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REVIEW TV: „Herrhausen – Der Herr des Geldes“

Am heutigen 1. Oktober startet im Ersten zur Primetime eines der großen TV-Prestigeprojekte der ARD in diesem Jahr: Die aufwendige Miniserie „Herrhausen – Der Herr des Geldes“. Lesen Sie unsere Review, um zu wissen, wie das Ganze geworden ist.

Oliver Masucci ist „Herrhausen“ (Credit: ARD Degeto/rbb/hr/swr/Sperl Film und Fernsehproduktion GmbH/Florian Emmerich)

CREDITS:
Auftraggeber: ARD Degeto Film, SWR, HR, rbb; Produktion: Sperl Film- und Fernsehproduktion, X-Filme Creative Pool; Produzentin: Gabriela Sperl; Executive Producer: Uwe Schott, Christer von Lindequist, Til Derenbach, Ilona Schulz, Solmaz Sohrabi; Drehbuch: Thomas Wendrich; Regie: Pia Strietmann; Cast: Oliver Masucci, Julia Koschitz, Sascha Nathan, Ursula Strauss, Franz Hartwig; Start: ARD-Mediathek am 30.9.24, im Ersten am 1. Oktober ab 20.15 Uhr und am 3. Oktober 2024 ab 21.45 Uhr

REVIEW:
Oliver Masucci spielt den Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen in den 1980er-Jahren, den am Ende des Jahrzehnts die RAF mit einer Autobombe umbrachte, als Lebemann und geschickten Machtmenschen, der mit seinen Ideen die Welt zum Besseren verändern wollte. Masucci wurde für die attraktive Führungspersönlichkeit, die von Terroristen als eines der Feindbilder des Kapitalismus ausgemacht wurde, praktisch als Schauspieler geboren.

Die aufwendige und hochkarätig besetzte vierteilige Miniserie „Herrhausen – Der Herr des Geldes“ entstand in Koproduktion von der Sperl Film- und Fernsehproduktion und X-Filme Creative Pool in Zusammenarbeit mit den Regionalsendern rbb, SWR und HR für die ARD Degeto Film. Das Format kommt am 1. Oktober zur Primetime ins Erste mit den hohen Weihen aus Lille, wo die Serie im Frühjahr den Preis für das Beste Drehbuch (Thomas Wendrich) im Internationalen Wettbewerb gewann.

Dabei legt das Drehbuch logischerweise seinen Schwerpunkt auf die Titelfigur, erzählt aber auch in gekonnten Sprüngen die Stasi-Gegenseite, die Terroristen und das persönliche Umfeld Herrhausens mit. Das politische Bonn und die Bundesrepublik versprühen hier einen eigentümlichen Charme mit den so flach-beschaulichen Bungalows, dem Pfeifengeruch und den alten Mercedes-Limousinen. Bundeskanzler Helmut Kohl (stark: Sascha Nathan) ist keine Witzfigur, sondern eine kühlkalkulierender Instinktpolitiker, der die einmalige Chance der deutsch-deutschen Wiedervereinigung begreift.

Herrhausen soll Kohl mit den Krediten der Deutschen Bank für die langsam, aber stetig zerfallende Sowjetunion helfen, bei der Michail Gorbatschow auf Glasnost und Perestroika setzt. Herrhausen selbst ist eine ambivalente Figur, für welche die Serie aber Sympathien übrighat. Er wird als eine Art neuer Typ von Banker mit einem sozialen Gewissen gezeigt, der den Schuldenerlass für die armen Länder der Erde auf den Tisch bringt, eine kompetente Frau (sehr gut: Bettina Stucky) in den Vorstand der Deutschen Bank befördert und auch für die Aussöhnung mit den Russen ist. Seine Werte sind progressiv.

Auf die Charakterisierung der ebenso prominent besetzten Gegenseite, etwa bei Lisa Vicari als Terroristin Tania Fehling oder „Der Pass“-Antagonist Franz Hartwig hier als Stasi-Major Wild, wird weniger Wert in den Details gelegt. Die schillernde Persönlichkeit der Miniserie ist der todgeweihte Herrhausen.

Mit dem ARD-Prestigeprojekt „Herrhausen“, bei dem Pia Strietmann Regie führte, hat man auch das Gefühl, auf die Wurzeln der heutigen Konflikte zu schauen: Eine am Boden liegende Sowjetunion, eine mit allen Wassern gewaschene USA, die alles und jeden bespitzelt und ein Deutschland im Zentrum Europas, das droht, nur ein Spielball der Weltpolitik zu sein. Die Miniserie bietet ein gutes Gesamtpaket: Eine spannende und zeitgemäße Kapitalismus-Thematik kombiniert mit der Weltpolitik; das Ganze gediegen inszeniert und von Top-Schauspielern gespielt. Das ist würdiges Unterhaltungsfernsehen für die Primetime, zumal selten in der Film- und Fernsehgeschichte ein Banker empathischer und positiver gezeichnet wurde.

Michael Müller