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Talent LAB Österreich: „Eine Leiter für den Filmnachwuchs“

In Österreich gibt es mit dem Talent LAB ein neues Förderprogramm, das sich an Nachwuchsfilmschaffende richtet. Finanziert wird es vom ÖFI und dem Filmfonds Wien, betreut wird es von der neu eingerichteten Abteilung Talents & Training beim ÖFI. Wir haben dort bei Clara Schreiner, Dominik Tschütscher und Jakob Widmann nachgefragt.

Team Talent LAB (v.l.): Dominik Tschütscher, Clara Schreiner, Jakob Widmann (Credit: Filminstitut)

Gut Ding will Weile haben: In Österreich wurde schon seit längerer Zeit an einer Förderung für junge/neue Talente gearbeitet. Welche Parameter mussten Vorab geklärt werden? Wie sah die Arbeit in der „Task Force“ zum nun vorgestellten Talent LAB aus? Was galt es zu berücksichtigen?

Eine wirksame Nachwuchsförderung ist schon seit sehr vielen Jahren Thema in der Branche. Aber es fehlte bisher genau so etwas wie eine „Task Force“ mit einem konkreten branchenpolitischen Auftrag. Damit wir ein Programm wie das Talent LAB nun einführen konnten, mussten sich unterschiedliche Bemühungen und Impulse der letzten Jahre verzahnen: ein politischer Wille, der die Nachwuchsförderung als klares Ziel formuliert; ein sinnvolles Konzept, das in diesem Fall aus der Community und Teilen der Filmbranche heraus entstanden ist; und die strukturelle und personelle Weichenstellung im Filminstitut mit der Aufstellung unserer neuen Abteilung Talents & Training Anfang 2024. So kam nach jahrelanger Vorarbeit entscheidend und vereint Zug in die Sache und als wir unsere Abteilung starten konnten, haben wir das Konzept endlich fertig ausarbeiten können.

Was macht das Talent LAB einzigartig? Wie ist es aufgebaut?

Aufgebaut ist das Talent LAB in zwei Stufen: Die erste Stufe ist eine Kombination aus Stoff- und Projektentwicklung. Einzigartig ist, dass wir in dieser Phase die Filmschaffenden durch ein Curriculum mit Know-how-Transfer, Workshops und Mentorings in der Entwicklung unterstützen. Nach rund sieben Monaten sollten die Filmteams so weit sein, um ihre Projekte für die zweite Stufe, für die Herstellung einzureichen. Wir hoffen, dass mindestens drei der fünf in der Entwicklung geförderten Projekte realisiert werden können.

Was ist noch besonders?

Für österreichische Förderverhältnisse besonders ist auch, dass die Teams ihren Film nicht über kumulierte Förderungen finanzieren müssen, sondern die Finanzierung klar geregelt ist, sowohl die Budgetgrenze wie auch die Finanzierung selbst. Wir wollten ein Programm kreieren, in dem nicht der Finanzierungsdruck vordergründig ist, sondern die professionelle Realisierung eines Films im Team. Das Budget für diese Filme mag zwar niedriger sein als bei der „herkömmlichen“ Förderung (Gesamtherstellungskosten bei Dokumentarfilmen 280.000 Euro, bei Spielfilmen 1,2 Mio. Euro), aber hoch genug, um zwar kleinere, aber hoffentlich spannende andere, wildere, innovative Filme zu realisieren. Ziel des Talent LAB ist nicht, Filme einfach günstiger herstellen zu können. Wir wollen Filme entstehen sehen, die in diesem Budgetrahmen auch Sinn machen.

Das Talent LAB richtet sich an den Nachwuchs mit Erfahrung. Wie viel Erfahrung wird vorausgesetzt? Und was war die Idee dahinter? Werden auch Abschlussfilme von Studierenden gefördert?

Abschlussfilme sind im Talent LAB nicht möglich. Wir möchten beim Schritt danach ansetzen: Teams, die bspw. aus ihrem Studium herauskommen und sich jetzt im realen Branchenalltag beweisen wollen. Da die teilnehmenden Teams in recht kurzer Zeit ein Projekt herstellungsfähig entwickeln müssen, müssen wir Erfahrung voraussetzen: Filmteams, die vielleicht schon miteinander gearbeitet haben; Nachwuchskräfte in Positionen, in denen sie schon Qualifikationen vorweisen. Wir wollen mit dem Talent LAB nicht junge Filmschaffende an der Hand nehmen und ihnen den Debütfilm am Servierteller präsentieren, sondern sie in ihrer Professionalisierung unterstützen. Alles oder vieles andere müssen sie selbst machen.

