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25 Jahre scripts for sale: Gute Geschichten für die Welt

Die in Hamburg beheimatete scripts for sale feiert dieses Jahr 25-jähriges Jubiläum. Dies nahmen wir zum Anlass, uns mit Gründerin und Inhaberin Elke Brand zu treffen. Die Branchenkennerin vertritt mit ihrer Agentur nicht nur Autor:innen und Regisseur:innen, sondern ist auch auf dem Gebiet Verfilmungsrechte aktiv. Im Gespräch blickt sie auf die Entwicklung ihres Unternehmens und sich ändernde Anforderungen im Programm-Markt.

Elke Brand (Credit: Frank Wartenberg)

scripts for sale bringt die guten Geschichten in die Welt, heißt es im Firmenprofil der Hamburger Agentur, die in diesem Jahr 25-jähriges Jubiläum feiert. Eine etablierte Größe also, nicht nur als Agentur, die Drehbuchautor:innen und Regisseur:innen vertritt, sondern auch die Vermittlung von Verfilmungsrechten an Romanstoffen als eigenes Geschäftsfeld betreibt mit dtv als exklusivem Verlagspartner. Von daher bringt scripts for sale nicht nur gute Geschichten, sondern auch gute Talente in die Welt.

Viele Entwicklungen innerhalb der Branche hat Elke Brand in den 25 Jahren mitbekommen. „Das ist einfach spannend. Ich könnte nicht in einer Branche arbeiten, die eintönig ist“, sagt sie beim Treffen in Hamburg. Bevor sie 1999 scripts for sale mitgründete, war sie in verschiedenen Produktionsfirmen beschäftigt, kennt das Produzieren von der Pieke auf. Ein Jahr nach Agentur-Gründung war die Fusion von ProSieben und Sat.1 die erste Revolution im Markt, die sie miterlebte. Weitere markante Veränderungen folgten, zuletzt der Einzug der Streamer, wodurch der Produktionsmarkt erst angeheizt wurde, bis kaum mehr Teams zu finden waren, dann wieder abkühlte, vor allem mit dem Rückzug von Sky und Paramount+. Aber auch insgesamt aufgrund einer vorsichtigeren Auftragsvergabe nicht nur der Streamer, sondern auch der Öffentlich-Rechtlichen, die weniger Serienfolgen pro Serie greenlighten oder Reihen ganz einstellen. Sparen heißt das Motto der Stunde. „Diese Schnelllebigkeit ist Wahnsinn“, so Brand, „ist aber genau das, was mir gefällt. Ich bin ein sehr umtriebiger Mensch.“

„Ich verstehe mich als Management meiner Klient:innen.“

Den Unterschied von scripts for sale zu vielen anderen Agenturen benennt Elke Brand damit, dass sie sich als Management ihrer Klient:innen sieht und versteht. „Wir arbeiten sehr intensiv mit den Autor:innen, begleiten engmaschig ihre Karrieren. Dazu gehört es auch, sie zu coachen, zu stärken, ihre Projekte durchzusprechen, was die Funktionen z.B. als Showrunner oder Creative Producer sein könnten, zu schauen, dass sie auf Augenhöhe mit der Branche reden können. Das ist mir für den Aufbau ihrer kreativen Karrieren wichtig.“ Vor fünf Jahren hat Elke Brand auch den Bereich Regie dazu genommen, wobei ihre Klient:innen allesamt auch schreibende Regisseur:innen sind. „Mir ist es wichtig, dass es immer eine wertschätzenden Umgang  mit den Drehbüchern gibt. Auch wenn meine Regisseur:innen Drehbücher verfilmen, die sie nicht selbst geschrieben haben, können sie in Drehbuchgesprächen Gutes beitragen. – eben weil sie alle selbst Erfahrung als Autor:innen haben.“

Eine spannende Erfahrung erlebte Brand zuletzt als Vermittlerin der Verfilmungsrechte von Romy Hausmanns „Liebes Kind“, der bei ihrem Verlagspartner dtv erschien, und, wie mittlerweile alle in der Branche wissen, ein absoluter Hit auf Netflix weltweit und aktuell sogar im Rennen um einen International Emmy Award ist. „Interessant ist, dass ‚Liebes Kind’ und Romy Hausmann damals noch keine IP waren, wo heute jeder nach IPs schreit. Ein solcher Roman wäre heute schwer unterzubringen. Das Besondere an ,Liebes Kind‘ ist, dass die Geschichte sehr außergewöhnlich und multiperspektivisch erzählt ist. Die damalige Verlegerin kannte Tom Spieß von Constantin. So kam der Kontakt zustande.“, erzählt Brand. Das Buch sei ein Phänomen gewesen, weil es nicht nur in Deutschland ein Überraschungserfolg war, sondern auch in UK und USA. „Es entstand ein Mega-Hype. Constantin hat auch noch die Filmrechte, um den Stoff in den USA zu verfilmen. Ich hoffe, dass das klappt.“ 

