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Das 20. ZFF ist eröffnet: „Der trendy Teenager!“

Christian Jungen und Roger Crotti riefen – und ganz Zürich kam. Auch weil sich am Eröffnungsabend zum 20. Jubliäum des Zurich Film Festivals keiner den Auftritt von Superstar Jude Law entgehen lassen wollte, der die Hauptrolle im Eröffnungsfilm „The Order“ spielt und einen Golden Eye Award erhielt. 

Jude Law wurde bei der Eröffnung des 20. ZFF von Artistic Director Christian Jungen mit dem Golden Eye Award ausgezeichnet (Credit: Ariane Pochon/ZFF)

Ein rauschendes Fest hatten Artistic Director Christian Jungen und der neue Präsident Roger Crotti im Interview mit SPOT angekündigt. Ein rauschendes Fest ist die Eröffnung der 20. Jubiläumsausgabe des Zurich Film Festival geworden. Im Kongresshaus hatte sich die Society von Zürich versammelt, um dem Ruf des ZFF, es bringe Hollywood an die Limmat, zu entsprechen. Gut gelaunt stimmte man sich bei kleinen Köstlichkeiten und Getränken von Sponsor Moët Chandon ein auf den Main Event, die feierliche Gala, mit der der Startschuss gegeben wurde für zehn Tage Kino pur, „ein Once-in-a-lifetime-Festival“, wie Roger Crotti verspricht. 

Die Bühne gehörte zunächst Christian Jungen, der mit spürbarem Stolz die Geschichte des ZFF Revue passieren ließ, das 2005 von Karl Spoerri und Nadja Schildknecht gestartet worden war, kritisch beäugt von der Stadt und dem Feuilleton, die sich gar nicht recht vorstellen konnten, wie sich da ein neues Filmfestival an der Seite von Locarno und Solothurn etablieren sollte. Jungen selbst, so gestand er schmunzelnd, damals noch Filmredakteur der NZZ war ebenfalls mehr als skeptisch und räumte dem Upstart keine große Zukunft ein, es war, so Jungen, „ein ungeliebtes Kind“. Nach der Ausgabe 4 revidierte er sein vorschnelles Urteil. Da hatte man Sylvester Stallone aufs ZFF eingeladen, der sich nicht als primitiver Action-Haudrauf, sondern eloquenter Kosmopolit präsentierte und die Stadt in seinen Bann schlug, „der Held meiner Jugend“, wie Christian Jungen erklärte: „Die Leute standen im Corso 1 auf den Sitzen und skandierten ,ROCKY! ROCKY! ROCKY!‘ Da war eine Energie am Walten, die mich elektrisierte. ,Hallenstadionstimmung‘, schrieb die NZZ. Fortan habe ich das Festival ernstgenommen und wohlwollend kritisch begleitet.“

Nun besitzt die NZZ seit 2011 das ZFF, „und der Filmkritiker findet es ein Highlight, dass Pamela Anderson ausgezeichnet wird“. Und auch Jungen hat die Seiten gewechselt, stellt nunmehr sein fünftes Festival als Artistic Director vor, das unter seiner Ägide stetig gewachsen ist. „In diesem Jahr hatten mein Team und ich eine klare Vision: Wir wollten nicht nur das beste Line-up in der Geschichte des Festivals auf die Beine stellen, sondern setzten es uns zum Ziel, jeden Tag mindestens einen Superstar über den Grünen Teppich zu schicken. Das ist uns gelungen!“ In diesem Jahr ist neben Jude Law, der die Hauptrolle im Eröffnungsfilm „The Order“ von Justin Kurzel spielt, auch mit Kate WinsletRichard GerePamela AndersonAlicia Vikander und Pamela Anderson zu rechnen. Das sei der Weg des ZFF, dem Publikum für seine unglaubliche Unterstützung im Lauf der Jahre zu danken. „Sie sind die treibende Kraft hinter dem Festival, Sie machen das ZFF zu dem, was es ist!“ 

Eröffnungsfilm „The Order“ (Credit: ZFF)

