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Veronica Ferres über „The Unholy Trinity“: „Es war eine sehr kreative, schöne Erfahrung“

Heute feiert der Western „The Unholy Trinity“ Weltpremiere beim 20. Zurich Film Festival. Wir haben mit Veronica Ferres, die neben Pierce Brosnan und Samuel L. Jackson die Hauptrolle spielt, über die Dreharbeiten, das Arbeiten in den USA und den Status quo bei ihrer Construction Film gesprochen.

Veronica Ferres (Credit: Manfred Baumann)

„The Unholy Trinity“ von Richard Gray ist ein waschechter Western um Ehre und Rache, in dem aber letztendlich die Frauen die Hosen anhaben. Was hat Ihnen am Drehbuch gefallen?

Veronica Ferres: Ich war fasziniert, dass das Buch eine Zeit in Amerika erzählt, in der Menschen aus aller Welt Geflüchtete waren, Emigranten, und dort in der der Rauheit der Natur aufeinander angewiesen waren. Da sehe ich eine deutliche Parallele zum Hier und Jetzt. Wir haben heute mehr Flüchtlingsströme denn je, und ich sehe, wie viel Missverständnisse es gibt. Wo Menschlichkeit an erster Stelle stehen sollte, geht es oft um Habgier und andere Motive, wie in unserem Film ja auch. Und ich fand die Frauenrollen großartig. Meine Figur Sarah ist die Hebamme und Ärztin im Ort und wird immer gerufen, wenn die Jungs sich die Köpfe einschlagen, sich an- oder erschießen. Sie hat definitiv die Hosen an, wie auch unser Regisseur immer sagte. Sie reitet mitten in der Nacht in die Stadt, um Situationen zu deeskalieren. Zudem ist sie eine tolle, liebende Frau, die bedingungslos an der Seite ihres Mannes steht. Ihr sehnlichster Wunsch, eigene Kinder zu haben, konnte er ihr allerdings nie erfüllen. Durch den Tod ihrer Freundin nehmen sie deren kleines Mädchen auf und gründen somit eine Familie.

Sind Sie selbst Western-Fan?

Veronica Ferres: Absolut! Nicht erst seit „Yellowstone“. Ich konnte auch von Kindesbein an reiten, ich konnte eher reiten als laufen, wie meine Tochter auch. Sie saß schon mit drei Monaten mit mir auf dem Pferd.

Dann mussten Sie gar keinen Reitunterricht mehr nehmen für „The Unholy Trinity“?

Veronica Ferres: Wir hatten die besten Stunt-Coordinator und Horse Wrangler, die es gibt. Es war ein großes Team, das schon bei Filmen wie „Der Pferdeflüsterer“ und „Planet der Affen“ dabei war und die vielen Pferde vor Ort in die Westernstadt betreute. Ich hatte in Deutschland eine längere Reitpause, auch schon lange keinen Reitunterricht mehr, weil man, wenn man in Projekten ist, wegen der Filmausfallversicherung nicht auf ein Pferd darf. Dafür bin ich auf einen Reitsimulator gegangen, mit dem man die Muskeln aufbauen kann. Als ich zur Drehvorbereitung in den USA war, bin ich mit Samuel L. Jackson und Pierce Brosnan gleich ins Horse Training, wo wir unsere Pferde kennenlernten. Wir waren in einer Manege in einem geschützten Raum, mit den Stuntleuten, die uns beobachteten im Schritt, Trab und Galopp. Das lief sehr gut. Die Jungs empfahlen uns, jede freie Minute in den Sattel zu steigen. Das habe ich auch getan und bin vor und nach jedem Drehtag mit ihnen durch die Berge von Montana geritten.

„The Unholy Trinity“ mit Veronica Ferres und Pierce Brosnan (Credit: Kehana Krumme)

Wo genau wurde gedreht? Es sieht so aus, als wäre es sehr kalt gewesen…

Veronica Ferres: Wir haben auf der „Yellowstone“-Ranch gedreht. Die ersten zwei Drehwochen hatten wir kühles, knackiges Herbstwetter. Dann kam ein Blizzard und es ging von plus zehn Grad auf minus 18 Grad. Zudem lag überall Schnee. Szenen mussten umgestellt werden, da gilt es als Schauspieler, flexibel zu sein. Wir haben das alles gut gemeistert. Wichtig war nur, dass bei den Szenen, in denen ich in die Stadt galoppiere, kein gefrorener Boden war. Das wäre zu gefährlich gewesen.

Sie spielen nicht zum ersten Mal an der Seite berühmter Kollegen. Bei „The Unholy Trinity“ waren nun Pierce Brosnan und Samuel L. Jackson Ihre Spielpartner. Wie haben Sie die Zusammenarbeit in Erinnerung?