Wie findet generell die Auswahl bei dtv statt? Wie sortiert man Bücher, die filmisches oder serielles Potenzial haben? Elke Brand vertritt nur die Bücher, bei denen die Filmrechte auch im Verlag sind. Das sei immer weniger der Fall. „Auch die Literaturagenturen wollen auf den fahrenden Zug aufspringen“, so Brand. Das Lesen gehört zum Beruf und ist eine große Leidenschaft von Elke Brand, die Germanistik studierte. „An der Uni hieß es damals schon, man müsse 50 bis 100 Seiten lesen pro Tag. Das hat mich nicht abgeschreckt. Ich bin einiges gewohnt. In meinem Job lese ich ja nicht nur Romane, sondern auch Exposés, Pitches und Drehbücher. Ich würde sagen, dass ich pro Tag sicher 100 Seiten lese. Das kommt schnell zusammen.“ Der Schwerpunkt liegt auf den Drehbüchern ihrer Autor:innen, die gerne mal parallel bis zu zehn Projekte jonglieren. „Mein Anspruch ist es, dass ich alles kenne und mit meinen Klient:innen darüber spreche. Wir akquirieren selbst auch viel, sprechen inhaltlich mit Produzent:innen. Dabei kommt mir meine Erfahrung als Filmdramaturgin sehr zugute“, so Brand. Denn nur Vertragsschreiberin ist sie nicht. „Mir geht es vor allem ums Vernetzen. Ich will Menschen zusammenbringen. Das bereitet mir am meisten Spaß.“

„Mir ist wichtig, dass meine Autor:innen für etwas stehen.“

Welche Stoffe sind aktuell gefragt? „Na ja, es sind gerade harte Zeiten, vieles fühlt sich gerade zäh und langwierig an, in Deutschland und weltweit. Deshalb werden vor allem Komödien gesucht. Komödien werden uns aus der Hand gerissen“, erzählt die scripts-for-sale-Chefin weiter. Natürlich neben Krimis und Thrillern, die immer gehen. Außerdem Geschichten, die mit der Lebenswirklichkeit der Menschen zu tun haben, Generationengeschichten, Familiengeschichten… „Die öffentlich-rechtlichen Sender gehen bei der Auswahl ihrer Themen sehr bewusst vor, machen inzwischen Untersuchungen und Zuschauerbefragungen. Bei den Streamern erledigt das die KI, die Stichworte herausfiltert“, so Brand. 

Beim Anpacken von Themen und Stoffen sei immer die Frage, ob sie auch in zwei Jahren noch aktuell sind, denn so lange nehmen Entwicklung und Produktion mindestens in Anspruch. „Deshalb bin ich Fan von universellen Geschichten. Coming of Age, oder Familiengeschichten, Geschichten, die Fragen beleuchten wie ,Wie will ich leben‘, ,Gehen oder bleiben‘, Boy meets Girl….“, so Brand. Begrüßenswert findet sie Angebote wie „Instant Fiction“ beim ZDF, wo man ganz aktuelle Themen aufgreift und sie mit schmalem Budget innerhalb von sechs Monaten fiktional verpackt auf den Bildschirm bringt, wie zuletzt Mental Health, das während der Olympischen Sommerspiele aufkam, weil sich Sportler zu diesem Thema geoutet hatten. „Da kann man dann künstlerisch schnell reagieren. Das ist für Autor:innen eine gute Möglichkeit.“

Apropos Autor:innen: die Klient:innen, für die scripts for sale sich engagiert, sind eine Mischung aus Leuten, die Elke Brand schon sehr lange vertritt wie Andreas Dirr oder das Ehepaar Dickreiter/Oelsner und neuen Talenten, nach denen Brand Ausschau hält. „Ich versuche pro Jahr ein new talent aufzunehmen“, so Brand, wie unlängst das Schreibduo Jano Kaltenbach und Mirko Muhshoff, die für UFA die Mockumentary-Serie „Irgendwas mit Medien“ gemacht haben. „Mir ist wichtig, dass meine Autor:innen für etwas stehen, jede/r seine speziellen Fähigkeiten hat. Wie am Theater ein Ensemble. Es nützt ja nichts, wenn man fünf Mal die gleiche Schauspielerin hat.“ 