Jungen betonte auch, dass es ihm neben den Stars ebenso auch um den Nachwuchs ginge, nicht nur im Film selbst. Das diesjährige Plakat beispielsweise wurde von zwei Studierenden des ZHdK entworfen, Elia Geigerund Tanja Vogt, die das ZFF-Auge zeigen, das sich aus vielen kleinen Äuglein zusammensetzt, die für die 1,35 Millionen Menschen stehen, die in den bisherigen Ausgaben des Festivals Tickets gelöst haben. Stolz erklärte Jungen abschließend, dass sich das ZFF unter den kulturellen Leuchttürmen der Stadt befände – und dass selbst der britische Guardian es unter die zehn coolsten Filmfestivals der Welt gewählt hätte: „Wenn Venedig und Cannes die Großmütter unter den europäischen Filmfestivals seien, dann ist Zürich der trendy Teenager“ – „Das haben wir natürlich gerne gelesen“. Danach ließ Christian Jungen die Politik zu Wort kommen.

Die Schweiz hat ziemlich coole Politikerinnen. Politikerinnen mit Humor und Witz. Das haben bei der Eröffnung des 20. Zurich Film Festival Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch und Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider unter Beweis gestellt. Mauch hielt ihre Rede, als wäre sie das Drehbuch eines Kurzfilms namens „Die Präsidentin“, in dem sie – logisch – die titelgebende Rolle spielt. „Der Schreiber habe mehrfach darauf verwiesen, dass die Präsidentin das 20. Jubiläum des Zurich Film Festival erwähnen soll. Für die Präsidentin kein Problem, sei sie doch in einem Alter, in dem man das Gefühl hat, es sei mindestens alles 20 Jahre her. Außerdem habe sie die Meldung erhalten, dass mit Jude Law einer der schönsten Männer der Welt Ehrengast sei. Das wiederum hätte sie kalt gelassen, weil sie kein Interesse an schönen Männern habe, so Mauch als offen lesbische Politikerin. „Viel aufgeregter wäre ich gewesen, wenn Tilda Swinton im Saal wäre.“

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, der Film sehr am Herzen liegt, ergänzte, dass das ZFF etwas geschafft habe, was kaum jemand in der Schweiz schafft: „Es ist international anerkannt und noch eindrücklicher, es ist sogar national anerkannt. Wir machen es den Neuen bekanntlich nicht immer leicht hierzulande“, so Baume-Schneider. Sie zitierte den Artikel der NZZ nach Beendigung des allerersten Zurich Film Festival: Dort wurde die Nase gerümpft mit den Worten, das Festival sei ein Gemischtwarenladen mit fehlender künstlerischer Handschrift. Und der Beitrag endete mit der Frage, ob es wohl überhaupt eine zweite Ausgabe geben würde. Dass diese erfolgte, und sogar eine dritte, vierte, fünfte…. zeuge für die Qualität der Veranstaltung und dem Mut, sich sowohl für hoher Kunst wie auch hohem Kommerz einzusetzen. 

Schließlich wurde Ehrengast des Abends, Jude Law, mit dem Golden Eye Award unter tosendem Applaus auf die Bühne gebeten, bevor der Eröffnungsfilm, „The Order“ von Justin Kurzel, das Publikum in seinen Bann schlug. Law, in bescheidener britischer Manier, verlor nicht zu viele Worte. Er sei wie viele Schauspielkollegen nicht besonders gut ohne Drehbuch. Von daher halte er sich kurz: „Ich liebe Film, ich brenne für Film, ich rede gerne über Film. Film ist mein Leben. Das war schon immer so. Und ich weiß es zu schätzen, bei Veranstaltungen wie dem ZFF unter Gleichgesinnten zu sein. Es ist mir eine große Freude, diesen Preis entgegennehmen zu dürfen!“

Ein Loblied muss jetzt schon mal gesungen werden auf das fantastische neue Festivalzentrum am Sechseläutenplatz. Die verschiedenen Module aus einheimischem Holz sind sehr ansprechend, chic und einladend. Neben dem Presse- und Industry-Zentrum sind dort eine Bar, der ZFF Shop und viele gemütliche Sitzgelegenheiten. Der Grüne Teppich auch von oben herab einsehbar. Ein schöner Ort zum Verweilen und ein tolles Upscaling unter dem neuen Festival-Präsidenten Roger Crotti!

Aus Zürich berichten Barbara Schuster und Thomas Schultze.