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62. Viennale ist eröffnet: Ein Bollwerk der Menschlichkeit

Gestern Abend hat Eva Sangiorgi im Gartenbaukino Wien die 62. Viennale eröffnet. Das Publikum wurde überrascht mit Leos Carax‘ „C’est pas moi”. Werner Kogler, Bundesminister für Kunst und Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, und Stadträtin Veronica Kaup-Hasler sangen das Hohelied auf das Kino als Bollwerk der Menschlichkeit.

Eva Sangiorgi und Veronica Kaup-Hasler (Credit: Viennale/Roland Ferrigato)

Mit dem 42-minütigen, assoziativen Reigen „C’est pas moi“ von Leos Carax, in dem der französische Filmemacher über sein Medium und seine Meister nachdenkt, hat Eva Sangiorgi die 62. Viennale eröffnet. Ansprachen hielten Werner Kogler, Bundesminister für Kunst und Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, und Stadträtin Veronica Kaup-Hasler. Beide Politiker unterstrichen mehrmals den wichtigen Stellenwert des Kinos, gerade in Zeiten des Rechtsrucks in vielen Ländern (Österreich mit eingeschlossen). „Bei der Viennale wird das Kino mit großer Leidenschaft als ein Bollwerk der Menschlichkeit gefeiert“, so Kogler und betonte die Wichtigkeit, dass Kino nur mit Freiheit und Finanzierung leben könne. „Und das nicht unabhängig voneinander. Es hilft nicht, nur Sonntagsreden zu halten. Es braucht die Finanzierung von Kunst und Kultur, die die Verantwortungsträger:innen sicherstellen müssen. Bei gleichzeitiger grundsätzlicher Nicht-Einmischung. Das ist es doch!“ In Wien und Österreich hätten sie das auf alle Fälle ganz gut hingekriegt bislang, so Kogler. „Gerade die Neuaufstellung der Filmfinanzierung hat einiges weitergebracht. Das macht uns stolz. Ich bedanke mich bei allen, die daran mitgewirkt haben.“ Wie Stadträtin Veronica Kaup-Hasler sprach Kogler dezidiert an, dass Freiheit der Kunst, Freiheit einer vielfältigen Kulturlandschaft, generell Freiheit, keine Selbstverständlichkeit sei. „Auch die Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Die Freiheit der Kunst und die Demokratie sind Schwestern im Geiste und bedingen einander. Für Gegenbeispiele muss man nicht erst nach Russland schauen, es reicht der Blick nach Ungarn oder in die Slowakei oder auch nach Italien. Überall gibt es besorgniserregende Entwicklungen, auch in Österreich müssen wir verstärkt aufpassen. Es gab bereits Angriffe auf die Kultur. Das alles ist nicht hinzunehmen, das alles dürfen wir gemeinsam nicht hinnehmen. Wir dürfen nicht bloß zuschauen, wie manche das Rad der Zeit versuchen zurückzudrehen, sondern müssen uns unterhaken.“ 

Werner Kogler (Credit: Viennale/Roland Ferrigato)

Auch Veronica Kaup-Halser ging auf die besorgniserregenden politischen Verhältnisse in vielen Ländern ein: „Wenn wir in Länder schauen, die von autoritären Regimes geprägt sind, sind es gerade die Städte, die Widerstand leisten. Denn in den Städten wird Vielfalt gelebt. Hier gibt es Menschen aus allen Herren- und Frauenländer. In den Städten lebt man zusammen, findet man zusammen. Da ist der Raum für Kunst, der soziale Raum, den Kunst immer wieder schafft, auch wie hier auf einem Filmfestival, was ein ganz entscheidendes Erfahrungsmomentum erzeugt. Die Viennale feiert diesen anderen Blick aufeinander, auf Welt, erzählt in unzähligen Formaten und Filmen von der Peripherie, dem Verborgenen. Der gute Film trägt eben nicht propagandistische Möglichkeiten in sich. Das Problem ist nur, dass es oft keine Auseinandersetzung mit dem Medium gibt, der Filmsprache, dem anderen Blick. Ich bin mir sicher, wenn wir eine Filmerziehung hätten, eine Schulung in den Schulen jenseits dessen, was im öffentlichen Raum herumschwirrt, würde die Empathie und die Wahrnehmungsfähigkeit der Menschen gesteigert werden.“

Die 62. Viennale läuft bis 29. Oktober. Viennale.at