Elke Brand, scripts for sale, mit Andrea Seibert vom dtv Verlag (Leitung Lizenzen & Verträge) bei der Jubiläumsfeier (Credit. scripts for sale)

Neue Berufsfelder wie Showrunner und/oder Creator, die aus den USA herübergeschwappt sind, begrüßt Elke Brand. Gleichwohl will und kann nicht jede/r Autor:in auch Showrunner sein. „Manche meiner Autor:innen wollen einfach nur schreiben, wollen in keine Führungsrolle hineinschlüpfen. Als Showrunner hat man durchaus mehrere Aufgaben, muss auch produzentisch ticken. Ich weiß, wer das von meinen Klient:innen kann und wer nicht“, so Brand. Im Prinzip sei ein guter Showrunner auch eine große Hilfe für die Produktion, weil Kapazitäten frei werden. „Der Produzent kann sich dann eher wieder um Neues kümmern. Die Maschine muss ja ständig gefüttert, Anschlussprojekte angeschoben werden.“ Auch Writers Rooms hält Elke Brand für eine gute Einrichtung. „Wenn es passt, ist es super. Ich habe innerhalb meiner Autor:innen auch schon Leute zusammengebracht für Projekte, wie zum Beispiel Paul Schwarz und Maria Hilbert, oder Silva Raddatz und Aglef Püschel. Das sind tolle Synergieeffekte, gerade wenn einer etwas jünger, der andere etwas Erfahrener ist. Und es macht den Autor:innen auch Spaß. Denn viele wollen weg von dem nur alleine schreiben. Klaus Arriens und Thomas Wilke schreiben seit 20 Jahren immer zusammen, seit sie sich bei der Bürosuche kennengelernt haben. Das sind unschlagbare Teams. Man kann durchaus zur Marke werden als Autor, siehe die HaRiBos oder das Schreibkombinat“, führt Brand aus.

Weniger gut findet die Agentin das zeitgeistige Phänomen der Altersdiskriminierung oder der Tatsache, dass männliche Autoren nur aufgrund ihres Geschlechts weniger Aufträge bekommen. „Natürlich ist es richtig, dass bei Formaten wie dem ‚Tatort‘ auch Frauen zum Zuge kommen. Das gab es früher gar nicht. Aber es gibt viele Männer, die tolle Frauenfiguren schreiben, und Frauen, die tolle Männerfiguren schreiben. Ich gucke immer nach dem guten Stoff und nach dem guten Autor – das Geschlecht darf keine Rolle spielen. Aber die Sender stehen hier etwas unter Druck. Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass sich das auch wieder etwas besser einpendelt.“

Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft: Wo geht die Reise für scripts for sale hin in den nächsten Jahren hin, was wäre der Wunsch? Andere Gewerke in ihrer Agentur aufnehmen will Elke Brand nicht. Drehbuch und Regie bleiben ihre Steckenpferde. Sie will künftig stärker in die Stoffentwicklung gehen, mit ihren Autor:innen Packages schnüren, mit denen man direkt auf Sender, Streamer oder Verleiher zugehen kann und man erst im nächsten Schritt eine Produktion sucht. „Momentan ist es so, dass man meist über Produzent:inenn einreicht. In den USA ist es nicht unüblich, dass Agent:innen bereits Projekte vorentwickeln. Das finde ich super. Und Produzent:innen sind nicht abgeneigt, wenn man mit einem Stoff kommt, bei dem bereits ein Sender/Streamer/Verleiher an Bord ist. Weil einfach viel Vorarbeit wegfällt. In diese Richtung will ich stärker gehen. Das wäre mein Wunsch.“ Auch das mündliche Pitchen ist ihr eine Herzensangelegenheit, die sie forcieren will. „Autor:innen können ihre Stoffe mündlich meist besser, lebendiger pitchen als auf dem Papier. Man sollte sich wieder mehr begeistern lassen, intuitiv sein. In den Redaktionen stapeln sich die Pitches. Oft wird viel zu lange diskutiert.“ Weg vom Papier, hin zum persönlichen Austausch. Denn das Filmbusiness ist immer noch ein People’s Business und darin liegt die Kraft für die Vermarktung der Geschichten.