Veronica Ferres: Ich habe einen Riesenrespekt vor den beiden, vor ihrem Lebenswerk und deren Können. Bei Samuel L. Jackson waren alle übervorsichtig. Aber Sie kennen mich ja, wie ich auf Menschen zugehe. Mir ist egal, was geredet wird. Ich gehe auf alle offen zu. Also bin ich zu Samuel hin, stellte mich vor und habe gefragt, ob wir nicht die Texte durchgehen wollen. Wir hatten eine wirklich tolle Zeit. Es war eine sehr kreative, schöne Erfahrung. In den Pausen saßen wir zusammen und er erzählte mir, dass er in Bayern in den Bavaria Studios gedreht hat, wie sehr er den Bayerischen Hof liebt, Lederhosen und das Oktoberfest. Das Eis war schnell gebrochen. Das traf auch auf Pierce Brosnan zu, den ich etwas später kennenlernte, weil er erst zwei Wochen nach Drehbeginn anfing. Es war vom ersten Moment an ein toller Austausch. Pierce Brosnan ist genauso, wie er spielt. Er ist ein sehr eleganter, sehr intelligenter, gebildeter Kollege. 

„Was ich im amerikanischen System gelernt habe, ist, in Probeaufnahmen und Castings komplett ohne Ego reinzugehen.“

Was bedeutet es Ihnen, mit „The Unholy Trinity“ auf dem Zurich Film Festival Weltpremiere feiern zu dürfen?

Veronica Ferres: Ich freue mich wahnsinnig, dass der Regisseur und das Team kommen. Es ist eine große Ehre, in diesem Rahmen stattzufinden. Ich war beim ZFF vor fünf Jahren Jurypräsidentin und weiß, dass die internationale Wahrnehmung des Festivals sehr hoch ist, die Leute hinschauen. Nachdem bekannt wurde, dass wir mit „The Unholy Trinity“ im Programm sind, haben mich viele amerikanische Agenten und Produzenten angerufen und gratuliert. Es ist sehr aufregend!

Kommt der Film in den USA in die Kinos?

Veronica Ferres: Ja! Er ist ja gerade erst fertig geworden. Es gab Market Screenings in Toronto. Jetzt liegen Angebote auf dem Tisch, die verhandelt werden. UTA vertritt den Film.

Sie sind seit längerem bei CAA, einer der größten Talent Agencys in den USA. Was lernen Sie im amerikanischen System?

Veronica Ferres: Mit CAA stehe ich in einer sehr offenen, intensiven Kommunikation. Ich werde dort von einem fantastischen Team betreut, mache Castings & Meetings. Manchmal klappt es dann, manchmal nicht. Es macht riesigen Spaß. Was ich im amerikanischen System gelernt habe, ist, in Probeaufnahmen und Castings komplett ohne Ego reinzugehen. Sondern zu sagen: ich gebe das Beste vor der Kamera. Und das, was das Beste für das Projekt ist, entscheiden die, die die Vision zu dem Projekt haben. Ich mache Castings gerne, habe Freude daran. Dadurch baue ich mein Netzwerk aus.

In Deutschland sind Sie nicht untätig. Unlängst kam die Meldung, dass Sie die Hauptrolle in der neuen Krimireihe „Alpentod“ für RTL spielen…

Veronica Ferres: Das sind zwei Neunzigminüter, die unter der Regie von Samira Radsi entstehen. Für die Bildgestaltung zeichnet Philipp Sichler verantwortlich. Es ist eine sehr schöne Zusammenarbeit, bei der ich eine ganz fantastische Hauptrolle spielen darf, die es so selten zu spielen gibt. Der Dreh läuft, für mich stehen 40 Drehtage am Stück in Österreich auf dem Programm.

Was bewegt sich bei Ihrer Produktionsfirma Construction Film?

Veronica Ferres: Ich bin sehr glücklich, wie es läuft. Wir haben tolle Projekte in der Vorproduktion. Unsere internationalen Stoffe wurden durch den Streik – wie bei allen – etwas ausgebremst. Aber da greifen wir jetzt auch wieder voll an. Ich bin happy über Tobias Rosen und Julia Rappold als Neuzugänge zu Ralf Berchtold, Alena Jelinek und Laura Roll. Dieses erstklassige Team ermöglicht mir auch, in Extremphasen wie jetzt von Dreharbeiten abzutauchen und trotzdem eingebunden zu sein. Das ist auch eine Kunst. Es wird bald viel Neues zu verkünden geben. Sowohl als Produzentin wie auch als Schauspielerin!

Das Gespräch führte Barbara Schuster