Was ins Auge springt, ist der „betreute Rahmen“, in dem Talent LAB stattfindet. Es gibt ein einjähriges Curriculum. Was hat es damit auf sich? Wie ist der Ablauf?

Es war uns wichtig, hier eine Nachwuchsförderung aufzustellen, die nicht eine bloße Finanzierungsmöglichkeit ist. Wie schon erwähnt, wollen wir auch eine Professionalisierung vorantreiben. Die Filmteams müssen ein Budget verantwortungsvoll verwalten, ein Team führen können, ihre Ideen und filmischen Visionen professionell umsetzen und auf die Leinwand bringen. Wir unterstützen sie darin, dies gezielter und vielleicht auch etwas zügiger machen zu können. Daher ist das Curriculum für das Talent LAB unabdingbar und wesentlicher Kern. Das Curriculum verbindet dabei Know-how-Transfer, Mentorings und konstruktiven Austausch unter den Filmteams. Wir gestalten das Programm nicht kompetitiv, sondern kollegial. Es gibt Informationsveranstaltungen (zu Themen wie Green Storytelling oder Teamführung), Klausuren (wie United Writers bzw. United Producers Workshops) und Beratungsgespräche (zu bspw. Kalkulation und Förderungen). Die künstlerische Freiheit der Teams bleibt dabei selbstverständlich oberste Prämisse.

Getragen wird das Talent LAB vom Österreichischen Filminstitut gemeinsam mit dem Filmfonds Wien. Wie ist die Aufteilung, wer kümmert sich um was – und: kann die Branche langfristig damit rechnen? Könnte das dafür bereitgestellte Budget noch steigen?

Die Einreichung für das Talent LAB #2 soll bereits im Sommer 2025 möglich sein. Also ja, wir planen es als dauerhaftes Förderprogramm. Finanziert wird es gemeinsam von Filminstitut und Filmfonds Wien, wobei wir, beim ÖFI, das Programm entwickeln und ausführen. Ob das bereitgestellte Budget steigen wird, können wir zu dem Zeitpunkt nicht sagen. Derzeit können wir fünf Projekte in der ersten Stufe (Entwicklung) fördern und voraussichtlich drei in der zweiten (Herstellung). Wenn aus einem Talent-LAB-Jahrgang drei Filme entstehen, ist das aber schon einmal eine gute auch sinnvolle Zahl.

Wie ist allgemein Ihr Blick auf den Nachwuchs in Österreich: Es gibt tolle Talente, siehe aktuell Kurdwin Ayub in Locarno, Bernhard Wenger in Venedig… Aber wo hakt es Ihrer Meinung nach? Wie sind die Arbeitsbedingungen und warum ist es so schwer, vom ersten Langfilm zum zweiten und dann zum dritten zu kommen? Kann das Talent LAB alle Probleme beseitigen?

Das sind viele Fragen auf einmal. Und wie wir darauf keine kurze Antwort geben können, kann auch das Talent LAB nicht die Lösung aller Probleme sein. Wir haben bei der Ausarbeitung des Talent LAB gemerkt: Versucht man so ein Programm zu entwickeln, werden Bedürfnisse und Meinungen artikuliert, was das Programm beinhalten sollte. Und das kann in viele Richtungen gehen und oft spielt auch Eigeninteresse mit. Verständlicherweise kann ein Talent LAB nicht alle diese Bedürfnisse abdecken. Wir haben im Talent LAB beispielsweise bewusst die Möglichkeit einer Koproduktion nicht berücksichtigt – ein Bereich, dem man ein eigenes Talent LAB widmen könnte. Aber wir glauben, wir schließen mit dem LAB wichtige Lücken, bspw. die budgetäre Lücke zwischen der höher dotierten Filmförderung des Filminstituts und Filmfonds Wien und der auf dem Kunstfördergesetz basierenden innovativen Filmförderung des BMKÖS – Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Wir bieten einen Raum, in dem man auf professioneller Ebene auch etwas experimentieren kann und fördern den fehlenden Wissenstransfer hin zur nachrückenden Generation. Mit dem Talent LAB wollen wir eine Leiter anbieten für den Filmnachwuchs in die professionell agierende, „etablierte“ Branche. Bisher gab es diese Leiter nicht. Den zweiten, dritten… Film zu machen wird trotz Talent LAB weiterhin eine Herausforderung bleiben. Aber die Filmteams sollen mit Expertise und Erfahrung aus dem Talent LAB hinausgehen, die sie für ihren weiteren Berufsweg möglichst gut ausrüsten.