkoffer auch für andere Bereiche anzupassen, um ähnliche Erfolge zu verzeichnen.